Samstag, 8. April 2006

Basisdemokratie?

FussballWarum haben wir Deutsche eigentlich so ein eklatantes Problem mit Entscheidungen?

Man sagt, dass man den Zustand einer Gesellschaft an den Vergnügungen ablesen kann, die sie bevorzugt. Fußball gehört wohl ohne Zweifel in Deutschland zu den populärsten Massenvergnügungen, denen die Deutschen nachgehen. Sei es nun als Zuschauer am Fernseher oder im Stadion oder sogar als "Aktiver" auf der Wiese, dem Parkplatz oder richtig professionell im Verein. Mehr als nur eine Branche lebt inzwischen von den begeisterten Fans. Fußball ist also auch ein Wirtschaftsfaktor.

Das ließe sich sicherlich noch viel weiter ausbreiten, aber bei all dem, was dabei am Ende herauskäme, würde mit ziemlicher Sicherheit ein Begriff fehlen: Basisdemokratie. Fußball hat mit Demokratie ungefähr so viel zu tun, wie die Wüste Sahara mit dem Fall der Mauer, nämlich nichts. Da wird nicht per Mehrheitsbeschluss darüber abgestimmt wer gewinnt oder verliert. Beim Fußball geht es in jeder Hinsicht um Leistung, um "den Besten". Den besten Verein, besten Spieler, besten Manager, besten Trainer, das beste Stadion, die besten Verträge und so weiter. Da gibt es Ligen mit Rangfolgen und ganz am Ende gibt es die Nationalmannschaft. Vom Verständnis her "eine Auswahl der Besten".

Juergen KlinsmannDie wiederum wird von jemandem geleitet (in der Fachsprache sagt man glaube ich "trainiert"), von dem wohl irgendjemand anderes glaubt, dass der das könne. Genauer: Der DFB (Deutscher Fußball Bund) hat irgendwann den Herrn Klinsmann zum Bundestrainer gemacht. Als solcher muss er Entscheidungen treffen - und das tut er auch. Nur auf einmal sieht sich alle Welt berufen ein Mitspracherecht einzufordern und an diesen Entscheidungen mitzudiskutieren. Sogar die Entscheider anderer Mannschaften plustern sich medienwirksam auf und verbreiten ihre Ansicht zu diesen oder jenen Entscheidungen, wohl in der Hoffnung, dass diese Ansicht doch wenigstens jetzt Einfluss auf die Entscheidung hätte.

Ich versteh das nicht: Da ist etwas streng nach Leistung strukturiert. Irgendjemand wird Chef und handelt als solcher und dann werden die Entscheidungen zerredet? Wenn der als Chef so schlecht ist, dann schmeisst ihn doch raus! Scheinbar laufen ja genug Leute herum auf dieser Welt, die diesen Job machen wollen und auch können. Dann mal ran hier, die Herren Beckenbauer, Matthäus oder wie sie alle heißen. Macht ihr doch den Job. Oder die Herren von der Bildzeitung. Oder wer sonst noch so seine hochprofessionelle Fachkompetenz lauthals in die Welt rausposaunt. Oder ist der Posten nicht gut genug bezahlt? Zu wenig Prestige? Lohnt es sich nicht mehr, die Besten der Besten zu trainieren? Muss man sich dafür schämen?

Nein?

Dann hört gefälligst auf Debatten um gefällte Entscheidungen zu führen. Macht es besser oder haltet die Klappe. Diese ewigen Debatten um der Debatte willen. Dieses Diskutieren, nur um zu diskutieren. Nicht etwa um Inhalte, nein, über Diskussionen wird diskutiert, und wenn man da am Ende ist, dann fängt man wieder von vorne an und wenn einem gar nichts mehr einfällt, dann erklärt man seinen gerade zu Tode diskutierten Standpunkt als unwiderlegt und das Ganze geht von vorne los.

Was mich aber wirklich verblüfft: Da, wo öffentliche Diskussionen wirklich etwas bewegen könnten, da, wo es sich lohnt den Mund aufzumachen, da traut sich keiner was zu sagen. Stichwort: Novelle des Kündigungsschutzes, des Urheberrechtes, des Gesundheitssystems, Einsatz der Bundeswehr im Inland... zu all diesen Theman sagen die Deutschen überwiegend nichts.

Naja, sieht man sich an, was wir teilweise zu anderen Themen sagen, könnte das vielleicht auch so das Beste sein.

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