Japan ist anders. Völlig anders. Nicht einfach so anders, wie zum Beispiel meine Nachbarn über mir "anders" sind. (Ja, sie haben im Prinzip schon was gegen das Problem mit dem Bett getan, aber dafür haben sie jetzt auch noch einen Hund, aber das ist ein anderes Thema.) Japaner sind so völlig anders, dass mir einfach die Vergleiche und Maßstäbe ausgehen. Aber dafür finden sich ja ganz alltägliche Dinge, die in Japan wohl irgendwie völlig normal sind, die zumindest mir zeigen wie sehr Japaner anders sein müssen.
Die meisten von uns werden Bilder überfüllter japanischer U-Bahnen vor Augen haben, in die Bedienstete der Bahngesellschaft weitere Fahrgäste mit höflicher Gewalt hineinpressen. Oder auch so andere uns völlig unerklärliche Dinge, wie zum Beispiel diese Sache mit dem rohen Fisch. Nicht etwa das, was wir uns hier als Sushi andrehen lassen, sondern wirklich frischer Fisch. Auch in Sachen Hutmode... aber das hatten wir ja schon.
In Japan ist es zwingend notwendig ein Handy zu besitzen. Ohne Handy keine soziale Interaktion. Nicht so wie hier, wo das Handy bei den Kids den Gettoblaster ersetzt und beim Erwachsenen zunehmend die Rolle des Auto- (und damit auch Schlafzimmer-) -Schlüssels übernimmt: Je kostspieliger, desto poppen! (Und ich wundere mich über Japan?!), sondern so richtig als Schlüssel zu jeglichem zwischenmenschlichen Kontakt. Ohne Handy geht da gar nichts. Hinzu kommt: In Japan hat man uns irgendwie eigenartig erscheinende Umgangsformen. Also noch eigenartiger, als unsere eigenen Landsleute sie an den Tag legen - so unglaublich das auch klingt.
Es gehört sich für Japaner einfach nicht, das Gegenüber zu konfrontieren. Während hier bei uns schon ein gedankenverlorener Blick je nach Gegend mit einem höflichen "Ey was guckst Du? Aufs Maul Oder was?" beantwortet werden kann, ist soetwas in Japan völlig undenkbar. Das Gesicht wahren und so. Dementsprechend gibt es dort auch ein für uns völlig unvorstellbares Massenproblem, nämlich das angegrabbelt werden. Besonders in U-Bahnen (siehe oben). Besonders Frauen sind da etwas in Zugzwang und deshalb haben findige Leute dieses Problem und das Handy miteinander kombiniert.
In Japan ist die sogenannte "Anti-Groping Appli" der Spitzenreiter der Downloadcharts für Handyprogramme. Dieses Programm enthält vorbereitete Textnachrichten, die durch drücken einer vorher definierten Taste oder eines Icons auf dem Display angezeigt werden. Gleichzeitig wird ein akkustischer Alarm ausgelöst, der mit jedem weiteren Aufruf lauter und eindringlicher wird. Zunächst wird höflich angefragt: "Entschuldigung, haben sie mich gerade angegrabscht?" Dem folgt ein schon etwas deutlicheres "Grabschen ist eine Straftat!" und schließlich - wenn gar nichts mehr hilft - ein überdeutliches: "Sollen wir zur Polizei gehen?"
Ich weiss ja jetzt nicht genau wie bedrohlich solche Texte in Japanisch sind, aber man stelle sich die Situation in der Praxis vor: Der lüsterne Grabscher erkundet beidhändig das Terrain der Begierde und sie hält ihm ein Handy vors Gesicht? Und das soll helfen!? Ich würd da ja eher zu handfesten Maßnahmen greifen, aber wie gesagt: Japan.
Davon aber ganz ab: Während unsere amerikanischen Freunde uns mit besonders lebensechten Imitaten weiblicher Körper beglücken und das mehr oder minder für das Ende der Fahnenstange halten, geht der Japaner die Sache nicht nur mit sehr viel mehr Überzeugung an, sondern treibt das mit dem "lebensecht" in zumindest mir bislang völlig unvorstellbare Dimensionen.
Der Hersteller von sehr speziellen Gummipuppen namens Orient Doll veranstaltet einen Fotowettbewerb, wer denn wohl das beste und lebensechteste Foto von seinem "Candy Girl" macht. Dem Hauptgewinner winken umgerechnet 1.200 Euro, weiteren acht Gewinnern jeweils 600 Euro. Letztes Jahr gewann diesen Preis ein Foto von einer Gummipuppe, die aussah, als sei sie gerade nassgeregnet worden...
Es überrascht jetzt wahrscheinlich niemanden, wenn ich noch nachschiebe, dass man sich in Japan solche Puppen mieten kann, oder? Stundenweise. Für 5.000 Yen (30 Euro), inklusive Lieferung an die Haustür und Abholung. Oder 35.000 Yen (215 Euro) für das ganze Wochenende. Und wer jetzt sein Spielzeug nicht bei sich zu Hause rumliegen haben möchte, der kann auch gleich ein spezielles Spielzimmer dazu mieten. Kostet auch nur 9.000 Yen (55 Euro) pro Stunde.
(Quelle: ABC News, Orient Doll)
Freitag, 26. Oktober 2007
1 Kommentar:
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