Dienstag, 30. September 2008

Wahlversprechen

Hamburg gilt als einer der Feldversuche für eine mögliche Spielart kommender Bundespolitik: Schwarz-Grün. Immer wieder betonen die Grünen, dass sie sich auf keine "faulen Kompromisse" einlassen werden und den Wahlkampf in Hamburg entschieden sie unter anderem deshalb für sich, weil sie sich energisch gegen Elbvertiefung und Kraftwerksneubau stellten. Der linkslastigen Revolutzerszene Hamburgs kam das sehr entgegen und verschaffte den Grünen genau jene Stimmen, mit denen sie es schafften, Wunschpartner der CDU zu werden.

Und so kam es auch. Die Grünen wurden Koalitionspartner und fortan regierte in Hamburg Schwarz-Grün. Auch weiterhin sollten Ideale grüner Politik hochgehalten werden, sollten keine Ziele verraten, keine Wahlversprechen gebrochen werden. Doch dann kam das Thema "Elbvertiefung" auf den Tisch und mit ihm die Finanz- und Wirtschaftspolitische Realität. Zack, schon war der Widerstand vom Tisch und die Grünen zeigten sich ganz als diejenigen Konservativen, die sie ja auch wirklich sind. Auf den eigenen Wohlstand will man ja schließlich dann doch nicht zugunsten irgendwelcher abstrakten Umweltschutzkonzepte verzichten.

Dann wurde es vergleichsweise ruhig. Bis jetzt, denn jetzt liegt das Thema Kohlekraftwerk Moorburg auf dem Tisch. Genau hier haben die Grünen immer wieder betont, man werde auf keinen Fall zustimmen, denn Atomkraft und Kohlekraft sind nach Lesart dieser Partei das Böse schlechthin. Der Haken an der Sache ist allerdings auch hier wieder die wirtschaftliche Realität. Der Bau wurde bereits von dert Vorgängerregierung genehmigt und begonnen. Wenn diese Genehmigung jetzt widerrufen wird, dürften einige Millionen Euro Schadensersatz fällig werden - zusätzlich zur Frage, ob man stattdessen Atomstrom aus Frankreich oder doch lieber mehr Restlaufzeit für die Meiler in Deutschland will.

Die Grünen werden aller Vorraussicht nach dem Kraftwerk Moorburg zustimmen und damit lieber Kohle aus Russland importieren, als sich dem Vorwurf auszusetzen, die Atomkraft indirekt zu fördern. Alas, die Parteiinterne Debatte darum wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Die Grünen wollen um jeden Preis verhindern, dass der Verrat an der eigenen Basis, am Wähler, publik wird. Niemand soll dabei sein, wenn sich die Granden für ihren "Verrat" rechtfertigen. Erst wenn die Zustimmung zum Bau tatsächlich erteilt wird, nachdem man die Basis hinreichend narkotisiert hat, wird ein "Sonderparteitag" einberufen, bei dem die Öffentlichkeit auch dabei sein darf.

Mir ist es ehrlich gesagt vollkommen egal, welche Lügen und Ammenmärchen die lokale Parteispitze der eigenen Basis im Detail auftischt. Mich interessiert es auch nicht, welche polemischen Entgleisungen dort ausgetauscht werden. Aber eins interessiert mich schon und das sind die Überlebenschancen fantastischer Ideen irgendwelcher Parteien bei Kollision mit der Wirklichkeit realen Lebens und die damit verbundene Glaubwürdigkeit der sie vertretenden Politiker. Gerade da zeigt Hamburg einmal mehr, dass man Hirngespinsten, die Parteien und Politiker so zum Besten geben, egal ob nun alternativer Strom, Enteignung von Privateigentum, Abzug aller Truppen aus Afghanistan oder Freibier für alle, keine Minute glauben darf.

(Quelle: Die Grünen Hamburg)

1 Kommentar:

  1. War doch schon damals bei Rot/Grün auch nicht wirklich anders. Bei Schwarz/Grün ist es halt nur offensichtlicher...

    AntwortenLöschen

Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.