Dienstag, 27. Mai 2008

Schutzverlangen

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerNachdem der Kampf gegen Spickmich und Co. auf ganzer Front in einem "Epic Fail" endete, suchen die armen, geschundenen Lehrer nun nach anderen Wegen, sich dieser und anderer Belästigungen zu entledigen. Nichts verstört Lehrer mehr, als sich selber damit konfrontiert zu sehen, dass irgendjemand ihre eigene Leistung bewertet, und das sogar realistisch - in zu vielen Fällen nämlich "schlecht". Da die Lehrkörper aber selbstverständlich gar kein Interesse daran haben, dass ihr Versagen nicht nur nachgesagt, sondern auch noch dokumentiert wird, haben sie sich jetzt eine neue Idee einfallen lassen.

Gemobbt werden sie, die armen Lehrer. Es ist lebensbedrohliches Mobbing im ganz großen Stil, das hier betrieben wird. Und damit das ganze auch in die richtige Richtung weist, vergibt man auch noch schnell einen griffigen Namen, den jeder sofort richtig zuordnen kann, der aber "den Feind" nicht beim Namen nennt. "Cybermobbing" wird die Gefahr genannt und umfasst jede Bedrohung des Standes, Rufes und der Unantastbarkeit des heiligen Lehrers, die irgendwie mit Technik zu tun hat, sei es Handy oder Internet.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft befragte 500 Mitglieder zum Thema "Cybermobbing" und sagenhafte 31 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ein Opfer im Bekannten- oder Kollegenkreis hätten. Stolze acht Prozent gaben an, sie seien selber Opfer. Und das sind natürlich die Schüler. Nur fünf Prozent der Fälle werden von Vorgesetzten oder Eltern begangen und nur drei Prozent von Kollegen. Das schreit nach Vergeltung! Grandiose Randnotiz: Fast alle Opfer von Mobbing kennen die Täter und die häufigsten Formen des "Cybermobbings" sind Emails, SMS, Texten im Internet und das Verbreiten von Videos.

Darum fordert die GEW jetzt ein hartes und entschlossenes Eingreifen und ist da in guter Gesellschaft, denn der Philologenverband forderte jüngst erst in derselben Sache ein entschlossenes Eingreifen des Staates. Schließlich kann es so nicht weitergehen. Von 50.000 Betroffenen spricht die GEW und fordert klare, möglichst vom Staat formulierte Verhaltensnormen, die die bestehenden Pfründe schützen sollen. Schließlich sind Lehrer unantastbare Personen, deren Wirken vor jeder Kritik geschützt werden muss, ganz besonders aber vor dem Pöbel, den das gemeine Volk so verniedlichend "Schüler" nennt.

Ich will ja nicht unken, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Schüler sich nur an denjenigen Lehrern austoben, die einfach nur - sorry - Scheiße sind. Es gab in den von mir überschaubaren Schul"karieren" immer irgendwelche Pflegefälle, die aus Verzweiflung und wider jeder Vernunft als "Notlösung" Lehrer wurden und in diesem Beruf kolossal an den Anforderungen und dem Gegenüber scheiterten. Manche erlitten sogar filmreifen Schiffbruch, aber alle spielten sich als Tyrannen und Despoten auf, die versuchten, mangelndes Können und das Fehlen jeglicher Akzeptanz durch Brutalität und Gnadenlosigkeit gegenüber dem Schüler zu kompensieren. Die Abwehrreaktionen waren entsprechend hart und grausam und beide Seiten haben sich damals wie heute nichts geschenkt.

Sicher, wir können nicht aus dem Stand die vielen Pappnasen aus dem Lehrerberuf rauswerfen, die diesen Beruf gewählt haben, weil er so schön einfach erscheint, weil sie ihn als bequemsten Weg empfanden. Wir können uns keine zig tausend Lehrer schnitzen und so "mal eben" das ohne jeden Zweifel vorhandene Defizit ausgleichen. Aber es wäre sinnvoll, wenn sich die geheiligte Kaste der unantastbaren Götter an der Tafel mal an die eigene Nase fassen würde und an sich selber anfinge zu arbeiten. Selbstreinigung und Zugangskontrolle und regelmäßige Leistungsprüfung sind keine Fantasiebegriffe, mit denen nur Schüler zu drangsalieren sind. Auch auf Lehrer darf und sollte man diese Werkzeuge durchaus anwenden.

