Sonntag, 30. September 2007

Randnotiz

KramermarktDie letzten Tage war hier etwas weniger los, weil im Real Life eine ganze Menge mehr zu erledigen war: Eine Hochzeit (nicht meine!) wollte gefeiert und abgelichtet werden und der 400. Oldenburger Kramermarkt eröffnet und samt Nachwuchs besucht sein und dann waren da auch noch ein paar andere Menschen, denen ich dringendst Aufmerksamkeit schenken sollte. Also keine Panik, ich bin nicht verschütt gegangen. Die Tapirherde bekommt schon noch ihr Futter. Die Bilder brauchen allerdings ne Weile...

Überschrift des Tages (34)

Dem Bundesinnenminister Schäuble verdanken wir die Überschrift des heutigen Tages. Gegenüber dem Deutschlandfunk sagte er folgenden denkwürdigen Satz:

ich mache den Menschen gar keine Angst
Selbstunterschätzung ist doch sonst gar nicht seine Art. Ist er etwa krank?

(Quelle: Deutschlandfunk)

Donnerstag, 27. September 2007

Buch und Bildung (2)

BücherEnde Juli 2007 kam die ehemalige Kultusministerin und jetzige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan (CDU), auf die naheliegende Idee, dass die Sache mit den Qualitätsunterschieden der Bildungsabschlüsse irgendwie nicht so die Wende ist. Sie brachte - unter anderem - die Idee in ins Gespräch, dass die Schulbücher für alle Bundesländer einheitlich sein sollten. Sie erhielt übel Gegenwind, unter anderem auch von ihren eigenen Parteigenossen, zum Beispiel vom niedersächsischen Kultusminister Bernd Busemann (CDU). Der sagte nämlich:
"Wir wollen den Schulen doch gerade mehr Freiheiten geben, damit sie ein eigenständiges Profil herausbilden können."
Insgesamt geriet die Diskussion bald wieder in Vergessenheit, denn die Politiker haben ja schließlich ihre Lobby zu schützen, der sie ja gerade erst mit Verabschiedung des nächsten "Korbes" der Urheberrechtsnovelle quasi eine Lizenz zum Gelddrucken geschenkt haben (Stichwort: Rückkauf der eigenen Forschungsergebnisse). Wie dem auch sei, so ganz in Vergessenheit geriet das Thema nicht, denn die Stiftung Warentest dachte sich wohl: "Mal schauen, was da so dran ist an dem Qualitätsstandard der deutschen Schulbücher." Darum testete man dort 17 Schulbücher. Exemplarisch wurden aktuell in den Schulen verwendete Bücher für die Klassen 7 bis 10 des Gymnasiums aus den Fächern Biologie (10 Bücher) und Geschichte (7 Bücher) ausgewählt und geprüft.

Wir erinnern uns noch selber an unsere Schulbücher und damals wie heute kritisieren besonders Schüler die unnötig komplizierten Texte, die unverständlichen und verklausulierten Erklärungen und die insgesamt wenig paxisbezogene Gestaltung der Lehrmaterialien. Aber von diesen noch diskutierbaren Mängeln abgesehen kamen die Tester noch zu ganz anderen Ergebnissen. Sie beurteilten sachliche Richtigkeit, fachliche Eignung und didaktische Qualität.

Dr. Holger Brackemann von der Stiftung Warentest fasst das Ergebnis im Kern zusammen:
"Auffällig war, dass wir in sehr vielen Schulbüchern Fehler gefunden haben, teilweise sogar auf jeder geprüften Seite einen Fehler, und dass auch die didaktische Qualität, das heißt also im Aufbau und der Nutzerfreundlichkeit, in der Verständlichkeit der Texte, deutliche Unterschiede bei den Schulbüchern festzustellen waren."
Bitte was?! Auf JEDER geprüften Seite ein sachlicher Fehler? Also nicht etwa Rechtschreibung oder Satzbau, sondern so richtig voll daneben? Quasi "total falsch"? Und dann auch noch die wenig schmeichelhafte Feststellung, dass es "deutliche Unterschiede" bei der Benutzbarkeit gibt, was im Klartext wohl nichts Anderes bedeutet, als das einige Schulbücher vollkommen unbrauchbar sind? Das ist doch hoffentlich ein schlechter Scherz?

