Papst Benedikt XVI. ist zur Zeit auf Tourne in Süddeutschland. Bei seinem Zwischenstop in Regensburg hielt er in seiner Universität (in der er noch immer als Honorarprofessor geführt wird) eine Ansprache. In dieser Ansprache verkündete er, wie "vernünftig" der Glaube an den christlichen Gott doch sei.
Grob zusammengefasst sagte der Papst, dass sich seit der Aufklärung Wissenschaftler darum bemühen, Gott für die Entstehung von Universum und Welt als "überflüssig" herauszurechnen. Nach Ansicht des Papstes ist das falsch, denn "es geht nicht ohne Gott". Es kommt darauf an, was man an den Anfang "der Welt" setze, so der Papst: "die schöpferische Vernunft, oder das Unvernünftige, das vernunftlos sonderbarerweise einen geordneten Kosmos hervorbringt." Er spielt damit auf die Forschungsergebnisse solch angesehener Wissenschaftler wie z. B. S. Hawking an, der in seiner "Kurzen Geschichte der Zeit" darlegt, warum seiner Meinung nach ein Gott - egal welcher - nicht besonders viel Einfluss auf "die Schöpfung" haben und gehabt haben kann.
Daraus folgt nach Ansicht des Papstes, dass es "vernünftig" ist, an einen Schöpfergott zu glauben. Der muß deshalb - vernünftiger Weise - am Anfang der Evolution stehen. Der Papst folgt allerdings in der Debatte um das sogenannte "intelligent Design" der Kreationisten nicht den Vertretern der Annahme, dass Gott die Welt Stück um Stück geschaffen hat, schon gar nicht in "sieben Tagen". Allerdings lehnt er mit aller Härte die Vorstellung ab, dass die Entwicklung von Kosmos und Leben als Beweis gegen die Existenz Gottes verwendet werden kann.
Die Katholische Kirche versucht sich damit einmal mehr außerhalb der Wissenschaft zu positionieren und sich als zwingende Vorraussetzung ("finale Wahrheit") für alles zu etablieren - ohne sich dabei dem Risiko etwaiger argumentativer Sackgassen ausetzen zu müssen. Die Voraussetzung, dass jede Theorie falsifizierbar sein muss, um eine valide Theorie zu sein, wird damit vom Papst in Bezug auf die Existenz Gottes abgelehnt - Eine wissenschaftliche Diskussion mit der Kirche mithin ausgeschlossen.
Der Papst machte denn auch deutlich, worin er den Unterschied - und die Fortschrittlichkeit und Überlegenheit - des europäischen christlichen Glaubens gegenüber dem Islam sieht: "Gott hat kein Gefallen am Blut, und nicht vernunftgemäß zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider". Nach muslimischer Überzeugung hingegen ist der Wille Gottes an keine menschliche Kategorie gebunden, auch nicht die Vernunft. Der christliche Glaube aber kann nach Überzeugung des Papstes "erkannt" werden. Der Ursprung dieser Erkenntnis wiederum liegt im Glauben. Nach Ansicht des Papstes hat diese Unterscheidung im Glauben "Europa geschaffen und bleibt die Grundlage dessen, was man mit Recht Europa nennen kann".
Daraus folgt für den Papst, dass man den Glauben (an den christlichen Gott) und die Vernunft (aka: die Wissenschaft) nicht als unvereinbare Welten betrachten darf. Das ist nach seiner Überzeugung die "neuzeitliche Selbstbeschränkung der Vernunft" auf das wissenschaftlich Nachweisbare. Selbst in der Theologie wäre diese Tendenz zu beobachten, die sich zunehmend als reine Wissenschaft begreift.
Am Ende dieser Entwicklung bleibt, so der Papst, "vom Christentum nur ein armseliges Fragmentstück übrig". Damit zwingend verbunden wäre allerdings, dass "die eigentlich menschlichen Fragen, die nach unserem Woher und Wohin, die Fragen der Religion und des Ethos" auch auf der Strecke blieben. Es wäre nach seiner Meinung unmöglich, dass diese Fragen (und die Antworten darauf) unter diesen Bedingungen "im Raum der gemeinsamen, von der Wissenschaft umschriebenen Vernunft Platz finden". Deshalb müssten sie "ins Subjektive verlegt werden." Daraus folge zwingend, dass "das subjektive Gewissen zur einzigen Instanz" werden. Religion und Ethos "verfallen der Beliebigkeit". Ein nach überzeugung der Kirche gefährlicher Zustand, denn "was an ethischen Versuchen von den Regeln der Evolution oder von Psychologie und Soziologie her bleibt, reicht nicht aus".
Daraus folgt: Eine Welt ohne einen Gott kann es nicht geben, weil es in einer Welt ohne Gott keine Ethik geben kann, da Ethik und der christliche Gott untrennbar verbunden sind. Daraus folgt allerdings auch, dass jede andere Religion die falsche ist, denn sie kann ja keine Ethik haben. Eine Religion ohne Ethik basiert damit folgilch auf einer amoralischen Kultur. Amoralische Kulturen jedoch sind per Definition "böse" - womit wir dem ehemaligen Großinquisitor argumentatorisch in die Nähe des Aufrufs zu neuen Kreuzzügen gefolgt wären - die allerdings nicht kriegerisch stattfinden dürften, um den Segen der Kirche zu bekommen. Muss ja auch nicht. Aufkaufen geht ja auch!
Wie man sich unterdessen im zum Vergleich zu Europa sehr bibelfesten Amerika die christliche Ausbildung des Nachwuchses in den sogenannten Bibelcamps vorstellt, zeigt er folgende Film:
Mittwoch, 13. September 2006
2 Kommentare:
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Verwegene Thesen, die dieser Vater unserer da vertritt. Wenn auch durchaus in Einklang mit einigen Namhaften Vorgängern, wie z.B. Urban VIII.
AntwortenLöschenBleibt die Frage: Wie kann die Kirche sich immer noch gegen Wissenschaften stellen? Spätestens, als die ersten Blitzableiter auf Gotteshäusern montiert wurden, war doch wohl klar, wie weit überzogener Glaube und Unfehlbarkeitswahn einen wirklich bringt...
Das Erstaunliche ist ja, das es tatsächlich Leute gibt, die diese Aussagen des Ex-Großinquisitors dahingehend deuten, dass sich die Kirche vermehrt den Wissenschaften öffnet und in deren Richtung bewegt...
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