(Quelle: GEW, Deutscher Philologenverband)

6 Kommentare:

  1. Ich stimme zu 100% zu.
    Insbesondere der Tatsache geschuldet das - meiner Kenntnis nach - heutzutage die meisten Lehrer nicht mehr Verbeamtet werden ist es absolut kein Tabu mehr auch Lehrer einer regelmäßigen Leistungsüberprüfung zu unterziehen.
    Das ist in so ziemlich allen anderen Berufen ja schließlich auch Gang und Gebe!

    Nur weiß ich leider auch nicht zu sagen, wie sich zeitnah die Leistung eines Lehrers überprüfen ließe. Es nützt schließlich wenig, wenn man 10 oder 15 Jahre später mal guckt, wie gut die Schüler dieses oder jenes Lehrers sich behauptet haben...

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  2. Die Meinungsfreiheit schützt auch weiterhin die freie Rede und Äußerung der Meinung über einen Lehrer. So lange das nicht verunglimpfend wirkt oder Beleidigungen und Schmähungen enthält, gibt es rechtlich keinen Hebel.

    Die Lehrer sind einfach übertölpelt worden von etwas, was sich nach Handwerkerbenotung und Händlerbenotung und Dienstleisterbenotung zwangsläufig auch auf die Lehrer erstrecken musste. Hier wurden erkennbare Trends geflissentlich ignoriert oder belächelt - den Lehrern konnte sowas ja nicht passieren. Das haben einige Jahre vorher die Handwerker und auch zahlreiche Ärzte auch anfänglich gedacht...

    Eine Lanze für die Lehrer: Warum gibt es schlechte Noten für Lehrer? Sicherlich nicht nur, weil sie auch schlechte Lehrer sind. Gerade die Schüler, die sich ungerecht behandelt fühlen, schreien am lautesten von Allen und werden natürlich gehört. Eine Sechs im Aufsatz, weil "Keine Lust" nunmal nicht mehr mangelhaft sondern definitiv ungenügend ist? Pah, dann schreibe ich halt 'ne schlechte Kritik auf spickmich! Solche Schüler darf man nicht vergessen, denn es gibt sie nunmal.

    Die Lehrer machen eine Welle und setzen alle Hebel in Bewegung. Und wer würde das nicht tun? Es gilt ja, einen vermeintlich guten Ruf zu wahren. Und da ist jedes Mittel recht. Jedes. Ich würde vorschlagen, dass man es den Handwerkern gleich tut: Qualitätssteigerung betreiben und dann sehen, wie sich der Ruf bessert.

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  3. Gerade diese Qualitätssteigerung ist aber "vom System" weder gewollt noch wird sie in irgendeiner Form von den "Insidern" befürwortet. Kritik an Lehrern ist - ich erlebe es aktuell direkt und ziemlich unverblühmt mit - vollkommen unerwünscht und wird als direkter Versuch verstanden, gegen das Establishment des geheiligten Lehrkörpers zu revoltieren.

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  4. Ich bin/werde Lehrer undd kann halt nicht 100% zustimmen.

    Qualitätssteigerung ist in vielen Fällen etwas sehr gutes, vorallem wenn damit auch eine einfachere Vermittlung des Stoffes einhergeht.

