Wer wird Bundespräsident? Nee, mal ernsthaft: Wer wird Bundespräsident? Na? So ohne nachzuschlagen? Ja? Wer bestimmt das? Warum? Für wie lange? Wer darf überhaupt Bundespräsident werden? Na? Alles so aus dem Stehgreif gewusst? Super! Damit gehörst Du zu einer sehr elitären Gruppe der deutschen Bevölkerung. Und nun die nächste Frage: Was macht der Bundespräsident überhaupt? Wofür ist der da und was sind seine Kompetenzen? Und welche Stellung hat er im Staat? Auch gewusst? Wow, nicht schlecht. Wohl Politik studiert, was?
Mit diesem Vorwissen kann man sich jetzt der Frage widmen, warum der aktuelle Bundespräsident (wie hieß der noch gleich?) es für eine gute Idee hält (übrigens nicht als Erster, Adenauer kam damals auch schon auf den Bolzen), dass die Bevölkerung den Präsidenten direkt wählt. Der meint nämlich, dass ein wenig mehr direkte Demokratie den Deutschen mal richtig gut täte. Die Bevölkerung findet das wohl auch ziemlich klasse und feiert den Präsidenten und seine Idee - wahrscheinlich das erste Mal in seiner Amtszeit, dass der Herr auch beim gemeinen Volk so richtig gute Figur macht.
Jedenfalls: der Volkssouverän ist dafür. Sehr dafür sogar. Die Parteien hingegen... Nun, sagen wir es mal so: Begeisterung geht anders. Die Bundestagsfraktionen sind eher verschnupft. So geil findet man das da nun wieder nicht, dass man Macht aus der Hand geben soll und dann auch noch in die Hände des völlig desinformierten, ungebildeten, politisch inkompetenten Pöbels. Das kommt gar nicht in die Tüte.
Das Präsidentenamt, in der hohen Politik von den Berufspolitikern eher als eine Art Altersruhesitz für besonders verdiente Mitglieder einer Partei angesehen, ist so was wie eine Art Belohnungsfunktion im System des Gemauschels und Bauchpinselns der Parteien. Dieser Posten hat, so scheint es auf den ersten Blick, eigentlich so rein gar nichts mit der Demokratie zu tun, sondern ist ausschließlich dazu da, das man sich halt gegenseitig mal was zuschustern kann. Davon gibt es noch ein paar Posten mehr. Staatssekretäre sind das meistens. Salopp formuliert so was wie Toilettenmann mit Mütze, nur mit mehr Befugnissen, mehr Medienpräsenz und mehr Gehalt. Und meistens auch noch mit Fahrer und Büro - wenn da nicht solche Personen wie zum Beispiel ein Herr Herzog oder Herr von Weizsäcker oder ein Herr Heuss gewesen wären.
Jedenfalls stellen sich die hohen Politiker hin und argumentieren, dass das ja so gar nicht ginge und dass das Amt des Bundespräsidenten so ja viel zu sehr aufgewertet würde, was dem Amt gar nicht zustünde und überhaupt wäre ja die Verfassung dagegen und so weiter und so fort. Ma selber hat natürlich nichts dagegen, im Gegenteil, also mehr direkte Demokratie, das wäre bestimmt sogar gut, denn die Politikverdrossenheit der Bürger ist schon ein Problem, das stimmt schon, aber deshalb gleich den Präsidenten? Und dann auch noch per Direktwahl? Nein, unvorstellbar. Das geht nicht.
Bitte wie? "Geht nicht"? Wie war das noch? Wer bestimmt was Sache ist in Deutschland? Wie war das noch mit "Wille des Volkes"? Was war da mit Verfassungsänderungen?
Egal was da jetzt so an Argumenten herumgereicht wird und egal wie sich die Damen und Herren winden, eins wird schon jetzt deutlich: Demokratie, noch dazu direkte Demokratie, macht den Berufspolitikern Angst. Sie wollen keine echte Beteiligung der Bevölkerung am politischen System außerhalb ihrer Einflussmöglichkeiten. Sie wollen nicht, dass der Bürger tatsächlich bestimmen kann, was in der Politik passiert. Oder warum bemüht man sich sonst auf der einen Seite zu betonen, wie unwichtig das Amt doch sei, wie kompliziert eine entsprechende Verfassungsänderung wäre und wie schlecht die Idee doch insgesamt ist, um auf der Anderen Seite zu betonen, welch wichtige und herausragende Rolle Herr Köhler doch in diesem und jenem Zusammenhang spiele und wie bedeutsam er als Bundespräsident doch für Deutschland sei?
Ich bin mir sehr sicher, dass dieser Vorschlag ganz schnell wieder von der Bildfläche verschwinden wird, denn die Widerstände der einen und das Phlegma der anderen Seite sind viel zu groß, als dass ich ernsthaft mit einem anderen Resultat rechnete. Aber trotzdem finde ich die Idee sehr sympathisch den Präsidenten direkt wählen zu können. Das Verhalten der Bundespolitiker legt jedenfalls den Schluß nahe, dass die Politikverdrossenheit des Bürgers dort gar nicht so ungelegen kommt, wie von dort aus dann und wann zu hören ist, wenn es denn gerade gut ins Bild passt.
Dienstag, 26. Juni 2007
4 Kommentare:
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ich bin elitär und studiere kein politik \o/
AntwortenLöschenDu und elitär? NIE! Und Du studierst nicht, man gewährt Dir Unterkunft.
AntwortenLöschenjaja, aber mal ernsthaft, das kriegt man doch alles schon in der schule eingetrichtert. das ist stoff klasse 9 oder 10.
AntwortenLöschenDas ist sehr schön geschrieben.Bin anz deiner Meinung (Außer vielleicht, was die Arbeit der staatssekretäre betrifft)
AntwortenLöschenIch habe mir mal Gedanken über ein mögliches Wahlverfahren gemacht und wäre über Kritik und Anregungen dankbar:
http://duberichtest.de/einzelgeschichte.php?id=64&art=geschichte
Jörg Friedrich