Sonntag, 9. März 2008

Wo bin ich eigentlich?

DenkmalIst das hier noch derselbe Planet? Da wird in Deutschland gewählt, die Wahl ist gültig, die Zahlen sind eindeutig und trotzdem bekommen es die Parteien wochenlang nicht auf die Reihe, eine Regierung zu bilden. Nicht nur, dass jeder jedem vorwirft, irgendwelche Wahlversprechen gebrochen zu haben oder brechen zu wollen, es schließt auch jeder kategorisch jegliche Zusammenarbeit mit jedem anderen aus. Was für Leute bilden da in Hessen eigentlich die politischen Spitzen? Größeren Dilettantismus und größere Unfähigkeit zur konstruktiven Zusammenarbeit kenne ich nur aus dem Sandkasten irgendwelcher Kindergärten.

Richtig toll finde ich aber das Gezanke um die Frage, wer mit wem überhaupt reden darf bis hin zu der haarsträubenden Streiterei darüber, ob sich jemand von jemand anderem wählen lassen darf. Ernsthaft, was für Drogen nehmen Leute, die sich nicht etwa darum sorgen, wie sie ihren Auftrag, ihren Job erfolgreich und richtig machen, sondern episch darüber streiten, ob sie sich selber überhaupt in ein Amt wählen lassen dürfen, wo sie dann endlich mal ihren Job machen könnten, anstatt nur darüber zu reden - Gibt es noch deutlichere Wege um das Ausstellen einer Merkbefreiung zu bitten?

Damit nicht genug. Die "anderen" Parteien nutzen die Zeit nicht etwa, um die Lage zu bereinigen, das Ruder "herumzureißen" und was zu tun, nein, im Gegenteil! Die machen genau dasselbe. Da wird lamentiert, ausgeschlossen, abgestritten, "laut über Optionen nachgedacht", dementiert und eingeräumt, dass ich nicht umhin kann mich zu fragen, ob die da auf der Bühne des politischen Kasperletheaters endgültig und alle total plemm-plemm sind.

Und mitten in dieser Tragik-Komödie platzt der Bundeswehr der Arsch. Erst kommt der Inspekteur der Bundeswehr und verteilt reihum Watschen, dass es nur so kracht. Von baufälligen Kasernen ist die Rede, mangelhafter Ausstattung und vielem mehr. Dieses "Genörgel" kennen wir alle ja nur zu gut und es fiele wahrscheinlich eher auf, wenn dieser Inspekteur mal nicht meckerte. Wenn aber gleich sieben richtig wichtige Pensionäre (alles Generale a.D.) damit beauftragt werden, die Bundeswehr mal so richtig zu durchleuchten und die dann übereinstimmend schreiben, dass die Bundeswehr so richtig für'n Arsch ist, dann wird es langsam Zeit, mal etwas zu tun.

Das macht die Bundeswehr dann auch. Erst lässt das BMVg mitteilen, dass ein Generalstab, wie ihn jede staatliche Armee der Welt hat, in Deutschland völlig überflüssig sei, denn Deutschland wäre eben Deutschland und wir wissen es nun mal besser. Auch sei der Verwaltungsaufwand, der bloß 60-70% der Arbeitszeit eines Soldaten in Anspruch nähme, völlig legitim. Und im Übrigen sei es ja so, dass man doch insgesamt eine super erfolgreiche Armee sei. Man macht den Job in Afghanistan ja eigentlich ganz toll. Zwar nicht erfolgreich, aber doch toll und toll ist ja auch irgendwie ein Erfolg, also doch wieder erfolgreich. Zwar anders erfolgreich als geplant, aber da groß zu unterscheiden ist doch nun wirklich sehr kleinlich.

Nur weil man es nicht auf die Reihe bekommt, in Afghanistan die Polizei auszubilden, darf es doch nicht gleich als "Misserfolg" ausgelegt werden, dass das deutsche Kontingent noch nicht vollzählig in Zinkwannen ausgeflogen wurde. Und überhaupt, was ist denn überhaupt ein "Misserfolg"? Wir haben uns doch erfolgreich dagegen gewehrt, in Südafghanistan eingesetzt zu werden. Und wir haben erfolgreich dafür gesorgt, dass Deutschland die Krise der Nato angelastet wird. Ist das etwa kein Erfolg? Siehste.

Und damit dann zu Hause den Leuten nicht langweilig wird, wird dem Leser noch eben eine Blechdebatte aufgetischt. Es soll wieder einen Tapferkeitsorden geben. Das ist doch mal ein wichtiges Thema für die Bundeswehr. Damit kann man doch hervorragend von allem Anderen ablenken. Orden! Orden für kämpfende Soldaten! Orden für die Bundeswehr. Sowas ist wichtig! Überaus wichtig, denn es beflügelt die Moral der Truppe. Wie Napoleon schon völlig richtig feststellte: Menschen gehen unglaubliche Risiken ein und bringen gewaltige Opfer für ein Stück bemaltes Blech.

Zu Hause diskutiert man natürlich nicht etwa darüber, ob man vielleicht insgesamt mal ein paar Auszeichnungen seitens des Staates für die Bürger einführen sollte. Nachher wird noch der "einfache" Bürger mal vom Staat für seinen Einsatz gelobt! Um Gottes Willen! Das geht doch nicht! Nachher hat der wieder mehr Bock darauf, was für "seinen" Staat zu tun, statt nur zu nörgeln. Nachher zeigt sowas noch, dass der Staat Leistungen anerkennt. Das wäre total undeutsch, Verzeihung, ich wollte natürlich sagen, dass das der historischen Verantwortung nicht gerecht wird.

Natürlich diskutiert man darüber nicht! Als allererstes diskutiert man darüber (der Zentralrat der Juden Deutschlands natürlich ganz vorne mit dabei), dass ja im Dritten Reich damals das mit den Orden mit unheimlich vielen Kriegsverbrechen zu tun gehabt hat. Deutschland ist schließlich noch immer das Dritte Reich und wir Deutschen sind nicht weiter vom Lostreten des Dritten Weltkriegs entfernt, als wir es damals '33 vom Beginn des Zweiten Weltkrieges waren. Im ernst: Ich habe es verpasst. Wo ist die Ausgabestelle für die Drogen?

Wie beruhigend ist es da doch zu erfahren, dass sich manche Dinge eben doch nicht ändern: Onkel George untersagt ein Gesetz, dass es der CIA untersagt hätte, Gefangene zu foltern, denn das - so Onkel George - würde ein super erfolgreiches Instrument im "Kampf gegen den Terror" unbrauchbar machen. Gleichzeitig zu erfahren, dass im Irak einheimisches (irakisches) Sicherheitspersonal der Deutschen Botschaft von US-Soldaten "mal eben" so von der Straße weg"verhaftet" und - wie sich die Presse vorsichtig ausdrückt - "misshandelt" werden, macht dann doch wieder deutlich, dass die ich doch noch immer auf der selben Welt bin und noch nicht in einem kruden Paralleluniversum auf dem Planeten Zempf.

Andererseits... ganz sicher sein kann man sich da ja auch nicht.

1 Kommentar:

  1. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit bis der Zentralrat gegen den Karneval vorgeht, denn dort werden schon seit vielen Jahren, vor UND nach dem Krieg Orden verteilt.

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