Leider nein. Die Stiftung Warentest hat alle Schulbücher von Gutachtern untersuchen lassen. Deren Ergebnis ist vernichtend. Einige der geprüften Schulbücher verbreiten "Halbwahrheiten" (z. B. "die sächsische Kleinstadt Werder", die nicht in Sachsen liegt, sondern in Brandenburg.) In jedem(!) geprüften Buch wurden Fehler gefunden. In einem Geschichtsbuch trat Erich Honecker nicht etwa am am 18. Oktober 1989 zurück, sondern schon am 18. September. Als Ausgleich dafür trat dann Egon Krenz nicht am 3. Dezember 1989 zurück, sondern sehr viel später. Ein Biobuch zeigt den Uhu als an der Spitze der Nahrungspyramide stehenden "Endkonsumenten" an, der sich, über den Füchsen, Mardern und Kohlmeisen als "Konsumenten 2. Ordnung" stehend, von diesen ernährt, was völlig an der Wirklichkeit vorbei ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gutachter viele Schulbücher insgesamt als "schwach" einstufen, weil diese teilwese große Lücken im vermittelten Lernstoff aufweisen.

Gegenüber der Welt erklärte der Bereichsleiter der Stiftung Warentest, Hubertus Primus, für die Qualitätsmängel die unterschiedliche Schulpolitik der Bundesländer mitverantwortlich sei. Manche Verlage müssen für einen Titel bis zu 16 unterschiedliche Länderausgaben herstellen. Darum bleibt den Verlagen gar nichts anderes übrig, als hastig zu produzieren, wodurch für eine gründliche Überarbeitung einfach keine Zeit übrig bleibt.

Unter den getesteten Schulbüchern bekommt im Fach Bio "Nautilus Biologie 2" vom Bayrischen Schulbuchverlag in fachlicher Eignung, Fehlerfreiheit und Didaktik jeweils das Qualitätsurteil "gut". Es war das einzige Biobuch, dass im Bereich Fehlerfreiheit diese Note erreichte. Von den Gschichtsbüchern schnitt "Zeiten und Menschen 4" vom Schöning Verlag mit ebenfalls "gut" in allen drei Kriterien ab. Der ausfürhliche Test ist in der Ausgabe 10 vom Oktober 2007 der Zeitschrift "Test" nachzulesen.

Wer nach diesem unabhängigen Test noch immer ernsthaft der Meinung ist, dass viele unterschiedliche Schulbücher für viele unterschiedliche Schulen eine tolle Idee™ sind, der sollte mal dringend nachlesen, wie wir in den letzten Pisa-Studien abgeschnitten haben und was uns die OECD gerade in Hinblick auf unser Schulsystem an den Kopf geworfen hat.

(Quelle: Stiftung Warentest, Welt)

Sachen gibts... (132)

Zu den Dingen, die man unbedingt verbessern muss, weil deren handelsübliche Gestaltung völlig unpraktisch, um nicht zu sagen völlig veraltet und damit schlecht ist, gehören ohne jeden Zweifel Uhren. Digital- und Analoganzeigen sind im 21. Jahrhundert einfach nicht mehr zeitgemäß und deshalb ist es dringend an der Zeit, ein neues, sehr viel besseres und vor allem auch praktischeres Design einzuführen, das sich an der gelebten Realität des Anwenders orientiert.

Der weltbekannte Designer Buro Vormkrijgers hat sich dieser epochalen Aufgabe angenommen und stellt seine gerade zu bahnbrechende Revolution des hochpräzisen Zeitanzeigeinstruments. Unter dem Namen "About Time", was so viel bedeuten kann wie "wurde ja langsam Zeit", aber auch "ungefähre Zeit", wird seine Revolutionäre Idee für den Schleuderpreis von nur noch knapp 130 Euro (plus Porto etc) unters Volk geworfen. Das platzsparende Design des auf der Seite liegenden Kegels ist an Praxisnähe kaum zu übertreffen. Die Anwenderfreundlichkeit des sich um die Spitze des auf der Seite liegenden Kegels auf seiner Unterlage drehenden (und damit umherwandernden) Gerätes dürfte nur noch durch die Präzision der Anzeige übertroffen werden:

Die erklärt dem Kunden nämlich, dass es "ungefähr sechs Uhr" ist oder "schon fast sieben". Braucht jeder!

