Montag, 29. September 2008

Dreiundvierzig Prozent

[Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Sven "DeichShaf" Wagner]
Darth Vader CSU: Join me, and i will complete your training!

Dreiundvierzig Prozent. Für mehr hat es nicht gereicht. Die CSU, die Christlich Soziale Union in Bayern e.V., hat bei der Landtagswahl in Bayern über siebzehn Prozent ihrer Wählerstimmen verloren - ein sprichwörtlicher Erdrutschverlust, den es zuvor in über fünzig Jahren Landtagswahlen und Bundestagswahlen nicht gegeben hat. "Historisch" sagen die einen. "Verdient" die anderen.

Interessant ist eigentlich weniger der Ausgang der Wahl, sondern das Ergebnis dessen, was die Gewinner (beziehungsweise eigentlich Verlierer) daraus machen. Gleich dem überzeichneten Streben nach Macht und Machterhalt der Sith (ja, ich weiß - gestern kam StarWars im Fernsehen...) oder auch des Medienmoguls Berlusconi schließen Beckstein und Huber einen Rücktritt erstmal kategorisch aus.

Der Spiegel schreibt:
"Erwin Huber und Günther Beckstein wollen trotz des Wahldebakels der CSU nicht aufgeben: Der Parteichef schloss vor einer Krisensitzung in München ebenso wie der Ministerpräsident einen sofortigen Rücktritt aus"
Ein guter Teil des Volkes wählte weiterhin brav die CSU. Doch fast ein Fünftel aller Wähler entschied, dass es an der Zeit sei, den Herren zu zeigen, dass es so irgendwie nicht weitergehen kann. Anstatt aber zuzugeben, dass man während der letzten paar Jahr(zehnt)e doch wohl einiges falsch gemacht hat, wird an den Stühlen festgeklammert. Geht es nur mir so, oder drängen sich auch anderen Leuten Gedanken an Berlusconi auf?

Die CSU-Spitze besteht darauf, weiter regieren zu dürfen. Klar, man holt sich mit der FDP einen "Partner" ins Boot, und schon kann man wie früher weitermachen. Aber ist das wirklich der Wille der Mehrheit? Und: Was, wenn es wirklich so weitergeht und die Herren Beckstein und Huber nichts dazu lernen (und da bin ich mir sicher: sie werden nichts dazu lernen, weil das bislang noch niemand jemals getan hat)? Die nächste Wahl ist die Bundestagswahl und hier dürften enttäuschte Wähler weiter für Entsetzen sorgen: Die CDU/CSU verliert massiv die Zustimmung der Wähler, der SPD geht es nicht viel besser. Gewinner sind alternative Parteien wie die Grünen, die FDP oder die Linke. Was will die Führungsriege der CSU hier unternehmen, wenn selbst durch eine Koalition keine Mehrheit mehr zustande kommen kann? Will man Gesetzesänderungen erwirken, die dann den Machterhalt garantieren?

Ich gebe zu: Ich habe mich nicht ausführlicher über die politische Lage in Bayern informiert. Aber es muss wohl einiges schief gelaufen sein, wenn eine Partei derart übel "abgewatscht" wird. Und es dürfte den Verantwortlichen wohl kaum neu und die Überraschung gespielt gewesen sein - denn es gab Monate vor der Wahl Umfragen, die genau dieses Bild zeichneten. Und man hat nichts, aber auch gar nichts dagegen unternommen. Populäre Themen wurden angefasst - die aber den Wähler nur bedingt interessieren. Die unpopulären Themen, die fälligen Steuererhöhungen, Sparmaßnahmen, wirtschaftlichen und sozialen Problemfälle - all das wollte man sich für "nach der Wahl" aufsparen. Denn dann braucht man keine Versprechen einhalten und schnell getroffene Entscheidungen nach der Wahl sind bis zur nächsten Wahl vergessen. Oder auch nicht - scheinbar wurde zu viel und zu lange Schindluder getrieben und ein guter Teil der Wähler hat dies erkannt und sich abgewandt. Und viele derjenigen, die weiterhin die CSU gewählt haben, werden vermutlich auch nur aus Tradition gewählt haben.

Ich bin interessiert, was für eine "Lösung" man in Bayern präsentieren wird. Auch wenn ich in Hamburg nur bedingt betroffen bin, wird für mich vieles von dem, was sich bis September 2009 dort tut, für mich entscheidend für meine Stimmabgabe dann sein.

5 Kommentare:

  1. In meinen Augen Frank, trifft deine Einschätzung der Lage nicht den eigentlich interessantesten Punkt des gestrigen Abends.

    In meinen Augen sieht man deutlich, dass das so genannte bürgerliche Lager in Bayern nach wie vor sehr stark ist. Der einzige Grund, in meinen Augen, für diese Watsche der CSU ist derjenige, dass die Führungsriege der CSU sich mit Statistiken aufgeplustert, und bereits Erreichtem gebrüstet hat.

