Dienstag, 7. März 2006

Integration und Gartenzaun

Eine in Deutschland seit langer Zeit gepflegte Eigenart ist der sogenannte "Schrebergarten". Historisch geht der Name auf Dr. med. Daniel Moritz Gottlob Schreber (*15.10.1808 - +10.11.1861) zurück, allerdings war er nicht wirklich der Erfinder dieser "Bewegung". Es war sein Schwiegersohn, der Schuldirektor Dr. Dr. phil. Ernst Innocenz Hauschild, der 1864 - drei Jahre nach dem Ableben seines Schwiegervaters - in Leipzig den "Schreberplatz" anlegte, um Schrebers für damalige Zeiten völlig ungewöhnlichen Wunsch nach kindgerechten Spielplätzen Nachdruck zu verleihen - dazu später mehr.

Historische Entwicklung der SchrebergaertenAm Rande dieses Platzes legte der "Oberlehrer" Heinrich Karl Gesell kleine Lehrgärten an. Das kam bei den Kindern schon damals weniger gut an: Spielen ist halt geiler als im Garten zu ackern, und deshalb gewann das Unkraut die Oberhand. Weil das ja nun mal richtig doof aussieht, griffen die Eltern selbst zu Hacke und Spaten. Aus den ursprünglich zu Lernzwecken gestalteten "Kinderbeeten" neben der "Schreberschen" Spielwiese wurden "Familienbeete", die später in Parzellen aufgeteilt und eingezäunt wurden. Seit dem nennt man das Ganze "Schrebergarten". Um 1870 herum wurde die Wohnungsnot unerträglich. Um dem zu entgehen, bauten sich viele Parzellenpächter ein hölzernes Domizil auf ihren Parzellen; die ersten Lauben entstanden und der Laubenpieper war geboren.

Toll was? Die Gärten der Kinder werden von Eltern requiriert, Spielplätze verdrängt und ehe man sich versieht entsteht eine Quelle unzähliger Geschichten und Legenden. Noch heute geben sich die Fans dieser äh, ... nunja, "Bewegung" alle Mühe dafür zu sorgen, dass das auch ja so bleibt. Der Schrebergarten ist nicht ganz ohne Grund überall auf der Welt ein Bollwerk der erz-deutsch-konservativen Tradition.

Neuere Untersuchungen und Umfragen belegen übrigens, dass Schrebergärten bei der jüngeren Generation ziemlich beliebt sind, weil "gemeinsames Abhängen in der Natur hoch im Kurs steht" - sagt jedenfalls ein Hamburger Trendbüro. Unsere Altforderen würden statt "Abhängen" da wohl eher "geselliges Beisammensein" sagen. Es ist dann auch nur zu verständlich, dass es jemanden gibt, der auch ganz gerne einen Schrebergarten haben möchte. Aber er bekommt keinen. Das ist auch nicht so ganz ungewöhnlich, denn Schrebergärten sind in manchen Gegenden eben sehr beliebt und deshalb rar.

Dieser spezielle Fall wird jedoch durch zwei Faktoren brisant. Erstens ist dieser "jemand" der Deutschtürke Cengiz K. (28). Zweitens lautet die Begründung des Vereins "Gartenfreude" in A. bei N. im Kreis Wesermarsch: Der Verein nehme ab sofort keine Ausländer mehr auf, weil die "nie an geselligen Anlässen teilnehmen. Die wollen nur herkommen, grillen und eine Tasse Tee trinken. Ein paar kann man durchziehen, aber irgendwo ist Schluss!"

Oha. Na wenn das mal nicht diversen Vorurteilen derselben Zielgruppe widerspricht, die hier gerade für die Reinheit der deutschen Ra...ahäm, Entschuldigung, ich wollte sagen: für die Pflege und den Erhalt der Kleingartenkultur zu Felde zieht. Waren es nicht GERADE "die Türken", die nach "unserer" Vorstellung ständig in größeren Gruppen zusammen "rumhingen"? Waren das nicht dieselben Türken, von denen gerne mal behauptet wird, dass sie Hammel im Hausflur schächten, zerlegen und anschließend im Kreise der Großfamilie unter viel lautem Gelächter und Abspielen noch lauterer Musik mit Getanze und so über offenem Feuer in meist recht dunklen und krebsverdächtigen Zustand verwandeln und anschließend mit viel Knoblauch und so essen? Wenn wir sowas machen, dann heisst das "Grillen" und ist natürlich etwas völlig Anderes, aber davon haben die ja keine Ahnung. Wir nennen deren Eßkohle dafür gerne pittoresk "Döner" oder "Giros" oder "Kebab" und würden das natürlich niemals auch nur anfassen. Waren das nicht dieselben Türken, denen oft "lautstarke Familienfeiern mit hunderten Teilnehmern" nachgesagt werden, wo "gefeiert wird, als gäbe es kein morgen"?

Feiernde Tuerken in Hamburg nach 3:2 ueber SuedkoreaJa nee, schon klar. Hier geht es ja darum, dass alle zusammen und nach den (ungeschriebenen) Regeln des deutschen Kleingartentums feiern. Am Stammtisch wird von den Männern Politik gemacht, die Frauen bewachen den Nachwuchs und haben "Frauengespräche" (was auch immer Frauen da so besprechen). Die Musik entspricht dem Ideal deutscher Stammtischkultur - Wolfgang Petry steht hier hoch im Kurs, aber auch andere, zuweilen krachlederne Kapellen mit Gesangsuntermalung sind unabhängig von Ort und Zeit immer wieder zu hören. Stammtischpolitik ZUSAMMEN mit dem erklärten Feindbild aller professionellen Stammtischpolitiker... also DAS geht ja nun mal gar nicht!

Nachher muss man noch zugeben, dass "die" ja gar nicht so böse oder schlecht sind, dass deren Probleme gar nicht so anders sind und dass das bei aller kulturellen Verschiedenheit doch genau so Menschen sind, wie man selbst. Da sorgt man doch lieber für klare Grenzen und Schuld ist natürlich der Andere! "Integration ja, aber bitte nicht ausgerechnet hier in unserem Schrebergarten" oder wie? Nunja, sei es drum. Herr K. wird sicherlich Ersatz für die entgangenen Freuden der verbindlichen Vereinssatzung finden.

Ach ja, da war ja noch die Sache mit Dr. Schreber und den Spielplätzen. Schreber war sehr für den Erhalt der "Volksgesundheit" und damit auch sehr für die körperliche Betätigung der Stadtjugend bei Arbeit im Grünen – der Begriff "Volksgesundheit" schloss in seiner Epoche immer auch den Gedanken an die "gesunde Triebabfuhr" mit ein, im Sinne einer Umleitung der sexuellen Triebe zum Nutzen der Allgemeinheit, nicht im Sinne einer individuellen Befriedigung der Lust. Als Resultat daraus entwickelte er u. a. mechanische Geräte, mit denen Kinder und Jugendliche an der Masturbation gehindert werden sollten, hatte damit allerdings keinen Erfolg. Er ging deshalb dazu über, die Errichtung von Spielplätzen als "Triebausgleich" zu fordern.

Wenn man sich das so überlegt, wer weiß dann schon so ganz genau, was die Laubenpieper da so genau treiben, wenn sie nicht gerade an irgendwelchen Büschen rumfrickeln oder ihren Rasen mit Nagelschere und Zollstock auf Parademaß trimmen? Vielleicht bevölkern sie ja Chatrooms oder planen die nächste Revolution, wer weiß das schon so genau.

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