Dienstag, 27. Mai 2008

Schuldzuweisung

ArbeitsamtWenn es darum geht, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, sind Politiker ja ganz weit vorne dabei. Meistens ist das dann ganz großes Kino. Die richtig fantatsischen Grotesken erlebt man aber erst mit, wenn man anfängt darüber nachzudenken, was die Politiker da eigentlich sagen. Und da hat unsere Tante Angie, ihres Zeichens Bundeskanzlerin, einen ganz großen Wurf gelandet.

Bei einem Infrastrukturkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin redete sie lange und ausschweifend über den Zustand der Straßen und wie sehr diese verstaatlichte Stellfläche mobilisierter Unternehmen überlastet wären und so weiter und so fort. 102 Milliarden Euro verballern wir jedes Jahr im Stau, weist eine Studie des BDI nach. Und Tante Angie streitet das gar nicht ab, im Gegenteil.

Freimütig gibt sie zu, dass die Verkehrswege in Deutschland seit den 1990er Jahren unterfinanziert sind. Aber nicht etwa der chronisch verschwendungssüchtige Staat oder die immer mehr ihre festen Lager auf den Lkw und damit die Straße verlagernden Unternehmen sind schuld. Wo denken wir nur hin? Nein, es sind die Arbeitslosen! Die Arbeitslosen sind Schuld am Zustand unserer Straßen. Tante Angie verpackte das natürlich etwas freundlicher. Sie sagte, dass der Staat erst wieder "größere Spielräume für Investitionen" haben werde, wenn die Langzeitarbeitslosigkeit abgebaut ist.

Wenn wir also das nächste Mal wieder in irgendeinem Stau stehen oder uns das Fahrzeug an irgendeinem Schlagloch randalieren oder uns sonst irgendetwas an diesem Staat stört, dann sollten wir nicht auf den Staat oder die Politiker schimpfen, denn die können nichts dafür. Stattdessen sollten wir uns an die wahren Schuldigen wenden, die uns überhaupt erst in diese Misere hineingebracht haben! Jawollja! Hängt sie höher!

Ach, und natürlich brachte unsere Tante Angie bei der Gelegenheit auch noch gleich eine Patentlösung für das Problem mit den Straßen mit. Man sollte die Straßen durch private Firmen bauen und warten lassen. Dann wäre man das Problem los. Dass das dann im Umkehrschluss Straßennutzungsgebühren bedeutet, ist doch wohl jedem klar, oder?

(Quelle: BDI, Tagesschau)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bedingt durch die DSGVO müssen Kommentare zu Beiträgen der Tapirherde manuell freigeschaltet werden, um um der Veröffentlichung von Spam-, Hass- oder sonstiger unerwünschten Kommentaren vorbeugen zu können. Die Veröffentlichung eines Kommentars kann deshalb ein wenig dauern. Sorry dafür.
Wenn Sie Beiträge auf Tapireherde kommentieren, werden die von Ihnen eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. die IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Weitere Infos dazu finden Sie in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.