    Man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wie die beiden Herren da Wahlkampf gemacht haben. Sicherlich gerechtfertigt ist es wenn die beiden auf eine sehr erfolgreiche Statistik in Bayern verweisen, Bayern ist definitiv in vielen Belangen, um Frau Merkel zu zitieren, dort wo der Bund und die anderen Länder erst noch hinwollen.

    Ist das jedoch ein Verdienst der beiden (Erwin und Huber) oder ihres Vorgängers der Bayern 14 Jahre regiert hat? Das will ich an dieser Stelle mal offen lassen.

    In meinen Augen, sagen die von Huber und Beckstein zitierten Statistiken und Achievements in Bayern nichts über die Regierungsfähigkeit der beiden sondern vielmehr über diejenige der Vorgänger aus.

    Was mir gefehlt hat, war die Perspektive, die Visionen und Vorhaben der beiden, was sie denn mit Bayern in Zukunft vorhaben. Alles was sie taten war auf Vergangenes hinzuweisen. Ich wähle jedoch nicht weil ich jemanden belohnen möchte sondern ich gehe wählen um das land in dem ich lebe in diese Richtung zu bewegen, in der ich glaube das es ihm und mir am meisten nutzt.

    Klar ist für mich das der gesamte Bayerische Wahlkampf ein Witz war und der Wahlausgang sowie die Bewertung des Wahlausgangs durch die Parteien absolut lächerlich war.

    Da war die CSU die zurecht betroffen ist, ihr Wahlziel verfehlt zu haben. Nur wie gesagt, wer Wahlkampf mit Statistiken macht, kann durchaus gut Abschneiden das hat die CSU mit 43% auch, wer jedoch Wahlkampf mit Vorhaben und Visionen und Perspektiven macht und diese mit Statistiken belegen kann, der kann ausgezeichnete Ergebnisse erzielen, was der Anspruch der CSU im Landtagswahlkampf war "50% + X".

    Da war die SPD und der Herr Maget, der den "Niedergang der Christsozialen" feiert, aber selbst nicht einmal ansatzweise bemerkt, dass er nicht nur nicht davon profitieren kann, sondern auch selbst das schlechteste Ergebnis der SPD in Bayern aller Zeiten noch einmal unterboten hat. Wer da von Wahlsieg redet hat für mich Nachhilfe in Mathe verdient und nötig. Nun will er eine "Regenbogenkoalition" bilden. Mir fehlt da persönlich der Sinn zu Realität, wie kann man als Parteivorsitzender einer Partei die Stimmen verloren hat und nicht einmal mehr halb so viele Stimmen errungen hat wie der politische Gegner nur daran denken, sich zum Ministerpräsidenten einer 4-Parteienkoalition wählen zu lassen. Für mich ist er derjenige der am meisten zu Unrecht an seinem Amt klebt, nachdem er diesen Wahlkampf so in den Sand gesetzt hat zum wiederholten Male.

    Und dann wäre da noch die FDP, vor der ich nach dem gestrigen Wahlabend den meisten Respekt habe, realistisch eingeschätzt bewerten sie den Wahlausgang am besten und stehen mit ihrer Ablehnung zur Regenbogenkoalition noch am ehesten auf dem Boden der politischen Tatsachen. Leider konnten die Liberalen nicht in Ausreichendem Maße die Stimmen der CSU auffangen und überliessen das Feld scheinbar fast vollständig den freien Wählern.

    Die eigentliche Sensation des Abends waren die angesprochenen freien Wähler. Es ist nun geschehen, der größte Alptraum der Union ist wahr geworden und eine starke neue Bürgerliche Partei neben der Union ist entstanden. Wir erinnern uns an die Geburtsstunde einer sozialdemokratischen Partei neben der SPD namentlich der WASG? Damals war sie nur in einigen Bundesländern vorhanden und hat sich schnell ausgebreitet und mit der Fusion zur Linken auch zur Bundespartei hochgemausert. Heute steht die Linkspartei im Geburtsland der WASG mittlerweile in den Landtagsumfragen über der SPD. In meinen Augen könnten die Freien Wähler zur größten Bedrohung der Union seit Langem werden und sind der genaue Gegenimpuls gegen die Linkspartei und der Nahlespartei.

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  2. Wie ich den Rahmen meines Kommentars gesprengt habe :x.

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  3. "In meinen Augen Frank, trifft deine Einschätzung der Lage nicht den eigentlich interessantesten Punkt des gestrigen Abends."

    *MEINE* Einschätzung? 'Tschuldigung, aber da steht nicht ohne Grund drüber: "Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Sven "DeichShaf" Wagner".

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  4. Dann nehme ich alles zurück und behaupte hiermit das Gegenteil!

    Schönen Gruß aus Berlin dennoch Frank ;).

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  5. @moby 3012

    Du sprichst mir aus der Seele...vor allem die Passage "Klar ist für mich das der gesamte Bayerische Wahlkampf ein Witz war und der Wahlausgang sowie die Bewertung des Wahlausgangs durch die Parteien absolut lächerlich war." macht mich fröhlich (weil ich wohl doch nicht der einzige bin, der so denkt)

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