Während sich die Fachleute darüber streiten, ob das "seismische Ereignis" im östlichen Nordkorea nun eine ausgewachsene Explosion eines thermonuklearen Sprengsatzes war oder nicht, geht international die Post ab, wie man Nordkorea denn nun am besten mit irgendwelchen Strafaktionen und Sanktionen überzieht, damit es seine Atombomben nicht mehr weiterentwickelt und das tut, was alle anderen wollen.
Nun ist es ja nicht so, dass Nordkorea ein Land wäre, das völlig unproblematisch ist. Nach außen nahezu vollständig isoliert, im innern eine totalitäre Diktatur. Wirtschaftlich ziemlich verarmt, industriell kaum leistungsfähig und auf einem Stand der in etwa mit unseren 1960er Jahren vergleichbar ist. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Nordkorea "bettelarm" ist.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es überaus bemerkenswert, dass dieses Land überhaupt so weit gekommen ist und sich nicht nur die Technik zur Nutzbarmachung der Kernenergie aneignen konnte, sondern auch Atombomben und Trägerraketen dazu bauen konnte. Im starken Kontrast dazu steht allerdings, unter welchen Bedingungen diese ""Erfolge" offenbar erzielt wurden: Nordkorea gehört zu den Ländern, in denen Menschenrechte nicht viel zählen.
Pressefreiheit gibt es dort nicht und alle Medien sind in staatlicher Hand. Ebenso gibt es weder Versammlungsfreiheit noch Meinungsfreiheit. Kritik an der Führung des Landes ist verboten und stellt eine Straftat dar. Der Staat schreibt Wohnort, Ausbildung und Beruf vor. Ähnlich wie in Zeiten der DDR ist es den Bürgern verboten, das Land zu verlassen. Aufgegriffene Flüchtlinge werden nicht selten gefoltert und öffentlich hingerichtet.
Wie soll man einem solchen Staat begegnen, dessen erlklärtes Ziel die Wiedervereinigung mit Südkorea unter der Vorherrschaft Nordkoreas ist? Wie soll man international mit diesem Staat umgehen, der keine Hemmungen davor hat, internationale Sanktionen in erster Linie zulasten des eigenen Volkes zu kompensieren?
Interventionen in Nordkorea sind ein heikles Unterfangen. Nicht nur ist das Land bis an die Zähne bewaffnet, sondern auch chemische und biologische Kriegsführung gehört ausdrücklich zur Doktrin der Armee. Dazu kommt, dass es zwischen Nordkorea und China enge Bindungen gibt und auch die Beziehungen zu Russland nicht unbedingt die schlechtesten sind. China und Russland wiederum sind gerne erklärte Gegenspieler der USA auf dem internationalen Parket der Politik. Wenn die USA militärisch in Nordkorea eingreifen, dürfte es mit Sicherheit gewaltigen Stress im Pazifikraum geben und eine Eskalation weit über die Grenzen Nordkoreas hinaus wäre mehr als nur "wahrscheinlich".
Der Versuch das Land vollständig zu isolieren führte in den 1990er Jahren zu einer kolossalen humanitären Katastrophe, in deren Folge 2,5 Millionen Menschen (rund 10% der Bevölkerung) verhungert sein sollen. Auch heute noch sollen acht Millionen Menschen an Unterernährung leiden.
Der Versuch, die Situation zwischen Nord- und Südkorea zu normalisieren, zeigte im Jahr 2000 und auch danach einige bemerkenswerte Fortschritte, die jedoch durch das Atomwaffenprogramm nachhaltig gestört wurden. Andererseits ist nicht völlig unverständlich, dass das Regime in Nordkorea eine adäquate Erwiderung auf die Androhung der USA in der Hand haben möchte, das Land ähnlich Afghanistan und dem Irak militärisch zu "befreien".
Ich bin sehr gespannt, wie sich die internationale Staatengemeinschaft mit dem Problem auseinander setzen wird, welche "Maßnahmen" ergriffen werden und wie Nordkorea auf all das reagieren wird. Zwar rechne ich nicht damit, dass Nordkorea aus dem Stand heraus einen Krieg beginnen wird, aber das wird auch gar nicht nötig sein, denn ein ausgewachsener Krieg in der Region ist für die technologisch von Asien abhängige westliche Welt das allerletzte, was man wollen könnte.
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