Freitag, 14. März 2008

Aktionismus

Vor nicht langer Zeit wurde das Waffenrecht "angepasst". Verschiedene Dinge wurden verboten, andere erlaubt, wieder andere neu reguliert. Zu den für mich verblüffendsten Regelungen gehörte, dass plötzlich echt aussehende Imitate als "Spielzeug" (z. B. Softairwaffen) öffentlich ausgestellt und verkauft werden durften. Damit aber nicht genug: diese Imitate durften auch von jedem mitgeschleppt werden. Angesichts der Detailtreue dieser Nachbauten auf der einen Seite und der auf der anderen Seite an Fetischismus grenzenden Faszination, die von Waffen ausgeht, war nicht nur ich (gelinde gesagt) ziemlich erstaunt und es kam zu ziemlich intensiven Debatten.

Heute wurde unter das Thema ein vorläufiger Schlussstrich gezogen. Der Bundestag verabschiedete mal wieder eine Novelle des Waffenrechts. Diese Novelle führt wieder das Verbot ein, "Anscheinswaffen" in der Öffentlichkeit mit sich herumzutragen. Anscheinswaffen sind - platt formuliert - Nachbildungen, die so aussehen, wie echte. Das finde ich grundsätzlich gut, denn die Erfahrungen aus z. B. den USA zeigen, dass diese "Spielzeuge" an sich ungefährlich sind. Aber einerseits benutzen manche die Imitate durchaus zur Begehung von Straftaten und andererseits kam es schon zu einigen tragischen Verwechselungen, bei denen Menschen starben, weil die Polizei irrtümlich von einer echten Waffe ausging.

Die Novelle führt auch gleich das Verbot ein, "gefährliche Messer" mitzuführen. Erfasst werden damit "Einhandmesser" und Messer, mit einer feststehenden Klinge von 12cm Länge und mehr. Einhandmesser sind Klappmesser, deren Klinge sich mit einer Hand ausklappen lässt, ohne eine Zweite Hand zur Hilfe zu nehmen. Die Befürworter dieses Verbotes argumentieren mit den Erfahrungen der Polizei, die davon berichtet, dass sich gerade "Problemgruppen" (zu Deutsch: Ghetto-Gangs) zunehmend mit Messern bewaffnen und diese auch einsetzen.

Der Haken an diesem Verbot? Man darf das Zeug zwar nicht mehr mit sich herumschleppen, aber trotzdem darf es weiterhin "frei" verkauft werden. Was soll der Schwachsinn? Es ist begrüßenswert, wenn sich der Gesetzgeber Gedanken darum macht, dass die Bevölkerung sich nicht gegenseitig wegmetzelt. Es ist meiner Meinung nach auch völlig richtig, das Mitführen täuschend echter Imitate zu verbieten. Aber mal ehrlich: Glaubt wirklich irgendjemand, dass sich Jussuf aus Neu Kölln davon beeindrucken lässt, dass es verboten ist, ein Messer dabei zu haben? Wer um Himmels willen glaubt, dass sich die "Zielgruppe" davon beeindrucken lässt, dass man solche Messer nicht mehr dabei haben darf?

Was nützen den Opfern einer Messerstecherei volltönende Verbote, die das Mitführen solcher Messer mit bis zu 10.000 Euro Strafe ahnden wollen, wenn der Staat schon nicht dazu in der Lage ist, den Handel mit diesen Waffen im eigenen Land zu reglementieren, von kontrollieren ganz zu schweigen? Und wo kommen plötzlich die ganzen Sicherheitskräfte her, die die Einhaltung dieses Verbots überwachen und durchsetzen wollen? Oder soll das jetzt auch von der Bundeswehr gemacht werden?

8 Kommentare:

  1. Interessant dabei ist auch auch, dass nun pauschal ALLE Einhandmesser nicht mehr geführt werden dürfen, und nicht mehr nur jene, die Waffencharakter besitzen. Da gab man sich vor ein paar Jahren solche Mühe, das extra von einander zu trennen, bestimmte Springmesser zu verbieten, andere aber wieder nicht, und jetzt ist das ausser für Sammler einfach mal egal geworden. Grundsätzlich darf nun nicht einmal mehr ein Schlüsselanhänger-Messer mit 1,5cm-Klinge geführt werden, wenn es einhändig bedient werden kann.

    Und dann der Brüller schlechthin: Feststehende bis 12cm-Klinge dürfen weiterhin geführt werden. Na danke. Die meisten Einhandmesser liegen mit ihrer Klingenlänge deutlich darunter, bei 7,5-9,5cm. Was soll das also.

    Als krönender Abschluß dann gleich noch die Grünen und die Linkspartei, die für das Führen gleich ne Geldstrafe bis 10k € verhängen wollten. Zum Glück ists bei ner Ordnungswidrigkeit für 20€ gelieben.

    Und dann der Gummiparagraph...das Führen ist weiterhin gestattet bei "berechtigtem Interesse". Damit wurde gezielt eine Regelung geschaffen, bei der die Willkür des Beamten entscheidet.

    Ich werde jetzt erstmal mein knuffigen knuffigen kleinen EDC-Folder gegen ne kapitale 11,5er-Klinge tauschen. Einfach, weils geht.

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  2. Die mir zugänglichen Quellen sprechen alle von einer OWi bis zu 10.000€ für das Führen.

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  3. ich denke das man den handel nicht unterbindet, weil eben von vielen leuten messer gesammelt werden... und die lobby hat bestimmt auch ordentlich reingepfuscht

    gruß BJ

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  4. Wegen der Sammler soll der Verkauf auch weiterhin legal sein? Dann müsste der Handel mit Handgranaten, NS-"Utensilien", diversen Büchern, Tieren und vielen anderen Dingen auch erlaubt bleiben...

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  5. hmmm stimmt^^

    dann bleibt noch die lobby... und/oder die dummheit der politiker ;-)

    gruß BJ

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  6. Meine Quelle ist das aktuelle Messermagazin. Seit heute im Handel, seit ein paar Tagen bei mir. Wie ich auf die 20€ gekommen bin, ist mir beim erneuten Lesen allerdings auch nicht ganz klar.

    Zum Thema Lobby: Eine Anhörung der Betroffenen (Hersteller, Importeure, Händler, Nutzer) hat wohl nicht stattgefunden.

    Handel unterbinden: Warum? Es wurde ja nicht generell das Führen verboten, sondern lediglich das zugriffsbereite Führen, beispielsweise in der Hosentasche.
    Im Rucksack darf man sein Einhandmesser oder auch sein Bowiemesser weiterhin dabeihaben.

    Eigentlich sollte über das Gesetz heute im Bundestag abgestimmt werden, ich finde es allerdings nicht auf der Tagesordnung. Man darf also weiter gespannt bleiben, wie nun der endgültige Wortlaut ist.

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  7. Das stimmt nur zum Teil. Die Novelle spricht von "fest verschlossenen Behältnissen". Ob der Rucksack dazu ausreicht, bleibt wohl Ermessenssache.

    - mt

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  8. Ich hoffe mal, zu den festverschlossenen Behältnissen gehören auch Messertaschen mit Klettverschluss, sonst bekomm ich mit meinen Kochmessern ein kleines Problem bei einer Klingenlänge von 16 - 32 cm :D

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