Dienstag, 8. Juli 2008

Eine Frage der Berühmtheit

In Berlin gibt es eine ganze Menge geschichtsträchtiger und prominenter Bauten. Die werden gerne mal für irgendwelche PR-Maßnahmen genutzt. Das ist verständlich, denn wer möchte nicht gerne die in ganz Deutschland bekannten Symbole benutzen, um seine Message zu verbreiten? Das kann man auch in Berlin nachvollziehen. Da sich dort die Anfragen häufen, werden allerdings die meisten Anfragen abgelehnt. Auch das kann man verstehen. Wenn z. B. ein Handyhersteller das Brandenburger Tor für einen Werbespot umfunktionieren möchte, dann kann man da schon mal vorbehalte anmelden.

Nun möchte einer der Bewerber um das Amt des US-Präsidenten demnächst nach Deutschland kommen. Das finden viele hier total toll, denn für nicht wenige ist Barack Obama schon jetzt der nächste Präsident und toll und macht sowieso alles viel besser und die Welt wird durch ihn wieder so wie früher. Der Herr Obama findet Deutschland auch total toll und voll spannend und so und deshalb möchte er auch unbedingt eine große Rede halten. Das ist auch okay, das erlaubt man gerne mal den möglichen zukünftigen Chefs. Herr Obama möchte dafür gerne den Platz vor dem Brandenburger Tor benutzen. Das haben ja auch schon etliche vor ihm getan. President Reagan zum Beispiel.

Das zu entscheiden ist Sache der Stadt Berlin. Und die Damen und Herren von der Stadt Berlin finden die Idee gar nicht sooo schlimm. Die Amerikaner verkünden jedenfalls, dass die Stadt Berlin Zustimmung signalisiert habe. Die Bundesregierung und der Bundestag finden die Idee nun allerdings nicht so prickelnd und das wiederum kann ich gut verstehen, denn einem Präsidentschaftskandidaten DEN geschichtsträchtigen Platz der Deutschen zu überlassen, damit der da seinen Wahlkampf führen kann... ich weiß ja nicht.

Nun möchte die Bundeswehr aber auch mal wieder PR machen. Dazu möchte sie in Berlin ein Gelöbnis der Rekruten öffentlich stattfinden lassen. Wir erinnern uns? Bundeswehr, Organ der Verfassung und zur Verteidigung Deutschlands und aller Bürger und so. Das Verteidigungsministerium hat sich gedacht, dass man genau das ruhig mal darstellen darf. Deshalb möchte das Ministerium das Gelöbnis vor dem Sitz des Bundestages, genauer auf dem Platz der Republik stattfinden lassen. Kann man irgendwie nachvollziehen, durfte ein großer Sportartikelhersteller während der WM neulich da doch auch seine Werbeparty feiern.

So geht es wohl auch den Damen und Herren im Bundestag und so stimmte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) dem Wunsch des Verteidigungsministeriums zu. Die Stadt Berlin hat genau da aber wohl ganz andere Ideen und hat deshalb durch das Grünflächenamt die Nutzung des Platzes der Republik durch das Bundesverteidigungsministerium untersagen lassen. Nix Gelöbnis vor Bundestag! Die Begründung dazu klingt ein ganz klein wenig nach Schilda. Man müsse die Anzahl der Veranstaltungen in Grenzen halten...
"(...) die in ihrer Summe nicht nur den Platz der Republik nachhaltig (durch Übernutzung) schädigen, sondern ihn auch als mehr oder minder reine Veranstaltungsfläche abwerten würden. Dies entspricht nicht der Würde des Ortes als optischer Vorbereich des Zentrums der Deutschen Demokratie."
Das Bundesverteidigungsministerium reagiert entsprechend:
"Wir sind stark irritiert, dass sich auf der Ebene des Grünflächenamtes angemaßt wird, über die Würde des Veranstaltungsortes zu entscheiden."
Leute, ist doch klar warum die Stadt Berlin das nicht erlauben will: Die Bundeswehr ist nichts Amerikanisches. Das Gelöbnis ist keine medienwirksame Party. Die Chefs von Bundestag und Bundesregierung sind nicht aus der selben Partei wie der Chef von Berlin und außerdem ist die Bundeswehr doch sowieso total überflüssig und hat längst nicht die Bedeutung für Deutschland, wie ein eventuell zukünftiger Präsident eines fernen Landes.

Und überhaupt: Wen interessiert schon die Bundeswehr?

(Quelle: Berliner Morgenpost, Tagesspiegel)

5 Kommentare:

  1. Soweit ich das mitbekommen habe sollte dieses Gelöbnis ja im Rahmen einer Gedenkveranstaltung an die Widerstandskämpfer im Dritten Reich stattfinden.
    Die Verteidiger der Demokratie leisten also quasi einen Eid im Gedenkan an die Verteidiger der Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit.

    Schönen Gruß an das Grünflächenamt Berlin Mitte, schaltet mal eure Hirne ein. Kann manchmal echt effektiv sein!

    Vielleicht lässt sich ja was arrangieren, wenn die Soldaten statt schwarz-rot-gold am Arm Obama-Wahlstecker tragen und in Puma-Socken auftreten. Und Birkenstock-Treter sind unausweichlich, sonst geht ja der gute Kies kaputt.

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  2. ich dachte immer unser bürgermeister steht auf stramme männer...

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  3. Gegen die Rekruten kann er trotzdem was haben - Hmosexuelle werden bekanntlich ziemlich stark aussortiert

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  4. Die "Ich bin ein Berliner"-Rede wurde vorm Rathaus Schöneberg (auf dem heutigen John-F-Kennedy-Platz) gehalten, und nicht vor dem Brandenburger Tor.

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  5. Fataler Fehler meinerseits. Kudos.

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