Mittwoch, 4. Juni 2008

Gen-Food die Rettung?

Banane - WikipediaMagst Du Bananen? Ja? Prima, dann genieße sie, solange es noch geht, denn wenn die Wissenschaftler Recht haben, dann steht es um "unsere" Banane nicht gut. Wenige wissen, dass die Banane, die wir heute essen, nicht die Banane ist, die unsere Großeltern kannten. Die Version unserer Großeltern war größer, leckerer und insgesamt in jeder Hinsicht "besser". Diese Sorte hieß "Gros Michel". Der Grund, warum wir diese Sorte heute nicht mehr im Laden haben ist der, dass diese Sorte im Prinzip ausgestorben ist.

Das wiederum lag an einem extrem virulenten Pilz, der sogenannten Panama Krankheit (Fusarium oxysporum, Fusariumwelke), der Bananen befällt. Um 1960 herum hatte dieser Pilz beinahe alle Gros Michel befallen und vernichtet. In fast wörtlich letzter Minute fanden Züchter und Forscher die heute angebaute Variation, die Cavendish. Gegen den Pilzbefall ist kein Kraut gewachsen und es gibt kein Gegenmittel. Die Cavendish erwies sich als resistent, während die Gros Michel immer schneller ausstarb.

Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass die Cavendish eben nicht resistent zu sein scheint. Ein neuer Stamm Erreger, der zuerst in Malaysia auftauchte, befällt die Cavendish mit einer galoppierenden Geschwindigkeit und vernichtet Pflanzen in großer Zahl. Dazu kommen auch die nicht ganz unbekannten Probleme der Züchter und Pflanzer, die das Problem gerne ignorieren und seine Existenz und Bedeutung abstreiten.

Inzwischen verbreitet sich die Krankheit auf der ganzen Welt, wird durch den internationalen Handel und Verkehr auch dort hin getragen, wo diese Krankheit ursprünglich vollkommen unbekannt war. Sollte die Krankheit die Afrikanischen Plantagen befallen, sind Millionen von Menschen von Hunger bedroht, denn die Banane ist in Afrika eins der Grundnahrungsmittel. In Uganda macht die Banane zum Beispiel knapp 80% der Ernährungsgrundlage der Bevölkerung aus.

Im Moment suchen Wissenschaftler im Labor nach einer Banane, die resistent gegen den Pilz ist, aber es sieht so aus, dass nur per Eingriff in den genetische Code der Pflanze überhaupt Hoffnung besteht, die Banane zu retten. Der Haken dabei ist, dass alle Kundenbefragungen deutlich machen, dass weltweit genetisch manipulierte Bananen (und nicht nur die) abgelehnt werden. Niemand will "Gen-Obst" auf dem Tisch haben, selbst wenn nachgewiesen würde, dass das Obst absolut sicher ist.

Wir stecken offenbar in fantastischen Zwickmühle. Entweder öffnen wir uns für genetisch veränderte Lebensmittel, oder wir sind nicht nur Schuld am Verschwinden einer unserer liebsten Obstsorten, sondern auch an einem massiven Hungerproblem.

Ich bin mal gespannt, wie wir da wieder raus kommen.

(Quelle: The Scientist)

5 Kommentare:

  1. Wir machen das wie mit dem Hungerproblem, welches durch das verarbeiten von LEBENSMITTELN zu Sprit verursacht wurde. Ignorieren bis die nächste Legislaturperiode sich damit beschäftigen muss.

    Und blos nicht darüber reden, sonst weckt man noch schlafende Hunde. Nicht das noch Deutschlands Mittelschicht- und -bildungszeitung Nr.1 davon einen Artikel macht und es nachher jeder merkt :)

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  2. Die Bananengeschichte hat Snopes doch schon längst auseinandergenommen. Persönlich bin ich immer etwas skeptisch, wenn eine Notsituation an die Wand gemalt wird, um eine unausgereifte Technologie zu pushen, deren Folgerisiken noch nicht abzuschätzen sind.

    http://www.snopes.com/food/warnings/bananas.asp

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  3. Snopes hat überprüft, ob, wie New Scientist 2003 behauptet hat, die Black Sigatoka, eine andere Pilzerkrankung, zum Aussterben der Pflanzenart führen könnte. Da es gegen den äußerlich wirkenden Black Sigatora Pilzbefall wirksame Chemikalien gibt, ist dieses "Problem" in der Tat keins. Hier jedoch geht es um eine innerhalb der Pflanze wirkenden Pilzbefall, nämlich um Fusarium oxysporum, der erst erkannt werden kann, wenn es zu spät ist. Das Problem hier ist, dass dieser Pilz extrem widerstandsfähig, virulent und der Befall nur durch vollständige Vernichtung der gesamten Pflanze inklusive Wurzelstock zu "kurieren" ist. Kurz gesagt: Es gibt kein Heilmittel und die "Pest" breitet sich explosionsartig aus, wie man schon bei der Gran Michel gelernt hat und heute wieder in Asien und Australien in etlichen Plantagen lernt. Trotz intensiver Forschung gelang es in den ganzen Jahren seit Umstellung auf die Cavendish nicht, Fusarium oxysporum in den Griff zu bekommen, denn der Pilz ist einfach "zu gut". Klar wäre es "toll", wenn es anders kommen sollte, aber wenn alle Beteiligten einhellig zugeben, dass ihre einzige Hoffnung im Eingriff in das Erbmaterial besteht, dann darf man schon mal die pauschale Ablehnung in Frage stellen, besonders dann, wenn man bedenkt, dass unsere Ess-Bananen steril sind und sich ohnehin nur durch menschliche Hilfe vermehren, insgesamt bereits ein Kunstprodukt sind.