Sachen gibts... (131)

Weihnachtsbaum Ecke KopfüberWeihnachten steht vor der Tür und damit wird es dringend Zeit, dem Kunden den diesjährigen Weihnachtsschwachsinn aufzuzwingen. Die Firmen rüsten auf und beginnen uns im September mit dezenten Hinweisen auf das unmittelbar bevorstehende Konsummassaker einzustimmen, die Radiosender entstauben voller Begeisterung die zu dieser Jahreszeit zwingend gehörenden Bands wie die Bangles und Wham. Was also liegt da näher, als dem Kunden zu erklären, was für einen Weihnachtsbaum er dieses Jahr unbedingt braucht?

Auf dem Kopf stehende Weihnachtsbäume waren schon vorletztes Jahr unheimlich "in". Allerdings haben wohl einige Weihnachtsfetischisten Probleme mit der auf der Spitze stehenden Tanne gehabt, was mich ehrlich gesagt nicht wundert: Was oben sehr viel breiter ist als unten, steht meistens nicht so sonderlich stabil. Damit sich aber die Fans des ungewöhnlichen Weihnachtsgeramsels nicht in den Selbstmord stürzen, gibt es eine Firma, die das Problem auf eine raffinierte Art gelöst hat. Die Jubelfichte wird kurzerhand an die Wand gewämst. Da das meistens auch nicht so viel besser aussieht, wird das Mistding denn auch gleich in die Ecke gepfercht, wo es in aller Ruhe vor sich hin einstauben und vergammeln kann.

Einstauben ist im Preis inbegriffen, vergammeln eher weniger, denn dieses Meisterwerk der Dekorationsindustrie ist aus Vollplastik, dafür aber bereits ab Werk mit hübschen, kleinen, elektrischen Weihnachtslämpchen betriebsbereit eingetütet. Gibts für nur noch rund 100 Euro (plus Porto und so weiter) im gut sortierten Fachhandel.

Mittwoch, 26. September 2007

Partyfotos (18)

Von letztem Samstag lagen noch ein paar Fotos auf Halde... *nachschieb*

Final Lecture

Randy PauschDie Carnegie-Mellon University ist für eine ganze Reihe Sachen berühmt. Unter anderem wird dort eine Vorlesungsreihe mit herausragenden Personen unter dem Titel "Final Lecture" gehalten. Die Idee dieser Vortragsreihe ist, dass die Vortragenden, in der Regel Professoren an Universitäten oder ähnliches, die hypothetisch letzte Vorlesung ihres Lebens vor einem breiten Publikum halten sollen und über all das referieren können, wovon sie meinen, worauf es wirklich ankommt. Die Fragestellung an die Vortragenden lautet in etwa, welches Wissen und welche Weisheit sie weitergeben würden, wenn dies ihre letzte Chance dazu wäre.

Am 18. September 2007 wurde Professor Randolph Pausch geladen (Erfinder und Leiter des "Alice" Projektes und Mitbegründer des Carnegie Mellon's Entertainment Technology Centers, uvm.), eben diese Vorlesung zu halten und das Besondere an dieser Vorlesung ist nicht etwa nur der Inhalt, sondern die Tatsache, dass Randy Pausch an Bauchspeicheldrüsenkrebs leidet und nach übereinstimmende Überzeugung aller Mediziner bestenfalls noch einige Wochen zu leben hat. Er ist so der erste, dessen Vorlesung tatsächlich eine "Final Lecture" war, denn er wird nie wieder irgendwo eine Vorlesung halten. Diese Vorlesung hielt er unter dem Titel "Really Achieving Your Childhood Dreams"...

Die Vorlesung ist als vollständiges Video (.wmv) direkt bei der CMU zu bekommen oder aber in ziemlich vielen kleinen Schnipseln bei Google.

Unbedingt sehenswert.

