Dienstag, 25. März 2008

Netzbetreiber vs. Justiz

Handy klingeltIn Gefängnissen gelten andere Regeln. Aus verschiedenen Gründen möchte die Justiz nicht, dass jeder dort unkontrolliert mit der Außenwelt kommunizieren kann. Das ist ja unter anderem auch einer der Gründe, warum irgendjemand inhaftiert wird. Darum sieht die Justiz Handys auch als Problem an. Über Handys wird offenbar eine Menge Kriminalität innerhalb und aus den Gefängnissen heraus organisiert. Dem versucht die Justiz vehement einen Riegel vorzuschieben.

In Berlin hat sich die Justiz überlegt, ob es nicht sinnig wäre, den Betrieb der Handys durch technische Maßnahmen zu unterbinden. Immerhin gibt es da einige tolle Möglichkeiten. Darum werden in Berliner Gefängnissen zur Zeit zwei verschiedene Methoden getestet, mit denen die Benutzung von Handys im Knast verhindert werden soll. Offenbar recht erfolgreich. So erfolgreich, dass sich die Betreiber der Mobilfunknetze ziemlich angepisst fühlen. Die drohen der Justiz jetzt nämlich mit Klagen.

Es sei nicht hinnehmbar, dass die Justiz zu solchen Maßnahmen greife. In einem Schreiben an alle Justizministerien warnen die Netzbetreiber vor einem "rechtswidrigen, weil unverhältnismäßigen Eingriff" in den Netzbetrieb. Gleichzeitig kündigen sie Schadenersatzansprüche an. Die Netzbetreiber halten die Einrichtung von Störsendern für ungeeignet und rechtswidrig:
"Schon die Erforderlichkeit des Vorhabens ist nicht in ausreichendem Maße dargelegt."
Statt Störsender in Betrieb zu nehmen, müsste die Justiz prüfen, ob es nicht andere Möglichkeiten gäbe, die "das mildere Mittel" wären. Sollten sich die Störsender nicht ausschließlich auf das Geländer der JVA beschränken, erwägen die Netzbetreiber möglicherweise Schadenersatzansprüche gegen die Justiz:
"Kommt es zu Störungen des Mobilfunkverkehrs außerhalb der Justizvollzugsanstalten, so kann dies einen Schaden für die Netzbetreiber darstellen."
Die Netzbetreiber sind vom Gesetzgeber dazu verpflichtet, flächendeckend Notrufmöglichkeiten zu gewährleisten. Wenn das in unmittelbarer Nähe von Haftanstalten durch die Störsender nicht möglich ist, dann müssten die Betreiber der Störsender den Schaden ersetzen.

Sieht so aus, als wären Haftanstalten ein ziemlich lukratives Geschäft für Mobilfunkbetreiber. Ansonsten würden sich die Netzbetreiber bestimmt nicht derart auf die Hinterbeine stellen und so laut kläffen. Selbst in Berlin, wo einige Haftanstalten unmittelbar in Wohngebieten stehen, dürften die Auswirkungen von Störsendern außerhalb der Haftanstalten kaum so groß sein, dass dadurch hunderte Benutzer plötzlich nicht mehr telefonieren könnten.

Ich bin sehr gespannt darauf, wie das ausgeht, denn immerhin stellt das Ganze einen Präzedenzfall dar: Wenn in Gefängnissen erfolgreich Störsender das Telefonieren unterbinden, dann kann man das bestimmt auch in anderen "Problembereichen unter staatlicher Hoheit" umsetzen, zum Beispiel in Schulen. Und das wäre für den Umsatz der Mobilfunkbetreiber bestimmt ein herber Rückschlag.

Auf der anderen Seite könnte das aber für die Gesellschaft vielleicht von Vorteil sein, wer weiß das schon?

(Quelle: Berliner Morgenpost)

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