    Das der Statt aber mindesten 10 Jahre Lehrerausbildung verschlafen hat, das man kaum Praktika an Schulen bekommt, das die Schüler einfach von zu Hause aus keinen Boc k haben und es als Lehrer nicht meine Pflicht ist Kindern rudimentäre Dinge wie Stillsitzen oder ähnlichem beizubringen, das die Lehrpläne nun wirklich nicht die besten sind (im Vergleich zu Ziellehrplänen anderer Länder) usw .. das sollte auch erwähnt werden. Und natürlich sollte man versuchen interessanten Unterricht zu machen, aber manche Themen sind nuneinmal für manche Menschen NICHT spannend egal was man macht. Aber anstatt dann da "abzudrehen" müßen die Schüler auch da durch, immerhin wäre es Aufgabe der Eltern ihren Kindern beizubringen das Schule nicht NUR Spiel&Spaß ist, genau wie das restliche Leben. Das Schule mehr Spiel&Spaß sein kann/soll, das ist ja ok, aber manchmal muß man halt was machen was einem nicht passt. Und solange die Schüler weiterhin solche Dinge nicht mit gegeben bekommen, ist die Situation schlimmer als sie sein müßte.

    Mandros

    ps. tolles Blog ^^ Und ich stimm dir zum teil ja schon zu aber die komplette Wahrheit steckt irgendwo dazwischen.

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  5. Merkst was? "Der Staat hat geschlafen" - "Das ist nicht Aufgabe eines Lehrers" - "Wir können ja gar nichts dafür, dass wir keine Praxiserfahrung bekommen" - "Wir machen die Lehrpläne nicht" und so weiter und so fort. Mit anderen Worten: Schuld sind immer die Anderen.

    Unter gar keinen Umständen liegt es am Lehrer, am Establishment, an der Sicherung der eigenen überkommenen Pfründe, der (vermeintlichen) Machtposition. Es sind "die Anderen", die keine Ahnung haben, die ja alle gegen die Lehrer sind, die sich die Kritik aus den Fingern saugen.

    Gibt es noch einen Berufsstand in Deutschland (vom Beamtentum in den Finanzbehörden vielleicht mal abgesehen), der sich so gegen Eigenverantwortung, Fortschritt und Weiterentwicklung wehrt und dabei so hartnäckig versucht der Welt gegen besseres Wissen zu verkaufen, dass die Welt schlecht sei und "die Guten" in Wirklichkeit diejenigen sind, die kritisiert werden?

    Ja, die Anforderungen haben sich geändert. Ja, die Kinder von heute sind nicht mehr die Kinder von vor 10 Jahren. Ja, die Ansprüche an den Bildungsumfang sind heute erheblich größer als damals, als noch alles schwarz-weiß war. Aber ist das ein Grund sich dagegen zu wehren und die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen? Es ist nicht erst seit gestern bekannt, dass gerade Lehrer immens viel Verantwortung tragen und sich eine ganze Menge Totalversager und Leistungsverweigerer gerade deshalb in diesen Beruf zu flüchten versuchen, weil "das System" sie so hervorragend schützt.

    Es ist nicht erst seit gestern bekannt, dass wir nicht mehr in einer Welt der gemeißelten Steinplatten leben, sondern in einer Welt, in der Informationsbeschaffung, -management, Medienkompetenz und soziale Fähigkeiten weit wichtiger sind als der zum Teil schon im letzten Jahrhundert veraltete "Bildungskanon", an den sich die meisten Lehrer zwanghaft klammern. Informationen sind heute überall und jederzeit zu bekommen, nicht mehr nur in irgendwelchen elitären Bibliotheken. Informationen gelten heute als "veraltet", sobald sie im Netz zu lesen sind. Wer bereitet denn die Schüler darauf vor und bringt ihnen bei, damit umzugehen?

    Welcher Lehrer mit mehr als fünf Dienstjahren ist denn wirklich bereit, sich dem Wandel der Zeit anzupassen? Welcher Lehrer arbeitet denn wirklich jedes Jahr aufs Neue auf die Schüler zugeschnittene Materialien aus und greift nicht einfach nur in den Schrank und zerrt hervor, was er schon vor Jahren vermeintlich irgendwie erfolgreich irgendwie verkauft hat?

    Was hat es mit "Modernisierung" zu tun, wenn Lehrer den Schülern plötzlich in der gymnasialen Oberstufe mit völlig zusammenhangslosen Bastelstunden kommen? Was hat Veralberung der Schüler mit Bildung zu tun? Was bringt "Kuschelpädagogik, in der jegliche Eigenverantwortung abgestritten und bekämpft wird und stattdessen immer wieder betont wird, "die anderen" sind ja in Wahrheit die Schuldigen - abgesehen von "den Deutschen", die sind immer Schuld.