    - mt

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  4. Wie der geneigte Leser, der dem Link zu Snopes tatsächlich folgt, schnell feststellen wird, geht es dort durchaus um beide Pilzerkrankungen. Von Genmanipulation als einzig denkbarem Heilmittel, wie "mt" zu suggerieren versucht, ist dort dagegen nicht die Rede.

    "Disease control alternatives such as the development of "plants resistant to the main diseases," the employment of "friendly-bacteria, fungi and other micro-organisms," and the increasing use of organic practices have contributed greatly to the successful control of feared banana plagues, they say."

    Überhaupt scheint das Problem zur Zeit noch ein eher theoretisches:

    "For Race 4 to spread into the large plantations, either infected banana suckers or infested soil would have to be introduced into the growing fields. Practices allowing this type of spread are strictly forbidden in the export-producing countries, and new plantations are started from pathogen-free, tissue cultured plants."

    Du hast natürlich Recht, dass Bananen schon jetzt nicht auf natürlichem Weg vermehrt werden. Dieses Klonen in grossem Massstab ist ja die Ursache dafür, dass die Anfälligkeit unverändert bestehen bleibt. Daraus läßt sich aber noch nicht ableiten, dass eine es vollkommen unbedenklich wäre, genmanipulierte Bananen in Umlauf zu bringen.

    (Disclaimer: Ich habe nichts gegen Genmanipulation an sich. Sobald Anzeichen bestehen, dass die Wissenschaft im wesentlichen weiss, was sie da tut. Das weiss sie heute noch nicht. Es wird wild rumgebastelt und geschaut, was rauskommt. Und weil Forschung Geld kostet und Geldgeber das lieber gestern als heute in Profite ummünzen wollen, wird Stimmung dafür gemacht, schon die frühen Alphareleases grossflächig auf den Markt zu bringen)

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  5. Jemand Popcorn? ;-)

    Also, ich war mal so frei und habe gerade mit einem mir bekannten Mikrobiologen am Telefon gesprochen, der sich auf Fungizide für "exotische Agrarprodukte" spezialisiert hat und bei einem Chemiekonzern arbeitet, dessen Name ähnlich klingt, wie ein Deutsches Bundesland. Er bittet aus nahe liegenden Gründen um Anonymität.

    Über "Fusarium Oxysporum" (FO) sagte er sinngemäß, dass eine der interessanteren Pilzvarianten ist, da sie wahnsinnig resistent gegen bekannte Gifte ist, die Kulturen dieses Pilzes exponentiell schnell wachsen und der Pilz seinen Wirt vollständig vernichtet. Das Problem für den Menschen sind verschiedene Mykotoxine, die durch den Pilzbefall entstehen sowie der wirtschaftliche Schade durch das Absterben der Wirtspflanze.

    Speziell die Kulturbanane vom Stamm Grand Michel, aber auch die aus der Linie Cavendish haben keinerlei Resistenzen gegen diesen speziellen Pilz. Der Strain des FO, um den es hier geht, wurde erst vor knapp einem halben Jahr oder dreiviertel Jahr wissenschaftlich bestätigt - ob der Artikel von Snopes dieser Erkenntnis Rechung trägt, ist fraglich, denn Snopes nennt als letztes Update den Februar 2007 und wir haben jetzt Juni 2008.

    Die "beruhigenden" Schutzmaßnahmen haben sich nicht nur in Australien als überraschend unwirksam erwiesen, um den Pilz in den Griff zu bekommen, denn die Sporen werden nicht von Wind transportiert, sondern in erster Linie von Tieren - Und es gibt verdammt viel Viehzeugs, dass sich von Bananen zu ernähren versucht. Versuch mal Insekten, Vögel und Nagetiere von einer mehrere Hektar großen Plantage fernzuhalten. Dazu kommt noch der Faktor Mensch, denn FO lagert seine Sporen sogar erfolgreich in Schmieröl ein (da hab selbst ich doof geguckt), kommt sehr häufig in Lebensmitteln, Farben(!) und Tapeten vor und können ohne Luft leben.

    Die Realität zeigt, dass die ergriffenen Maßnahmen zwar helfen, die Ausbreitung zu bremsen, aber sie reichen nicht, um die Ausbreitung zu stoppen und zurückzudrängen. Im Moment ist die Suche nach einem Wirksamen Fungizid eine ganz große Hoffnung, nur leider ist das wie der Versuch, mit einer Teetasse den Atlantik leerzuschöpfen: Es gibt viel zu viele FO-Varianten die sich viel zu schnell vermehren und ein Genozid an FO ist nicht nur zur Zeit unmöglich, sondern auch unerwünscht, denn es gibt auch FO-"Sorten", die bewusst vom Menschen gezüchtet werden, z. B. als Futtermittel und da beißt sich die Katze in den Schwanz: Man munkelt, dass diese Variante des FO auf eine gezüchtete Variation zurückgeht...

    Zusammenfassend wurde mir gesagt, dass "man" gegen die Zeit und gegen Windmühlenflügel ankämpft und zumindest im Augenblick sieht es sehr sehr schlecht aus. Sollte nicht zufällig jemand eine "neue Cavendish" finden oder den Schlüssel zur selektiven Bekämpfung des FO, dann sieht es für die heute gehandelte Kulturbananen von Dole und Chiquita und so weiter mittelfristig ziemlich mau aus, denn "Grand Michel" war innerhalb von nicht mal 10 Jahren "weg vom Fenster".

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