Unserer Truppe geht es personell so richtig schlecht. Mit knapp 9.000 Mann im Ausland an der Grenze des Zumutbaren belastet und jedes Jahr nur knappe 50.000 neue Zwangslehrlinge, aus denen dauerhafter Nachschub rekrutiert wird manchen der Truppe das Leben schwer. Der eigenen Verwaltung werfen nicht wenige Soldaten wohl nicht völlig grundlos vor, an echten Zielen und der Realität vorbei zu planen und zu handeln. Nicht wenige aktive und ehemalige Soldaten bescheinigen den Schreibtischtätern, dass sie das größte Problem der Bundeswehr sind, weil völlig inkompetent.
Wen wundert es da, dass unsere Truppe gerne auf solche Leute zurückgreift, die bereits für den Einsatz ausgebildet sind, aber bereits so halb in die wirkliche Welt jenseits des morgendlichen Bleistifte Zählens und Schuhe Putzens entlassen wurden? Reservisten nennt man solche, die das Glück haben, dem oft hinrverkrampfenden Unfug der Bundeswehrverwaltung entkommen zu sein, aber leider noch das Pech haben, wieder eingezogen werden zu können. Irgendwo muss die Bundeswehr ja schließlich ihre Praxiskompetenz herbekommen.
Die Bedeutung der Reservisten wollte auch die Bundestagsfraktion der FDP genauer hinterfragen. Darum stellte sie eine kleine Anfrage (16/5676) an die Bundesregierung. Die wiederum antwortete heute (16/5867) mit etwas genaueren Zahlen. Nach Angaben der Bundesregierung stieg die Zahl der eingesetzten Reservisten von 37.323 im Jahr 2001 auf 42.482 im Jahr 2006. Die Reservisten tragen nach Auskunft der Bundesregierung "maßgeblich zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes der Streitkräfte im Inland bei", indem sie die durch Auslandseinsätze entstandenen personellen Vakanzen ausglichen. Man beachte: 9.000 Soldaten von rund 250.000 im Auslandseinsatz und schon müssen fast 42.500 Reservisten ran, damit der Laden nicht die Grätsche macht.
Damit aber nicht genug. Damit die Bundeswehr im Ausland auch ein Bein an die Erde bekommt, müssen zunehmend mehr Reservisten herhalten. Der Anteil von Reservisten am Einsatzkontingent lag 2001 bei 4,3% und ist bis einschließlich 2006 auf 7,6% gestiegen. Reservisten werden bei Auslandseinsätzen nach Angaben der Bundesregierung von der Bundeswehr vor allem in solchen Bereichen eingesetzt, für die in der aktiven Truppe nicht genügend Personal vorhanden sei, zum Beispiel als Agraringenieure im Bereich der "Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit" (CIMIC).
Sehe ich das richtig? Die Truppe muss fast jeden 10. Soldaten, den sie ins Ausland schickt, aus ehemaligen Mitgliedern der Reisegruppe Gänseblümchen stellen? Und dann will die Bundesregierung allen Ernstes nicht nur die Truppenpräsenz im Ausland (insbesondere in Afghanistan) verstärken und trotzdem 1.200 Berufssoldaten in den Vorruhestand
versetzen (siehe Entwurf zur Änderung des Personalanpassungsgesetzes, 16/6123)? Wo sollen die Leute denn auf einmal alle herkommen? Haben wir noch einen Staat aufgekauft, dass wir plötzlich so viele Truppen haben oder schnitzen wir uns welche?
Freitag, 17. August 2007
1 Kommentar:
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Ja, das ist Tatsache..
AntwortenLöschenMan darf sich nicht blenden lassen von den Zahlen ( wie hier die 9000 )
Da man inzwischen 6 Monate in den Einsatz geht, bedeutet es, dass sich gleichzeitig 9000 "frische" in der Vorbereitung befinden, und weitere 9000 in der Nachbereitung sind.
Dazu kann ich aus eigener Erfahrung sagen, das für jeden Soldaten im Einsatz locker 8-10 Soldaten ( ob Wehrpflichtige, Frw, Längerdienende, SaZs oder Berufssoldaten ) im Backend arbeiten. Alleine die Versorgungstruppen laufen mit weit mehr Personalaufwand "am Anschlag" um die zu versorgen.
Dazu muss ich leider auch anmerken, das es inzwischen eine Parallelwelt in der Truppe gibt. Die eine fährt Einsätze ( teilfreiwillig ) und macht den Rest zuhause, die zweite Hälfte schleusst die Wehrpflichtigen durch die Monate bis zur Entlassung.
So ist das Bild heute... Reservisten füllen die Lücken auf, die da zwangsläufig entstehen, viele sind sogar dankbar dafür. So nebenbei noch: es werden nur Resis eingezogen die wollen und die auch einen gewissen Ausbildungsstand haben. Ein einfacher Fahrer ist da nicht gefragt, eher erfahrene Führungskräfte, Elektroniker etc..