Donnerstag, 4. März 2010

Zielgruppenpolitik

Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet, dass CDU/CSU und FDP ein Gesetz schaffen wollen, dass es dem Staat zukünftig verbieten soll, sogenannte "Steuersünder CDs" zu kaufen. Seine Argumentation:
"Ein Rechtsstaat darf den Handel mit entwendeten Daten nicht anheizen, indem er Millionen an Kriminelle zahlt."
Siegfried Kauder (CDU)
Dieser Forderung schloss sich die FDP direkt an. Kauder will deshalb einen Gesetzentwurf vorlegen, "der dem Ankauf von Steuersünder-Daten einen Riegel vorschiebt". Hintergrund dürfte die gestrige Erklärung der Bundesregierung im Finanzausschuss gewesen sein, nachdem durch die dem Staat angebotenen Informationen einige hundert Fälle von Steuervergehen aufzeigen. Die Regierung sagte auch, dass die Prüfung der Angebote besondere Sorgfalt erfordert, da es inzwischen eine Menge Trittbrettfahrer gäbe.

Allerdings, und das betont die Regierung besonders, seien die durch diese Informationen zu erwartenden Steuereinnahmen um ein Vielfaches höher als die Kosten für den Ankauf. Auch seien die Informationen "von Amts wegen" zu prüfen - immerhin geht es um Straftatbestände und es gibt tatsächlich so etwas wie einen Ermittlungszwang für die Behörden.

Was also mag das Motiv sein, wenn plötzlich jemand aus derjenigen Partei, die sich recht unverhohlen über das Mehr an Steuereinnahmen freut jetzt fordert, dass dieser Praxis mit einem Verbot Einhalt geboten wird? Ich vermute, dass es mit den jetzt in den Handel gekommenen Daten einige nicht unwichtige Persönlichkeiten "erwischt" hat, die sich jetzt über den gerade bei der CDU für vergleichsweise wenig Geld käuflich erwerbbaren kurzen Draht bei ihren Politikern bitterlich beschweren (Wir erinnern uns? Ein persönliches Gespräch gibt es schon für wenige tausend Euro.) Diese Vermutung wird dadurch getragen, dass es bei denjenigen, die von dem Handel betroffenen Steuersündern ja nicht eben um eine Klientel mit wenig Geld geht, was wiederum meistens die Wählerschaft von Union und FDP ist. Wer würde sonst von diesem Verbot profitieren, wenn nicht die, die es sich leisten können, viel Geld beiseite zu schaffen? Hartz IV-Empfänger haben wohl eher selten Konten in der Schweiz oder auf den Bahamas.

Genau diese Überlegung zeigt auf, dass es hier um Protektion geht: Nach dem Urteil über die Vorratsdatenspeicherung, das ja gerade das Verdächtigen aller ohne Anlass kritisiert, zeigten sich gerade die Vertreter der CDU ziemlich verschnupft und wollen "zügig" eine weitere Vorratsdatenspeicherung. Nach Möglichkeit natürlich wieder von allen, mit dem Argument, dass nur so bestimmte Straftaten überhaupt aufzuklären sein. Da stelle ich ganz provokant die Frage, wie denn Steuervergehen aufgeklärt werden sollen, wenn nicht durch Informationen? Die Daten haben sich bewährt, das hat die Regierung selber zugegeben. Die Vorratsdatenspeicherung jedoch betrifft die "Kunden" von Union und FDP wohl eher weniger, was sich immer wieder sehr schön am in der Öffentlichkeit vorgetragenen Verständnis des Internet und seiner Benutzer ablesen lässt...

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