    Wer hat denn Zugang zur KMK? Wer hat denn eine äußerst aktive und gut organisiert Lobby als Gegengewicht zur Industrie? Die Eltern und Schüler jedenfalls nicht, das stellt die KMK immer wieder fest. Das ist auch gar nicht anders gewollt, siehe nur solche Alibiberuhigungsmittel wie "Elternrat" und so weiter, die den nervenden Eltern und Schülern wenigstens das Feigenblatt des Glaubens an ein Gehör seitens des Systems vorgaukeln sollen.

    Warum wohl stellen die GEW und der DPhV immer wieder in aller Deutlichkeit fest, dass "Eltern und Schüler" zum "Gegenüber" gehören, vermitteln den Eindruck eines Feindbildes, einer Bedrohung, statt als Auftraggeber und Kapital verstanden zu werden, denen man gegenüber in der Leistungsverantwortung steht? Bildung ist Kapital. Das ist scheinbar überall angekommen, nur bei den Lehrern nicht, denn die wehren sich (offenbar als einzige) gegen diese Betrachtungsweise mit Händen und Füßen.

    Es ist viel zu einfach zu sagen "Wir Lehrer sind doch nur Opfer, wir können gar nichts dafür." Sicherlich sind Lehrer nicht die Alleinverantwortlichen, aber sie sind diejenigen, um die es geht, denn sie sind die Ausführenden und sie bauen viel zu häufig und in viel zu großem Umfang totalen Bockmist und verweigern sich mit einer grotesken Bockbeinigkeit dagegen zuzugeben, dass sie auch nur ein Stäubchen Verantwortung tragen. Das wiederum wirft eine ganz andere Frage auf:

    Wenn Lehrer schon keine Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen wollen, wie können wir dann davon ausgehen, dass sie Verantwortung für die ihnen anvertrauten Kinder übernehmen wollen? Ist es dann nicht mehr als nur opportun zu fragen, ob andere Lösungen nicht vielleicht doch besser wären und das bisherige System komplett über Bord zu werfen und von vorne anzufangen?

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  6. Hab ja auch nie ggesagt das du unrecht hast, und ja manchmal hast du sogar zu 110% Recht. Aber leider is das Leben wie man immer wieder merkt nicht so einfach.

    Beispiel: Man sagt den Eltern das sich deren Kind nicht benehmen kann und bekommt Antworten wie : "Ach den Angestellten gegenüber benimmt der BLA sich aber immer sehr gut" oder ähnliches.
    Natürlich liegt es nicht nur an den anderen, aber es liegt auch nicht nur an den Lehrern. Und ich hab ja selber gesagt das man was ändern muß, nur leider mache nicht ich die Lehrpläne, sondern Leute die schon 1960 Lehrer waren(so ungefähr jedenfalls).

    Das Problem hat einfach mehrere Aspekte, zu denen auch die Lehrer gehören sowieso die Schüler, die Eltern, die Lehrpläne usw.

    Und solche Bewertungsseiten(um mal beim thema zus ein ;) finde ich nur deswegen eher ... arm, weil da mal wieder klein Hans Wurst der nie die Klappe aufbekommt einen auf dicke Hose machen kann.
    Sonst wenn eine faire Bewertung gegeben ist, kein Problem, nur wer soll fair bewerten, die Kollegen(die einen mögen oder nicht, bzw. sehr schnell die ein Uge aushacken wenn du mal ander sbist/machst) die Schüler (die ja sofort anfangen zu weinen wenn es mal ein bischen schwieriger wird, vorallem scheinbar die aus bildungsfernen familien) usw.
    Bewertung = gut

    Nur durch wenn ist halt die Frage.
    Und in welcher Form.
    Als Fragebogen ?
    Freitext ?
    Oder wie ?

    Also wie gesagt prinzipiell ja.
    So und nun arbeite ich ne neue Version des Themas "athische demokratie aus" urgs *lach*

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