Dienstag, 25. September 2007

Sachen gibts... (130)

In dieser Kategorie gab es schon länger nichts mehr zu lesen, einfach deshalb, weil die Industrie bedauernswert einfallslos geworden ist. Ich mein, was ist inzwischen schon bemerkenswert an USB-Sticks für mehrere tausend Euro oder an Bildschirmen mit Blinklichtchen dran oder einem Föhn, der aussieht, wie ein Westernrevolver? Nicht viel - find ich jedenfalls. So wirklich innovativ war das alles irgendwie nicht. Oder zumindest nicht innovativ genug für meine Leserschaft.

BullsEye TrainingScheinbar hat aber zumindest manch ein Unternehmen begriffen, dass es eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft hat und trägt - wenn auch zaghaft - dazu bei, dieser Verpflichtung nachzukommen. Volker machte mich auf ein Produkt der Firma BullEx aufmerksam, an dem jeder angehende Hobbypyromane seine helle Freude haben dürfte, nämlich das BullsEye™ Digital Fire Extinguisher Training. Ein Monitor in ansprechendem feuerrot stellt ein digitales Feuer dar, dass man mit dem mitgelieferten Feuerlöscher bekämpfen darf. Damit man aber nicht gleich die ganze Bude unter Wasser setzt (oder ausschäumt), wird der Strahl des Feuerlöschers sehr realitätsnah mit grünen(!) LED simuliert. Ein absolutes Muss für jeden Partykeller. Preis und Lieferbarkeit allerdings nur auf Anfrage.

20 Millionen Candela Taschenlampe Black & DeckerEin anderes Produkt, dem auf jeden Fall das Prädikat "muss Mann haben" verliehen gehört, ist der "Sport Spot" der Firma Black & Decker. Diese harmlose Taschenlampe im handlichen Format eines Warmwasserboilers entzückt durch ihr anheimelnd schwarzes Gehäuse, einen eleganten Tragegurt, eine Betriebsdauer von ungefähr 25 Minuten und eine Leuchtkraft von nur noch zwanzig Millionen Candela. Damit der stolze Besitzer kein Vermögen in Batterien investiert, gibt es ein am Stromnetz nachladbares Akkupack, dass die beiden 120 Watt Halogenbirnen von Philips füttert. Beeindruckt nicht? Nun, 20 Millionen Candela sind in etwa die Leuchtkraft, die kleinere Suchscheinwerfer an Seenotrettungskreuzern haben, und die sind nun nicht gerade klein. Zu haben ist der Spaß ohne Waffenschein für nur noch umgerechnet 53 Euro (plus Porto etc.)

Montag, 24. September 2007

Überschrift des Tages (33)

Unser Bundesminister des Inneren lässt verkünden:

Hurra!

Sonntag, 23. September 2007

Kultur

Aus der Reihe "unser Dorf soll schöner werden" wurde Samstagabend die Nacht der Museen veranstaltet. Eine hervorragende Gelegenheit, sich selbst und die Kamera ausführen zu lassen...

Samstag, 22. September 2007

Schuldfrage (2)

Pastor mit Junge FensterDie Kirche in Deutschland hat zur Zeit mehrere Probleme. Eins davon ist ein Kardinal, der sich bei der Bewertung von Kunst und Kultur im Wortschatz des Nationalsozialismus bedient, ein anderes ist eine Lokal-Kirche, die sich durch einen TV-Event internationalen Ranges an einem Sonntag fürchterlich auf den Schlips getreten fühlt und ein drittes, beinahe vergessenes, Problem.

In Regensburg ist ein Seelsorger im Dienst, der einschlägig vorbestraft ist und zur Zeit im Verdacht des Kindesmißbrauchs steht. Das ist für sich gesehen bereits eine Sache, bei der sich zumindest mir schon ein paar Fragen aufdrängen. Interessant wird das Ganze aber dadurch, dass dessen Chef, der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, nicht nur davon weiß, sondern jede Mitverantwortung ablehnt. Man könnte dem ja noch irgendwie zustimmen, wenn nicht ausgerechnet er derjenige gewesen wäre, der den Priester wieder als Seelsorger eingesetzt hätte. In einer Pressekonferenz sagte er:
"Die Verantwortung für eine Straftat trägt der Täter. Ich bin nicht verantwortlich für alles, was unsere Geistlichen und Mitarbeiter tun."
Bereits diese Ansicht offenbart ein eigenartiges Verantwortungsgefühl, aber seine Rechtfertigung ist an Coolness kaum zu überbieten: Seiner Ansicht nach sei sein Handeln schon alleine deshalb vollkommen legitim, weil ja auch auch Jesus Jünger ernannt habe, die ihn später verrieten. Und wie kann sein Handeln schließlich schlechter sein, als das "schlechte" Beispiel des obersten Chefs?

