Mittwoch, 24. Januar 2007

Erfahrungen mit einer Kamera (1)

Fotograf - Adger mit KameraAls ich vor Weihnachten den Entschluß fasste, das eine, völlig erfolglose Hobby - Frauen - gegen das andere, wenigstens Spass versprechende Hobby - fotografieren - einzutauschen, erklärten mich nicht wenige für bekloppt. Jetzt, fast anderthalb Monate später, ist der erste Hype verflogen. Was habe ich gelernt?

Rein technisch formuliert habe ich eine Menge gelernt über Bilder und wie man sie macht. Das ist aber ungefähr so aufregend und bedeutend, wie das Erlernen des rückwärts Einparkens: es gehört einfach dazu. Viel wichtiger sind andere Erkenntnisse, die sich mir in dieser Zeit erschlossen haben. Und das sind eine Menge.

Eine Kamera ist eine Waffe. Nicht nur, dass man mit dem Boliden durch seine schiere Masse fast jedes Gegenüber durch einen gezielten Schwung aus dem Weg räumen kann. Die Hightech-Keule aus dem fernen Nippon ist für manche Menschen eine größere Bedrohung, als der mit Vollgas frontal herannahende 30Tonner. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, ob das Gerät an oder ausgeschaltet ist, ob das Objektiv auch nur annähernd in ihre Richtung zeigt, geschweige denn der Deckel vom Objektiv runter ist. Alleine die Anwesenheit der Technik verursacht bei manchen Gehirnstarre.

Das Bemerkenswerte daran: Es sind ausgerechnet Frauen, die sich aufregen, als ginge es um den Bestand des christlichen Abendlandes. Wahrscheinlich ahnen sie, was der Grund für die Existenz dieses Gerätes in meinem Besitz ist. Sie wissen instinktiv, dass sie gegen diese Mitbewerberin gar keine Chance haben, denn mit einer Kamera kann Mann so viele Frauen kriegen und mit nach Hause nehmen, wie auf den Chip passen. Und das geile daran ist, dass es nicht wenige Frauen gibt, die nur auf eine Kamera warten, um sich in Brust und Positur zu werfen.

Dann gibt es allerdings auch das andere Extrem, dass es quasi als "helige Pflicht des Kamerabesitzers" ansieht, alles zu fotografieren, was fotografiert werden will. Meine Verblüffung war nicht eben gering als ich das erste - weibliche, erraten - Exemplar dieser Spezies erlebte. Merke: Nicht der Fotograf entscheidet, was er fotografieren will, sondern der Rest der Welt entscheidet, was er zu fotografieren hat, denn frei ist immer nur der Wille der anderen.

Auch sehr amüsant sind Altvordere, die sich zum Wächter von Nachbarschaft, Tugend, Recht und Ordnung aufschwingen und über das Wohl und Wehe ganzer Straßenzüge wachen. Die Erinnerung an den sehr viel älteren Herren, der vehement eine Lizenz zu sehen verlangte, die mich zum Fotografieren einer Blume am Straßenrand berechtigte, hätte wahrscheinlich das Zeug zum Evergreen der lokalen Polizeiwache gehabt. Leider kam es nicht dazu, denn er hatte kein Handy dabei und mein Angebot doch eben an seiner Stelle die Polizei anzurufen hielt er wohl für unsittlich und suchte stattdessen das Weite. Merke: Erlaubt ist, was Du auf irgendwelchen amtlich aussehenden Zetteln stehen hast.

Nur vermeintlich "toll" an einer Kamera ist die Aufmerksamkeit, die man damit auslöst. Hat man einmal den Schritt gewagt und seine treue Einfachkamera gegen ein komplexes und anspruchsvolles Gerät aus semiprofessioneller Liga eingetauscht, kann man sich sofort einer Menge Aufmerksamkeit sicher sein, sobald Mann selbige Technik gassi führt. Besonders andere Männer reagieren interessant. Die, die eine Frau dabei haben und die Kamera bemerken, reagieren eifersüchtig. Es blieb allerdings bislang offen, ob sie eifersüchtig darüber wachen, dass das Weibchen an der eigenen Seite nicht etwa "wegfotografiert" wird oder ob sie eventuell eifersüchtig herbeisehnen, eben jenes Weibchen an der Seite gegen eine solche Kamera einzutauschen. Ich tippe auf Letzteres.

