Montag, 8. März 2010

Kein Krieg mit deutscher Beteiligung

In der letzten Zeit ist es ruhig geworden in den deutschen Medien rund um das Thema Asien. Die Offensive in Marjah fand kaum Erwähnung und von einer Handvoll Schlagzeilen im Zusammenhang mit ein paar Festnahmen mal abgesehen blieben die Offensive und Veränderung der Situation in Pakistan überwiegend unbeachtet. Um so mehr fielen mir heute zwei Artikel auf, die sich indirekt mit dem Thema beschäftigen. Aus einer vollkommen anderen Perspektive.

Der erste Artikel befasst sich mit den Erlebnissen und der Sichtweise der kommandierenden Offiziere in Kundus. Leise, dafür um so eindringlichere Töne werden von der Zeit angeschlagen. Betroffenheit macht sich beim Lesen der Zeilen breit. Am Ende weiss man nicht, ob man lachen oder weinen soll: Lachen, wegen der Groteske, oder weinen, wegen der Tragweite des Dramas.

Durch puren Zufall las ich kurz nach dem Artikel in der Zeit auf SPON einen Bericht darüber, was den ranghöchsten Vertretern der Bundeswehr in Deutschland geboten wird. Zwar wahrscheinlich ohne jeden Bezug zum Artikel in der Zeit veröffentlicht, aber der innere Zusammenhang ist mehr als offensichtlich. Was zur Hölle? Wenn die keinen Bock haben, dann sollen sie es doch lassen. Dann sollen sie den Mut haben und endlich die Flagge streichen und die Bundeswehr dicht machen, aus der Nato austreten und dem Rest der Welt erklären, dass Deutschland künftig nirgends mehr mitmacht. Aber man traut sich nicht, weil man sich eben nichts traut. Nicht mal Schwanz einkneifen.

Diese Artikel sollte man im Zusammenhang verstehen. Fassen wir zusammen: Soldaten sind bei der berliner Staatsführung überaus ungern gesehen - sofern es deutsche Soldaten sind. Ausländische Soldaten empfängt man natürlich mit allen Ehren. Diskrepanz? Vielleicht. Denken wir kurz an Israel. Das Bestehen dieses Staates, der dem Nichtverbreitungvertrag atomarer Waffen nicht beigetreten ist und reichlich unverhohlen mit dem Einsatz derselben droht, ist Gegenstand unserer Staatsräson. Wohl deshalb schenkt genau dieselbe Bundeskanzlerin den Israelis gleich ein Drittel des Kaufpreises für die zweite Lieferung der neuesten Uboote deutscher Produktion. Oh, und in die bleierne Ente EADS werden bei der Gelegenheit auch noch ein paar Milliarden gepumpt. Wegen des Knowhow und der Arbeitsplätze, selbstverständlich. Selbstverständlich nicht für militärische Einsätze der Bundeswehr. Wo denke ich nur hin?

Deutschland befindet sich selbstverständlich nicht im Krieg. Nie wieder Krieg! Möchten sie vielleicht auch ein paar unserer Kampfpanzer vom Typ Leopard für den Einsatz in Afghanistan leasen? So wie die Kanadier? Oder vielleicht ein paar unserer neuen Panzerhaubitzen Typ PzH2000 ausleihen wie die Niederländer? Auch für Afghanistan? Wir bringen ihnen die sogar hin, wenn sie wollen. Aber pschhht! Hängen sie es nicht an die große Glocke. Denken sie dran: Krieg führen Deutsche nicht. Möchten sie vielleicht bei der Gelegenheit noch ein paar geheimdienstliche Informationen aus einem Land, das sie demnächst besetzen möchten? Vielleicht ein paar Pläne des jeweiligen Generalstabs? So wie die USA sie im Irak bekam? Nein, Deutschland führt keinen Krieg. Wir beteiligen uns auch nicht daran. Wissen sie, in Deutschland ist sowas nicht zu vermitteln. Wir sind dagegen und wir sind ja unserer Vergangenheit verpflichtet. Ja aber selbstverständlich dürfen sie beim Transport ihrer Kriegsgefangenen auf dem Weg nach Syrien oder Kuba gerne unsere Logistikzentren benutzen...

So bitter zynisch das klingt: All das ist tatsächlich passiert. Unter unser aller Augen. Und durch die Presse ging es auch. Groß und breit. Je länger ich über diese Verlogenheit, Feigheit und Inkompetenz nachdenke, desto weniger frage ich mich, warum ich nie Politiker werden wollte. Schade nur, dass ich mich immer mehr für sie schäme. Aber genau jetzt verstehe ich, warum Helmut Schmidt kein Vorbild sein will.

3 Kommentare:

  1. Edekavertreter08 März, 2010 23:19

    Ein sinnvoller Kommentar dazu?
    Mir fällt nur ein trauriges:
    Ach ja...
    ein.
    Aber hey, alles wird besser, nur halt nicht für alle.
    Könnten wir nicht die Pflicht zum Aufstand gegen eine untragbare Regierung, von den Amerikanern adaptieren? Also nur so vielleicht und so ein wenig?

    Es gab da vor längerer Zeit (Anfang Okt.09) auch mal im WDR eine schöne zweistündige Sendung drüber (Hallo Ü-Wagen), mit noch viel mehr Informationen bei denen man sich eine Packung Kleenex wünscht...

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  2. Erstens: Wegen solche Artikel und der darin enthaltenen Links lese ich die Tapirherde. Das ist eine Form von Blogjournalismus, der (in meinen Augen) einzigartig ist. Meine Hochachtung.

    Zweitens: Auch in meinem beruflichen Umfeld muß ich erleben, daß die Führung auf Distanz zum Fußvolk geht. Probleme werde ausgeblendet, ignoriert oder aus Angst vor einem negativen Einfluß auf die eigene Karriere unter den Teppich gekehrt und erst gar nicht berichtet. Die Führung umgibt sich mit Leuten, die ihnen sagen, was sie hören wollen. Auf der Strecke bleibt das, was sie hören sollten und ihre Aufgabe zu führen. Führung von heute will das Prestige ohne die Verantwortung und den Ruhm ohne das Risiko.

    Es war ein langer Weg von Roosevelts "The man in the arena" zur heutigen Führungsetage.

    Ach so: In meinem Fall geht es nur um Milliardenbeträge, nicht um Menschenleben oder das Ansehen eines der prägnantesten Staaten dieses Planeten. Trotzdem ist der Frust der gleiche.

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  3. Mal wieder sehr treffend und traurig zugleich..
    Da kann man wirklich nur sehr schlecht zu kommentieren,
    man kann einfach, leider, nur dabei zugucken wie so etwas hier läuft..

    Meine Stimme hättest du : P

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