Der umstrittene Pfarrer hat bereits vor acht Jahren eine ähnliche Straftat in einer anderen Gemeinde verübt. Weil aber ein gerichtlicher Gutachter damals festgestellt hat, dass der Pfarrer nicht pädophil fixiert sei, hätten keine Bedenken gegen dessen erneuten Einsatz bestanden. Darum hätte der Bischof nach einer Therapie und Ablauf der Bewährungszeit den "sehr beliebten" Pfarrer 2004 wieder als Seelsorger eingesetzt. Der Herr Bischof sieht die Richtlinien der deutschen Bischofskonferenz gwahrt, nach denen verurteilte pädophile Priester nie wieder in der Jugendseelsorge eingesetzt werden sollen.

Ich finde es eigenartig, wie in der Katholischen Kirche mit diesem Problem insgesamt umgegangen wird. Ein Bischof, der ja nun nicht "irgendwer" in der Kirchenhierarchie ist, darf sich hinstellen und jede Verantwortung für das Tun seiner Mitarbeiter ablehnen, ohne dass irgendeine Reaktion "von oben" folgte. Nein, die Gläubigen dieser Religion müssen sich selber auf die Hinterbeine stellen (und tun das auch, nämlich über Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche") und dem Vatikan in den verlängerten Hintern treten, damit da mal jemand in Schwung kommt. Der Sprecher dieser Initiative, Christian Weisner:
"Das Nicht-Handeln des Bischofs, das jetzt immer offenkundiger wird, ist ein himmelschreiender Skandal. Das Vertuschen des Problems des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche muss jetzt endlich ein Ende haben."
Papst Benedikt XVI. soll nach dem Willen von "Wir sind Kirche" dem Regensburger Bischof einen sogenannten Koadjutor zur Unterstützung für die Verwaltung des Bistums zur Seite stellen. Nach ihrer Vorstellung ist jetzt der Vatikan gefordert, die Glaubwürdigkeit der römisch-katholischen Kirche wieder herzustellen.

Ich stelle mir - nicht nur wegen dieses Falles - die Frage, ob das überhaupt noch möglich ist.

(Quelle: n-tv)

Freitag, 21. September 2007

Asyl

Asyl ab 7 UhrAmerika ist ja das Einwanderungsland schlechthin. Entsprechend bilden sich die meisten Amerikaner fürchterlich einen darauf ein, dass sie Amerikaner sind und die Anderen eben nicht. Um so mehr verblüffen solche Amerikaner, die ihren Pass zurrückgeben, wie zum Beispiel seinerzeit Terry Gilliam. Noch seltener sind allerdings Fälle, wie der, mit dem sich die Behörden in Helsinki, Finnland, gerade auseinandersetzen müssen.

Dort bat nämlich eine Familie mit drei Kindern aus den USA um politisches Asyl. Die Familie sei, aus Deutschland einreisend, am Dienstag in Finnland angekommen und habe "umgehend" Asyl beantragt. Nach Angeben der Behörde ist es eher ungewöhnlich, dass ausgerechnet US-Bürger in Finnland um Asyl bitten, noch dazu um politisches. Allerdings wollten die Behörden sich nicht dazu äußern, welche Gründe die Familie in ihrem Asylantrag angegeben hatte. Man spekuliert jedoch, dass der bevorstehende Militärdienst im Irak eine Rolle spielen könnte.

Entscheiden wird sich die Einwanderungsbehörde in frühestens drei Monaten. Allerdings sind von den rund 5,3 Millionen Einwohnern Finnlands keine 110.000 Einwohner ausländischer Herkunft und im vergangenen Jahr wurden von 2.300 in Finnland gestellten Asylanträgen lediglich 38 akzeptiert.

