Mittwoch, 15. November 2006

The Internet is for ...

In den USA werden die meisten Pornos weltweit produziert und konsumiert. Die Pornoindustrie hat dort eine ihrer stärksten wirtschaftlichen Bastionen. Das passt natürlich hervorragend zu der gerne nach außen dargestellten, bibelfesten Prüderie, die wir alle immer wieder als "das amerikanische Ideal" präsentiert bekommen. Besonders das Internet, das - wie wir alle wissen - einzig und alleine einen Zweck hat, ist natürlich sehr gefährlich und die technisch vielfach völlig unversierte sieht darin und in jeder damit zusammenhängenden Technik eine Gefahr für die Menschheit.

Welche eigenartigen Auswüchse das annimmt, zeigt die folgende Reportage von Fox29 News:

Fassen wir zusammen: "Hidden Dangers" sind nicht etwas Ballerspiele, die nach Ansicht mancher Experten hierzulande aus Kindern psychopathische Killer machen, oder Straßenrennen, die eventuell zur Mißachtung jeglicher Verkehrsregeln anstiften. Nein, die versteckte Gefahr ist die Möglichkeit, sich nackte Frauen anzusehen! Sich Anleitungen zum Bombenbau aus dem Internet zu ziehen! Religiösen und politischen Extremismus zu konsumieren. Wie die "betroffene Mutter" es so schön auf den Punkt bringt:
"If it's supposed to be made for kids, you shouldn't be able to get access to this stuff."
Mit anderen Worten: Das Gerät ist Schuld daran, dass es offene WiFi Netze gibt. Das Gerät ist Schuld daran, dass die Eltern keine Ahnung von der Technik haben und ihren Sprößling unkontrolliert damit herumhantieren lassen. Es ist natürlich die Schuld des Herstellers, dass die Eltern zu dämlich sind, ihrer Verantwortung als Eltern nachzukommen und mit einer vernünftigen Erziehung dafür zu sorgen, dass die Kids von sich aus die Finger von solchem Zeug lassen.

Der "Internet Experte" Carl Drott ist auch genau der Experte, der wohl eine sachlich fundierte Einschätzung der Lage reflektieren soll:
"Oh, it's incredibly easy to find
Er meint damit WiFi Zugangspunkte. Um die zu finden, braucht man in den USA nur zu wissen, wo der nächste Starbucks ist, da gibts nämlich in der Regel auch Public Accesspoints.
It's just shocking how much [pornography] is out there."
Erm, hallo? Wir leben im Jahr 2006! Wir haben wieviele Webseiten auf diesem Planeten? Wer auch nur 10 Minuten im Internet unterwegs war, der weiß selber, wie schwierig es ist, der Pornographie aus dem Weg zu gehen. Und der redet davon, das es erschreckend ist, wieviel von dem Zeugs "da draußen" zu finden ist? Entschuldigung, aber kann es sein, dass da jemand in seinem Leben noch nicht viel weiter als Bible.com und Whitehouse.gov im Internet herumgekommen ist? Was mag mit diesem bemitleidenswerten Menschen passieren, wenn er the Onion findet? Oder wenn er gar feststellt, dass seine eigene Homepage an der Drexel Universität in Philadelphia um Längen hinter allem hinterherhinkt, was selbst Bloody Newbie Kids heutzutage quasi aus dem Stand in die Welt setzen? Übrigens, Herr "Internet Experte" und Universitätsprofessor: Ihre Webseite ist nicht mal valides HTML. Wohl die eigene Anleitung nicht gelesen? Und warum ist eigentlich ausgerechnet auf ihrer Seite eine Sammlung fortgeschrittener Werkzeuge zur effektiven Vernichtung von Daten auf dem heimischen PC zu finden? Fragen über Fragen.

Zwar mag es richtig sein, dass - wie in dem Bericht behauptet wird - die meisten Anbieter mit Pornographie Geld verdienen wollen, aber wer mit einer Suchmaschine umgehen kann, der findet innerhalb einer überschaubaren Zeitspanne mehr als genug Pornographie jeglicher Geschmacks- und Stilrichtung für lau. Die Ansage, dass der mangelnde Besitz einer Kreditkarte die Jugendlichen vor dem Kontakt mit Bildern von nackten Frauen oder gar Aufnahmen des Geschlechtsaktes konfrontiert, darf daher wohl getrost als "ahnungsloses Gebrabbel" durchgewunken werden. Wie war das übrigens noch mit "ungewollten Schwangerschaften" in den USA?

Deshalb geht es in diesem "Beitrag" auch nicht wirklich um die angeblichen Gefahren der mobilen Computer. Es geht viel mehr mal wieder um die Gefahren des Internet. Und da natürlich ganz besonders: Der Kindesmißbrauch! In Onlinespielen lauern sie! Jeder Mitspieler ist ein potentieller Kinderschänder oder Mörder oder beides! Und darum ist die Technik ja auch so gefärhlich! Überall lauern Anleitungen zum Bombenbau und irgendwelche Fanatiker darauf, das Kind mit ihrem verdorbenen Material zu malträtieren! Horden wilder Frauen wollen unbedingt den Kindern die verfilmten Resultate ihrer letzten Herrenbesuche eintrichtern und natürlich reicht das noch nicht, dann nach all dem kommt der böse Onkel aus dem Keller und vergreift sich an dem ahnungslosen Blag, dessen Eltern zu dämlich sind, dem eigenen Nachwuchs die elementarsten Grundregeln des Überlebens in der modernen Welt beizubringen.

Wenn ich - mit Verlaub - so eine Scheisse sehe, könnt ich kotzen. Das Schlimme daran? Die Eltern glauben das! Die sind überzeugt davon, dass das so stimmt und dass tatsächlich der Hersteller irgendwelcher Unterhaltungsgeräte für die Erziehung der eigenen Kinder verantwortlich ist. Um so zynischer der Hinweis am Ende des Films:
"Beyond that, the experts say, you've got to talk with your children."
Welch unglaubliche Erkenntnis.

Wie lange es wohl dauert, bis unsere Medien dieses Thema aufgreifen?

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