Mittwoch, 6. Februar 2008

Öffentlichkeitsarbeit

BundeswehrIm Hotel Bayerischer Hof in München findet eine internationale Tagung statt. Mit hochrangigen Gästen aus dem In- und Ausland. Politiker und Militärs. Eine solche Konferenz muss bewacht werden, keine Frage. Brisant ist aber, wer diese Veranstaltung bewachen wird. Nach Auskunft der Bundesregierung wird diese Konferenz nämlich von mehr als 100 bewaffneten Soldaten der Bundeswehr "geschützt" werden. Jede Aufregung um den Dienst der bewaffneten Soldaten in und an diesem Hotel sei jedoch völlig überflüssig, denn dieser Einsatz ist kein(!) Einsatz der Bundeswehr im Innern. Zumindest nicht nach Ansicht des Verteidigungsministeriums.

Wir erinnern uns? Das Grundgesetz verbietet - nicht ohne Grund - den Einsatz der Bundeswehr im Innern, insbesondere die Wahrnehmung von Polizeiaufgaben ist ausgeschlossen. Irgendwas hatten die Väter des Grundgesetzes aus dem Dritten Reich gelernt. Wolfgang Schäuble und andere Politiker sehen das offenbar als ziemlichen Unfug an und wollen die Bundeswehr schon lange im Innern als "dritte Polizei" einsetzen - neben der Landes- und der Bundespolizei.

Es ist nicht klar, wer veranlasst hat, dass diese Konferenz von der Bundeswehr bewacht wird, aber veranstaltet wird sie vom Bundespresseamt und das Geld kommt vom Verteidigungsministerium. Jedenfalls hat die Bundesregierung das Hotel gemietet und versucht das Grundgesetz mit einem Trick zu umgehen: Das Hausrecht wurde an das Bundesverteidigungsministerium übertragen. Und dort will man das Hausrecht auch eigenhändig durchsetzen, auch mit Gewalt. Außen setzt man natürlich auf die Polizeien der Bundesländer und lässt 3.700 Polizeibeamte rund um das Hotel einsetzen.

Das Bundesverteidigungsministerium zeigt sich verwundert. Die "Absicherung am Tagungsort" ist nach dessen Ansicht völlig normal und "nichts Neues". Das Bundesinnenministerium weiß von solchen Einsätzen allerdings nichts, verweist jedoch darauf, dass diese Frage Ländersache sei. Aber auch beim bayerischen Staatsministerium des Inneren ist man etwas erstaunt und weiß angeblich von nichts. In jedem Fall werde dort aber ausgeschlossen, dass es sich um "Amtshilfe" handelt.

Ein Einsatz der Bundeswehr im Innern ist nach Ansicht des Verteidigungsministeriums die bewaffnete Absicherung am Tagungsort aber auf gar keinen Fall, denn die Bundeswehr dürfe ja laut einem Gerichtsurteil "zur Wahrnehmung von Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit" eingesetzt werden und um eine solche Aufgabe handelt es sich hier doch ganz eindeutig. Ein Blinder, wer das nicht sieht.

Halten wir fest: Bayern ist nicht Deutschland und Waffen tragen und Militärs und Politiker in Deutschland bewachen kein "Einsatz im Innern", sondern "Öffentlichkeitsarbeit" und unser Grundgesetz den Politikern nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben wurde.

(Quelle: Zeit, danke Khabarakh)

11 Kommentare:

  1. es gibt hier halt leute, die recht und gesetz biegen und beugen können bis es ihnen passt - das nennt man "rechtsstaat"...

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  2. ich seh jetzt daran nicht das problem... ich ba mehrere leute die beim wachbataillon gedient haben... die haben ständig solche aufgaben übernommen... die standen immer am flughafen oder vor irgendwelchen hotels... und im hintergrund waren immer voll bewaffnete soldaten am standort(die jetzt nich unbedingt dort wache gelaufen sind)
    aber es ist ansich üblich dass das militär bei internationalen treffen anwesend ist und sich mit dem wachbataillon zeigt

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  3. Das Wachbataillon ist aber bei solchen repräsentativen Aufgaben "unbewaffnet". Ok, der Karabiner ist schon mal am Mann, aber nicht grade für irgendwas anderes als Salutschüsse zu gebrauchen, ungeladen sowieso.
    In diesem Falle wird es sich wahrscheinlich um die 8. Kompanie des Wachbataillons handeln, jedoch mit richtigen Waffen und nicht nur zum gut Aussehen dabei stehen.
    Rechtlich wird das wohl so begründet, dass das Hausrecht ja auf das Verteidigungsministerium übergeht und somit wie auch das Bundesministerium der Verteidigung oben in Berlin das Wachbataillon zur Bewachung zuständig ist. Da müssen gar nicht mal viele Gesetze zurecht gebogen werden.

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  4. > ich seh jetzt daran nicht das problem...

