Montag, 9. Oktober 2006

Flugzeug per Post

Airbus A380Für EADS entwickelt sich Airbus zunehmend zu einem einzigen Desaster. Wohl kein anderes Produkt auf der Welt wird so sehr von der Politik beeinflusst, wie die Flugzeuge dieses europäischen Rüstungskonzerns. Man muss sich vor Augen halten, dass Flugzeuge komplett mehrfach reihum kreuz und quer durch Europa verfachtet werden. Hier werden ein paar Teile montiert, da wird was geschraubt... Jedenfalls ist ein paar Leuten aufgefallen, dass Airbus irgendwie total unwirtschaftlich arbeitet. Genug Leute haben die Frage gestellt, ob es denn nicht besser ginge.

In der jüngeren Vergangenheit hat der Konzern mehr Manager an der Spitze verbraucht, als andere Unternehmen in ihrer ganzen Firmentradition. Jetzt streicht, nach nur drei Monaten im Amt, Christian Streiff die Segel. Sein Nachfolger soll EADS-Ko-Chef Louis Gallois werden. Er ist damit in ungefähr einem Jahr der vierte Chef an der Airbusspitze, der sich mit Politikern herumschlagen darf, die meinen, sie könnten Flugzeuge bauen.

In der Zwischenzeit reibt man sich bei Boeing die Hände und wartet ab, bis auch der letzte begriffen hat, dass die Europäer einfach die falschen Partner für solch ein Produkt sind. Man hätte ja aus dem Debakel mit dem Verkauf des Transrapid oder der Idee mit den Luftschiffen lernen können, aber nein, das ist zu viel verlangt. Jeder Staat mit Anteilen ist der Meinung, dass ausgerechnet in seinem Land die Produktion des Flugzeugs stattfinden muss. Völlig egal, ob das wirtschaftlich sinnvoll oder technologisch überhaupt machbar ist, völlig egal, ob die Produktionsqualität und Leistungsfähigkeit der Standorte auch nur im Entferntesten ein solches Produkt realistisch "machbar" erscheinen lassen.

Das Resultat? Ein Flugzeug, dass zwar auf dem Papier eine tolle Erfindung ist, dessen Fertigstellung und Verkauf aber wohl abgesehen von einigen Prototypen, mehr und mehr unwahrascheinlich erscheint. Es erstaunt mich, dass die Kunden, die diesem Hickhack am grünen Tisch zusehen, noch nicht die Notbremse gezogen haben und entweder beim Mitbewerber Boeing oder bei den Russen bestellt haben. Vermutlich ist das nur zu verstehen, wenn man die politischen Verflechtungen kennt. Ich möchte wirklich nicht wissen, was den Kunden alles an Konzessionen hinterhergeworfen wird, nur damit sie bloss ihre Bestellung nicht widerrufen.

Es kann mir keiner erzählen, dass bei einem Produkt von 200 bis 300 Millionen Euro Stückpreis der Käufer nicht sehr genau beobachtet, was der Hersteller so treibt und wie er sich benimmt. Immerhin muss so ein Vogel später auch gewartet werden, es müssen Ersatzteile beschafft weren und so weiter. Wenn bei der Herstellung schon so ziemlich alles schief geht, was nur schief gehen kann, wäre zumindest ich sehr skeptisch, wie das denn erst werden soll, wenn ich mit dem Produkt mal echte Probleme habe. Ich meine, was soll man denken, wenn die Verkabelung nicht passt? Kann da jemand nicht mit dem Maßband umgehen oder was? Und die Triebwerke werden auch Pi mal Daumen zusammengefrickelt oder wie?

Insgesamt ein echtes Debakel, das mal wieder zeigt, dass Politiker keine Sachkompetenz haben, von Ahnung gar nicht zu sprechen, aber trotzdem mitbestimmen, wie so ein Flugzeug gebaut werden muss. Europa ist ein Gewirr aus vielen einzelnen Staaten mit sehr unterschiedlichen, egozentrischen Interessen. In diesem Chaos etwas in dieser Größenordnung am Grünen Tisch zu planen und als "das europäische Vorzeigeprojekt" international verkaufen zu wollen, ist nicht nur sehr optimistisch, sondern es könnte sich auch bald als fataler Fehler erweisen, wenn nicht langsam mal ein paar vernünftige Entscheidungen getroffen werden.

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