Donnerstag, 9. November 2006

Pisa-Studie

Ranzen mit KeuleIn Sachen Schulsystem und Bildung hat Deutschland in den vergangenen Jahren ziemlich herbe Kritik einstecken müssen. Besonders die Pisa-Studien haben den Kritikern des irgendwie ziemlich marode erscheinenden Bildungssystems Oberwasser gegeben und zu vielen Diskussionen geführt. Jetzt - so scheint es - wird zurückgeschossen. Nach nur fünf Jahren greifen neun Wissenschaftler die Pisa-Studien hart an. Unter dem Titel "Pisa und Co. Kritik eines Programms" veröffentlichten sie ihre These, die im Kern nicht nur Methoden und Verfahrensfehler der Pisa-Studie kritisiert, sondern vor allem bemängelt, dass der Pisa-Test einen Prozess der intellektuellen Verarmung und geistigen Enge einleitet, weil die Bildung auf ein Mittelmaß standardisiert werde.

Die OECD, von der die Pisa-Studie durchgeführt und ausgewertet wird, wehrt sich massiv gegen die Kritik. Der Leiter der deutschen Pisa-Tests, Manfred Prenzel vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel, bezeichnet den Vorwurf, dass in der Datenauswertung schwerwiegende Fehler enthalten sein, die die Studie insgesamt wertlos machen, offen als "Blödsinn". Auch den Vorwurf, dass man die größten Geldgeber der Studie nicht vor den Kopf stoßen wollte, obwohl sie die Erhebungsquote von 85% nicht eingehalten hätten, lässt man in der OECD nicht gelten. Zwar liege diese Quote in Deutschland bei 98,8 Prozent und in den USA bei nur 68,1 Prozent, aber das habe die OECD berücksichtigt.

Bei Ländern, die die angestrebte 85-Prozent-Quote nicht erreichten, sei mit einer so genannten Bias-Analyse berechnet worden, inwieweit die Zahlen das Ergebnis beeinflussten. Dies sei zum Beispiel bei England im Pisa-Test 2003 oder den Niederlanden im Jahr 2000 der Fall gewesen - und deshalb seien diese Länder auch nicht in der Auswertung aufgetaucht.

Insgesamt streitet man sich auf höchstem Niveau um ein Thema, das so recht niemanden mehr interessiert. Sicher, es war gut gezeigt zu bekommen, dass unsere Bildung, auf die wir uns so unglaublich viel einbilden im internationalen Vergleich, lange nicht so toll abschneidet, wie wir das immer geglaubt haben. Ob aber das Pimmelfechten um die Studie an sich auch nur einen einzigen Lehrer mehr an die Schulen bringt, die trotz bekannten Lehrkräftemangels Stellen abbauen und Personal einsparen, wo sie nur können, darf bezweifelt werden.

Es ist mehr als fraglich, was denn dieser Streit überhaupt erreichen soll. Weder richtet er sich an die Ursachen noch benennt er klare Gegenmaßnahmen, die das Abschneiden insgesamt verbessern. Letztenendes ist es doch völlig egal, ob man nun auf Platz 19 oder Platz 15 oder Platz 25 von 45 Plätzen landet. Mittelfeld ist Mittelfeld und nicht Spitzengruppe und genau darauf kommt es an.

(Quelle: Spiegel)

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