Der Höhepunkt dieser Debatte war schließlich folgende fest gefasste Überzeugung eines Diskussionsteilnehmers:
"die derzeitige Polizei [hat] die Kriminalität nicht mehr unter Kontrolle [...] und wir [brauchen] deshalb dringend (viel) mehr Kontrolle." "[Die Polizei soll] 'Bagatellsachen' gleich vor Ort klären...notfalls auch mit Gewalt. In meinen Augen haben Kriminelle sowieso weniger (Menschen)rechte."Ganz ungeachtet der Tatsache, dass der hier zitierte Diskussionsteilnehmer in seiner Ansicht den aktuellen Zahlen der Kriminalitätsentwicklung widerspricht, stellte ich mir schon mehrfach die Frage, ob diejenigen, die so argumentieren überhaupt eine Vorstellung davon haben, wie unsere Demokratie funktioniert. Die Forderung, den devianten Elementen unserer Gesellschaft den Status des "Mensch-seins" einzuschränken, ihnen Menschenrechte abzuerkennen sollte doch zum Nachdenken anregen, ob die politische Bildung in Deutschland auf der Höhe der Zeit ist.
Interessanterweise halten dieselben Menschen das Vorgehen der USA in Guantanamo und anderswo für unangemesen und unhaltbar, fordern aber gleichzeitig einen härteren Strafvollzug in Deutschland und die Zulassung von Folter - Wahrscheinlich vor dem Hintergrund, dass man ja selber niemals davon betroffen werden könne. Und unter Ignoranz aller Lektionen, die wir aus der Geschichte hätten lernen können. Wen verwundert es, dass diese Menschen an anderer Stelle zu einem scheinbar völlig anderen Thema schon fast hysterisch mehr Mitgefühl und Menschlichkeit von den sie umgebenden Mitbürgern einfordern?
Wie diese Menschen wohl auf den Gefängnismord in Siegburg reagieren? Ob die hier offengelegten Defizite des deutschen Strafvollzugs auch nur annähernd das Weltbild derjenigen berührt, die eine Rückkehr in den Strafvollzug des Mittelalters fordern?
Manchmal frage ich mich wirklich, ob wir die Freiheiten, die wir genießen, die uns unser Staat garantiert, für die Menschen gestorben sind, überhaupt verdienen. Zunehmend habe ich den Eindruck, dass dem nicht so ist.
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