Digicam RitschRatschKlickSolche Männer, die entweder alleine herumstreunen oder aber gerade von ihren einkaufenden Besitzerinnen zwischengeparkt wurden, zeigen sich gerne neugierig. Es ist Technik und Technik spricht immer die niedersten Instinkte eines Mannes der westlichen Zivilisation an. Sie unterscheiden sich in zwei Gattungen: Die einen lassen vernehmen "ich hab auch so eine". Man lernt schnell, dass man es hier meistens mit dem Besitzer einer Hosentaschenhandyknipse zu tun hat, die mit ganz viel Glück mal Bilder macht, denen andere nicht nur aus Höflichkeit Lob und Anerkennung zollen. Früher hatten solche Leute einen Diaprojektor zu Hause und waren das Grauen insbesondere der jüngeren Verwandtschaft.

Es gibt allerdings auch solche, die fragen nach: "Welche ist das?" Das sind meistens jene, die schon Ahnung vom Thema haben und gerne kommt man mit denen ins Gespräch, wenn sich denn herausstellt, dass sie wirklich über das Fotografieren sprechen wollen und nicht etwa über die Probleme mit der eigenen Frau. Schließlich hat man sich doch genau deshalb eine Kamera zugelegt, damit man eben solche Probleme nicht hat.

Dankbar ist man für jene, die versuchen, dem Fotografen nicht auf die Nerven und ins Bild zu latschen. Solche Menschen sind ihr Gewicht in Gold wert und nicht ohne Grund würde jeder Fotograf für diese Menschen alles tun - wenn dadurch die Anzahl der anderen deutlich dezimiert würde. Leider ist ja der Einsatz schwerer Waffen nicht ganz unproblematisch, weswegen man sich unter anderem ja auch auf die Methode Kamera besonnen hat.

Man wird schon ein wenig zum Einsiedler, zum Außenseiter, sobald man die Kamera dabei hat. Aber irgendwie sind das Paare doch auch. Die wollen auch "unter sich" bleiben, wollen nicht, dass alle Welt angelatscht kommt und "auch mal anfassen" will. Das hat allerdings auch seine Vorteile, denn irgendwie baut sich eine dichte Aura um den Fotografen herum auf, sobald er die Kamera im Anschlag hat. Selbst im dichtesten Gedränge des Weihnachtsmarktes hat man urplötzlich genug Platz, um sogar einen Lkw darauf zu wenden. Alles, was man dazu tun muss, ist die Technik möglichst prominent mitten im Gewühl in Stellung zu bringen. Den Rest erledigen die Leute von selber - siehe oben.

Trotzdem gibt es immer wieder Zweifler, die Diskussionen beginnen wollen. Ob eine Kamera denn nicht viel zu teuer sei. Und dass eine Kamera doch keine Beziehung ersetzen kann. Und überhaupt sei die ja viel zu unhandlich. Dem halte ich ein paar Dinge entgegen. Eine Frau erfolgreich zur "Lebensabschnittsgefährtin" zu machen, kostet in etwa so viel, wie ein Mittelklasseobjektiv. Sie als Lebensabschnittsgefährtin zu erhalten, erreicht schnell finanzielle Dimensionen einer fotografischen Grundausstattung. Inklusive Filter und diverser Tragebehältnisse. Und was das "unhandlich" angeht: Erkläre mal Deiner Frau, dass Du jetzt gerade null Bock auf Debatte hast und stell sie in den Schrank. Wollen wir wetten, dass Dein Leben für die dem folgenden Tage ziemlich interessant ist?

Davon aber ganz abgesehen gibt es ein Argument, dem man sich einfach nicht verschließen kann. Beziehungen zwischen Menschen sind Quelle der schlimmsten Katastrophen und Probleme. Kriege wurden vom Zaun gebrochen, weil irgendjemand seine Hormone nicht im Griff hatte und stattdessen irgendeiner Ische hinterhergeifern musste. Auch die moderne Forschung belegt dramatisches, wie die Welt heute schreibt:

Wer Opfer von Gewalt werden will, sollte eine Familie gruenden - Die Welt
Wäre es da nicht besser, mehr Menschen würden sich stattdessen eine Kamera zulegen?

3 Kommentare:

  1. Endlich einmal ein lesenswerter Blog ohne Defizite in Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion. Vielen Dank aus Österreich!

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