Unklar ist, was mit der Familie passieren wird, wenn der Asylantrag abgelehnt werden sollte. Wenn bei uns hier Asylanträge abgelehnt werden, wird ja ins Herkunfts- bzw. Heimatland abgeschoben. Sollten tatsächlich die bevorstehenden Marschbefehle des Militärs der Grund für die Flucht gewesen sein, könnten der Familie einige Probleme ins Haus stehen...

(Quelle: AP)

Deichshafs Jobbörse (1)

Auch unser Deichshaf bekommt eigenartige (unanständige?) Angebote, wie er mir vorhin bewies:

P*****way Corp

Guten Tag!

Eine ansehende vorankommende Gesellschaft will ihnen Arbeit auf dem Markt anbieten, auf dem sie auch selber arbeitet. Jeder sollte den Brief lesen, da die Arbeit jeder ausüben kann. Sie brauchen kein Geld beitragen, es wird nicht die nächste Finanzpyramide gefordert. Für die Arbeit brauchen sie nur ein Computer mit Internet, des Telefone, der Rechnung ihrer Bank und natürlich ein wenig Freizeit! Die Arbeit bestiehlt wesentlich in der Bearbeitung der Rechnungen, die wir von unseren Kunden bekommen, die sie aus eigenen Gründen nicht Bar bezahlen können. Wir verlangen keine besondere Kenntnisse. Man lernt viel wahrend die Arbeit. Schritt für Schritt werden wir das ihnen telefonisch erklären oder per e-mail. Der Finanzmenager unserer Firma wird gut bezahlt. Außerdem bekommen sie das Gehalt nach jeder Übersetzungen nicht nur einmal im Monat. Unsere Firma ist angesehener als andere gleichartige Firmen. Alle Informationen finden Sie auf unserer Webseite FAQ und How it works. Wenn Sie noch Fragen haben beantworten wir sie ihnen per e-mail. Zur Einführung der Arbeit müssen Sie sich ins der unserer Web Seite registrieren, Nachdem Sie denn Vertrag unterschreiben fängt unsere Zusammenarbeit an.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit
P*****way Corp.
Absender und Firma sind der Redaktion bekannt, Links wurden entfernt. Ob es wirklich Leute gibt, die auf sowas anspringen?

Donnerstag, 20. September 2007

Einwanderung

JustiziaWir hier in Deutschland machen uns ja gerne mal voll den Kopf darum, wie man das mit Integration und Einwanderung alles vernünftig und schön entspannt für alle in den Griff bekommt. Sobald irgendjemand hierzulande auf die Idee kommt vorzuschlagen, dass man vielleicht mal was gegen illegale Einwanderer tut und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, hagelt es von allen Seiten sofort beliebige Angriffe - von Faschist bis Ausländerfeind ist die Spanne beliebig weit, egal wie sinnvoll und zweckorientiert die Motivation hinter den Vorschlägen sein mag. Man denke nur an die Debatte um die Einbürgerungstests oder die Leitkultur.

Wie man solche Probleme "anderswo" regelt, zeigt uns nicht nur die Mauer der Amerikaner an der Grenze zu Mexiko, sondern auch unser unmittelbarer Nachbar Frankreich. Dort hat man es jetzt nicht nur für eine gute Idee gehalten, sondern direkt zum Gesetz gemacht, dass Einwanderungswillige vorher auf Herz und Nieren geprüft werden. Noch in ihrem Heimatland müssen sie einen Test ablegen, mit dem sie nachweisen, dass sie die Sprache ausreichend beherrschen und genug über die "Werte der Republik" wissen.

Wer den Sprachtest im Heimatland nicht besteht, muss in Frankreich dann an einem zwar kostenlosen, aber verpflichtenden Sprachkurs teilnehmen, nachdem die Sprachkenntnisse erneut getestet werden. Unklar ist, was passiert, wenn man den auch nicht besteht. Diese Regelungen gelten auch für die ausländischen Ehepartner. Wer behauptet, er sei mit Franzosen verwandt, der darf seine Verwandtschaft zukünftig freiwillig per DNA-Test beweisen. Diese gesetzliche Regelung war in Frankreich heftig umstritten, denn ursprünglich sollte dieser Test verpflichtend sein.