    Das Problem ist nicht wer da Wache schiebt. Es ist egal, ob das nun ein Wachbattalion oder eine U-Bootbesatzung ist. Es ist 1. die Bundeswehr, die 2. Aufgaben der Polizei wahrnimmt. Diese beiden Aspekte (1. und 2.) zusammen bedeuten: Das Militär (Bundeswehr) wird im Inland (München ist in Deutschland) gegen die eigene Bevölkerung (um Demonstranten und so weiter, das ist "das Volk", von den Teilnehmern fern zu halten) eingesetzt. Genau das ist das Problem und genau das verbietet das Grundgesetz. Warum das ein Problem ist? Die Polizei wird durch die sogenannte Schrankentrias kontrolliert und ist Teil der Gewaltenteilung und als solche in ihrem Handeln strikt reglementiert und kontrolliert. Jeder kann Eingriffe der Polizei gegen ihn von einem Gericht überprüfen lassen. Für das Militär gilt genau das nicht, denn das Militär untersteht (platt ausgedrückt) nur der Regierung und deren Anweisungen und sonst niemandem. Wenn Du das Problem jetzt noch immer nicht siehst: Denk mal an "Gestapo", "SS" und so weiter, vielleicht fällt es Dir dann über den Vergleich mit der Geschichte auf, was "das Problem" daran ist.

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  5. Man möge mir den Vertrag zeigen, der den Übergang des Eigentums und des Besitzes eben dieses Hotels an den Bund regelt.

    Wenn es Bundeseigentum ist, darf die Bundeswehr dieses schützen und bewachen. Und innerhalb der umfriedeten Grenzen des Grundstücks hat dann ein ungeladener Zivilist nichts zu suchen.

    Wenn das aber alles zum schönen Schein gemacht wurde (und davon darf wohl getrost ausgegangen werden) dann haben wir einen astreinen Bruch des Grundgesetzes. Da liegt der Wunsch nahe, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Und glücklicherweise kostet dieser Schritt nichts und kann von jeden Bürger getan werden.

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  6. Übrigens ist der Einsatz der Bundeswehr im Inneren durchaus gestattet:

    Unbewaffnet zu humanitären Zwecken.

    Zuletzt an der Oder 1997 geschehen, davor bekanntermaßen 1962 in Hamburg.

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  7. Und an der Elbe 2002. Da hab ich als Grundwehrdienstleistender auch Sandsäcke geschleppt ein paar Wochen lang.

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  8. naja aber neu ist das jetzt nicht und in meinen augen etwas übertrieben dargestellt... beispielsweise war beim G8 Gipfel n ganzer arsch voll soldaten am start... und die haben keine demonstranten verjagt. das hat immer die polizei getan... die posen den ganzen tag blos rum und stellen blos sowas wie ne schnelle eingreiftruppe dar, die bei beispielsweise terroristischen akten sofort zum einsatz kommen... ist mir persönlich jetzt noch nicht berichtet worden, dass soldaten gegen die eigene zivilbevölkerung aktiv geworden ist obwohl sie durchaus dafür ausgerüstet und angelernt werden (z.b. für auslandseinsätze)... aber an und für sich ist das gang und gebe dass bei solchen treffen sich auch andere Staaten mit dem militär präsentieren... und die hatten Keine SS oder ne Gestapo... die Bundesrepublik macht das eben mit dem Wachbataillon... die haben ja nicht umsonst nen klasse ruf international... =)

    gruß BJ (übrigens auch der verfasser vom 2. comment.)

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  9. > beispielsweise war beim G8 Gipfel n ganzer arsch voll soldaten am start...

    Die Soldaten beim G8-Gipfel waren unbewaffnet, die Fahrzeuge sogar teilweise extra für den Einsatz umgebaut ("entmilitarisiert") worden, es lagen Amtshilfeersuchen der Polizei vor und die Soldaten hatten keinerlei Exekutiv-Befugnisse. Die waren nur als "technisches Bedienpersonal" dort, nicht als Wachen.

    > ist mir persönlich jetzt noch nicht berichtet worden, dass soldaten gegen die eigene zivilbevölkerung aktiv geworden ist obwohl sie durchaus dafür ausgerüstet und angelernt werden

    Genau das ist der Punkt. BISHER waren die "bloß" Staffage oder technische Hilfe. Jetzt aber sollen sie das tun, was eigentlich Job der Polizei ist. Genau das verbietet das Grundgesetz.

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  10. aber du hast doch selbst geschrieben
    "Außen setzt man natürlich auf die Polizeien der Bundesländer und lässt 3.700 Polizeibeamte rund um das Hotel einsetzen."

    die werden schon nicht umsonst da sein... 3700 mann ist nämlich echt viel für ein hotel. ich bin eigentlich davon überzeugt dass es keine zwischenfälle geben wird :)

    BJ

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  11. Es liegt kein Amtshilfeersuchen aus Bayern vor, es sind Soldaten, sie sind bewaffnet (bzw werden es sein), sie werden im Inland eingesetzt und sie übernehmen außerhalb eines Katastrophenfalls oder humanitären Einsatzes Aufgaben, für die die Polizei zuständig ist.

    Es geht denjenigen, die den Einsatz geplant haben auch darum, Fakten zu schaffen, damit man dann schritt für Schritt die Einsatzmöglichkeiten ausweiten kann: Wenn man schon im Tagungshotel Soldaten aufpassen lassen kann, warum dann nicht außerhalb? Wenn Soldaten schon auf eine Konferenz aufpassen, warum dann nicht auch auf öffentliche Gebäude? Warum nicht dann auch bei Demonstrationen direkt gegen Demonstranten? Wozu eigentlich Polizei? Wir haben doch Militär...

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