Montag, 15. Februar 2010

Irgendwo muss es ja herkommen

Über unseren Außenminister Westerwelle lässt sich bestimmt eine Menge sagen. Seine grundsätzliche Idee, dass der arbeitende Teil der Bevölkerung von seinem Gehalt mehr haben sollte, als derjenige Teil, der von den Leistungen der Solidargemeinschaft lebt, ist im Kern nicht verkehrt. Es ist tatsächlich schwierig zu vermitteln, dass die aktive Teilnahme am Wertschöpfungsprozess lohnenswerter ist als die passive Partizipation an den Leistungen der Sozialgemeinschaft, wenn der, der nicht arbeitet, am Ende besser versorgt ist, als der, der arbeitet.

Wie gesagt: Die grundsätzliche Idee halte ich nicht für vollkommen falsch. Was mich aber doch ein ganz klein wenig auf die Palme bringt, ist die Diskrepanz zwischen politischer Parole und der Realität. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte unser Außenminister:
Von den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung haben am allermeisten die Familien profitiert. Wir haben das Kindergeld pro Kind um 20 Euro erhöht, das sind immerhin auch im Monat empfindliche Beträge. Und wir haben die Kinderfreibeträge auch entsprechend erhöht. Das zeigt doch, dass wir, auch dass ich ganz persönlich, der Auffassung bin: Familien, die Rolle von Kindern - das muss im Mittelpunkt von Politik stehen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP)
So so. Die Familien haben also profitiert. Die Rolle von Kindern steht im Mittelpunkt. Sehr interessant. Nun, ich habe selber Nachwuchs. Wie heutzutage nicht vollkommen unüblich lebe ich weder mit der Mutter noch dem Kind zusammen. Ich bin einer der vielen Unterhaltsleister. Anfang des Jahres wurde dieser Unterhalt "mal eben" um nur noch gut 10% angehoben. Nicht etwa wegen einer neuen Altersstufe, sondern "einfach so", weil man eben neue Berechnungsgrundlagen geschaffen hatte (Düsseldorfer Tabelle). Ich will mich nicht darüber beschweren, dass ich Unterhalt zahlen muss, denn das Geld kommt unmittelbar meinem Sohn zugute.

Dachte ich zumindest. Als ich mich die Tage mit der Mutter meines Sohnes unterhielt (ja, ich habe ein recht gutes Verhältnis zu ihr), sprachen wir über dieses Thema. Das Thema Geld ist bei uns beiden nicht gerade ein Tabu und wir wissen recht gut, wie es um den jeweils Anderen bestellt ist. Als wir auf den gestiegenen Unterhalt zu sprechen kamen, äußerte ich die Hoffnung, dass dieses Geld wenigstens etwas helfen könnte die Situation zu verbessern. Die Mutter meines Sohnes ist - wie viele alleinerziehende Mütter - auf Hartz IV angewiesen und bildet sich zurzeit fort, um im Anschluss an diese Fortbildung wieder eine Arbeit aufnehmen zu können. Ihre Antwort machte mich sprachlos.

Natürlich bekommt mein Sohn jetzt mehr Geld. Auch das Kindergeld ist angehoben worden. Aber wir leben in einem Land, in dem das Prinzip der Solidaritäts- und Unterhaltspflicht nicht nur in absteigender, sondern auch in aufsteigender Linie gilt. Mit anderen Worten: Was mein Sohn an Mehr bekommt, wird auf den Satz seiner Mutter angerechnet und genau diesen Mehrbetrag bekommt sie weniger.

Angesichts dieser Realität gewinnt folgende Aussage von Herrn Westerwelle im selben Interview wie oben eine ganz neue Qualität:
"Ich habe eine sehr positive Haltung dazu, dass vor allen Dingen die Rolle der Kinder in unserer Gesellschaft gestärkt wird."

Außenminister Guido Westerwelle (FDP)
Ja, die Rolle der Kinder wird gestärkt. Die Rolle als Geldquelle.

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