Was an dieser gesetzlichen Regelung so erstaunlich ist? Es ist nicht etwa der Umstand, dass eine Regierung auf die Idee kommt, solche Ideen im Gesetz zu verankern, sondern die Reaktion der Bevölkerung. Die ist nämlich mit knapp 74 Prozent für diese Regelungen...

...und wir regen uns auf, weil Einwanderer bei uns Deutsch können sollten?

(Quelle: Le Figaro)

Mittwoch, 19. September 2007

Bilderrätsel

Auf den ersten Blick ein hübscher Effekt...

Baum
Auf den zweiten Blick... hart. Einfach nur hart.

(danke Gex)

Dienstag, 18. September 2007

Platz 22

Schule Unterricht Tafel Klasse LehrerDas Entsetzen ist groß: Die OECD stuft unser Bildngssystem als "mittelmäßig" ein. Nur noch Platz 22 für den ehemaligen Bildungselitestandort Deutschland. Steigerten andere Länder die Zahl ihrer Studenten an Hochschulen in den vergangenen 10 Jahren um über 40 Prozent, schafften es in Deutschland gerade mal 5 Prozent mehr an die Unis - und darin sind noch nicht die Folgen der Studiengebühren abzulesen. Dazu kommt, dass zu viele ihr Studium vorzeitig abbrechen. Die OECD urteilt, dass Deutschland in den nächsten Jahren nicht in der Lage ist, alle frei werdenden Ingenieur- oder Lehrerstellen mit eigenem Nachwuchs zu besetzen. Auf den weiteren Trend zur Höherqualifizierung wird Deutschland erstrecht nicht reagieren können.

Zwar gibt die hohe Politik zu, dass man auf einige Defizite dringend reagieren müsse und Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte auch prompt einen "Bildungs-Herbst" an - klingt für mich wenig vertrauenserweckend, denn "Herbst" erinnert doch irgendwie sehr an "eigentlich zu spät". Aber wen wundert angesichts solcher Berichte überhaupt noch, dass das Schulsystem in Deutschland nichts taugt? Wer meint, mit Dumpinglöhnen akkademisches Fachpersonal zu Höchstleistungen anzuspornen, hat mindestens eine Sache nicht verstanden. Wer dann auch noch glaubt, auf genau diesem Wege eine herausragende Schulische Ausbildung des Nachwuchses sicherstellen zu können, der hat noch viel mehr nicht begriffen. Da ist Nordrhein-Westfalen lediglich die jetzt publik gewordene Spitze des Eisberges.

Aber was rede ich. Die Politiker wissen, dass die jetzt unter ihren Sparbeschlüssen leidenden Schüler erst lange nach dem Ende ihrer eigenen politischen Kariere auf die Politik Einfluss nehmen können. Warum also großartig was tun? Da kann man sich doch besser an der oberflächlich empörten Diskussion um die Aufforderung zum Verfassungsbruch durch den Bundesminister der Verteidigung beteiligen. Oder an der Debatte um die Innere Sicherheit. Das ist viel ungefährlicher und bringt viel mehr Wählerstimmen...

Gesund durch teures Benzin

Dicke FrauWohl jeder stimmt darin überein, dass es einen Zusammenhang zwischen maßlosem, unkontrolliertem (Fr)Essen und Übergewicht gibt. Das ist naheliegend und selbsterklärend. Aber wer vermutet schon, dass es einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Benzinpreis gibt? Der Ökonom Charles Courtemanche von der Washington-Universität in St. Louis hat untersucht, wie sich in der Zeit von 1984 bis 2004 gesunde und ungesunde Lebensgewohnheiten und der Benzinpreis entwickelt haben.

Es konnte nachgewiesen werden, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Fettleibigkeit und der Reduzierung des Benzinpreises während des untersuchten Zeitraumes in den USA gibt. Ein höherer Benzinpreis bedeutete, dass mehr Menschen auf das Auto verzichteten und stattdessen mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad fuhren oder zu Fuß gingen. Letzteres steigert den Kalorienverbrauch und wirkt dem Übergewicht entgegen. Hinzu käme, so Courtemanche, dass viele Menschen nicht nur auf das Autofahren verzichteten, um Geld zu sparen, sondern auch eher selber kochen, was wiederum eine gesündere Ernährung zur Folge hat.

