Der Stern veröffentlichte heute Zahlen einer repräsentativen Umfrage unter 501 in Deutschland lebenden, türkischen Moslems ab 14 Jahren, die Anfang September 2006 durchgeführt wurde. Interessant sind die Ergebnisse auf einzelne Fragen, wie zum Beispiel:
"Passen die Regeln des Islam mit den Regeln der deutschen Gesellschaft überein?" 46% antworteten mit "nein", 52% mit "ja", 2% mit "weiß nicht". Immerhin 12% der Befragten bezeichneten sich als "strenggläubig" und weitere 76% als "gläubig". Nur 12% sagten von sich selber, dass sie "nicht so gläubig" wären. Mit immerhin 68% der Befragten lehnte eine deutliche Mehrheit eine Sonderform, den "deutschen Islam" ab. Ergo: Das bedeutet, dass fast die Hälfte aller in Deutschland lebenden türkischen Moslems die Regeln unserer Gesellschaft akzeptiert, aber die andere Hälfte aber wohl eher nicht. Das deckt sich mit dem Ergebnis, dass 31% nach "weitgehend" den Regeln des Islam leben und weitere 51% "teilweise".
Besonders nachdenklich macht, dass nur 8% aller befragten die USA als "Freund" sehen. 60% nannten die USA ganz klar "Feind", weitere 26% mochten sich nicht entscheiden. In Anbetracht der sehr engen Bindung Deutschlands an die USA ergeben sich hier für die Zukunft doch einige Fragen, zumal dann, wenn man die Skepsis in Bezug auf das deutsche Gesellschaftssystem mit einbezieht. Immerhin ist die Selbstkritik der Befragten sehr ausgeprägt. 45% der Befragten gaben an, dass sich das Verhältnis zu anderen Bevölkerungsgruppen verschlechtert in den letzten Jahren habe. 25% sahen eine Verbesserung und 26% sahen keine Veränderung. Interessant wäre hier die Frage, an wem das denn wohl liegen mag, dass nur ein Viertel der Befragten eine Verbesserung des Verhältnisses zu "anderen" sieht.
Als Ursache für gewaltsame Auseinandersetzungen sehen 76% politische und soziale Probleme. Nur 18% aller Befragten attestieren religiöse Gründe. Allerdings sieht das in der Gruppe der 14 bis 19jährigen etwas anders aus. Fast ein Drittel, nämlich 32% der Befragten dieser Altersgruppe gaben religiöse Gründe als Ursache gewaltsamer Auseinandersetzungen an. Trotzdem fühlen sich ungefähr drei von vier befragten als Moslems in Deutschland akzeptiert und wollen lieber hier leben als in der Türkei oder anderswo. Folgt daraus, dass Deutschland wohl schon ganz toll ist, nur für die nachwachsenden Generationen nicht moslemisch genug?
Erstaunlich fand ich allerdings, dass 80% der Befragten der Meinung sind, dass auch Nicht-Moslems Moslems heriaten dürfen sollten, dass über die Hälfte der Befragten die SPD wählen würden (30% jedoch unentschlossen sind) und immerhin 78% der Befragten das Christentum als "friedliebende Religion" betrachten - dem Judentum gestehen nur 45% diese Eigenschaft zu und 35% lehnen sie für das Judentum rundheraus ab.
Diese Zahlen erklären einige Probleme, insbesondere mit jüngeren, türkischen Moslems in Deutschland. Es sieht sehr danach aus, als lebten türkische Moslems in Deutschland in einer selbstgewählten Subkultur oder Parallelgesellschaft, die weder die Regeln der vorherrschenden Gastgebergesellschaft wirklich akzeptiert, noch dazu bereit ist, die Religion den Regeln der Mehrheit unterzuordnen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass hier einiger sozialer Sprengstoff verborgen ist.
Mittwoch, 11. Oktober 2006
2 Kommentare:
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