Das Übergewicht der Einwohner der USA wird von einigen Wissenschaftlern und vielen Medizinern inzwischen als "epidemisch" bezeichnet. Es ist unumstritten, das weniger Übergewicht Menschenleben retten und etliche Milliarden Dollar im Gesundheitssystem jedes Jahr einsparen kann. Eine Schlussfolgerung der Untersuchung ist, dass eine Erhöhung des Benzinpreises um einen Dollar pro Gallone die Fettleibigkeit in der amerikanischen Bevölkerung innerhalb von drei Jahren um 15 Prozent reduzieren würde.

Nicht beantworten konnte diese Untersuchung jedoch die Frage, ob steigende Benzinkosten für das Gemeinwohl insgesamt eher positive oder eher negative Effekte haben, weil dazu noch andere Faktoren mit untersucht werden müssten. Aus anderen Studien ist zum Beispiel bekannt, dass Übergewicht durch sinkende Einkommen verstärkt wird.

Montag, 17. September 2007

Dimensional

Stell Dir 10 Dimensionen vor und mal ein Bild davon. Kannst Du nicht? Tröste Dich: Bist nicht alleine damit. Es gibt aber Leute, die können das und das folgende Video erklärt, wie man soetwas bewerkstelligt.

Nun gut, so spontan hab ich beim ersten Zuschauen auch nicht alle Details und Implikationen sofort begriffen, aber es ist für mich der bislang gelungenste Versuch, der wissenschaftlich eher weniger belesenen Welt zu erklären, wie man die Geschichte mit den vielen Dimensionen so vorstellen könnte...

...vorausgesetzt, die Idee mit den 10 Dimensionen stimmt.

Schreibtisch-Aliens

Virales Marketing entwickelt sich immer mehr zu einer eigenen Kunstform, die durchaus sehr stylisch sein kann, wie zum Beispiel dieser Werbung:

Find ich einfach nur klasse gemacht.

Sonntag, 16. September 2007

Zahlenspiel mit Außenwirkung

ExplosionGroßer Medienrummel türmt sich auf, wann immer unser Innenminister irgendetwas zum Thema "Sicherheit" äußert. Meistens deshalb, weil seine Forderungen nach Aufweitung der Befugnisse und Beschneidung der Grundrechte oft eine dramaturgische Größenordnung annehmen, die der übrigen Alltagspolitik einfach fehlt - wenn man mal von der öffentlichen Selbstdemontage der SPD oder der Grünen absieht. Um so mehr erstaunt es, wenn gerade öffentlich Äußerungen dieses ansonsten penibel beobachteten Ministers im Blätterrauschen des Mediendschungels untergehen.

Neulich sagte unser Bundesinnenminister in der Nachbereitung der Festnahme der wahrscheinlichen Terrorzelle, die angeblich mit selber gebrautem Sprengstoff Anschläge verüben wollte, dass er nicht beruhigt sei. Im Gegenteil, diese Festnahme zeige ja gerade, dass Deutschland ein Hauptziel des internationalen Terrorismus sei. Das passt gut zur Warnung der CIA. Der Direktor der CIA, General Michael Hayden, trat am 7. September vor die versammelten Mitglieder des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten der USA und verkündete:
"Unsere Analysten gehen mit hoher Sicherheit davon aus, dass die Führung der Al Qaida Anschläge mit hohem Wirkungsgrad gegen das US-Heimatland plant."

"Wir gehen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass sich Al Qaida auf solche Ziele konzentriert, die zahlenmäßig große Verluste, dramatische Zerstörungen und signifikante Spätfolgen verursachen."
Beides blieb weitestgehend unbeachtet. Aussagen, die bei den meisten als "übliche Paranoia" abgehandelt worden sein dürften.

Ist bei dem ganzen Rummel eigentlich jemandem aufgefallen, welcher Aufwand überhaupt notwendig ist, um aus den den in Deutschland festgenommenen Terroristen zur Verfügung stehenden Rohstoffen überhaupt einen Sprengstoff zu basteln, der überhaupt handhabbar ist, vom Fachwissen und Können mal ganz zu schweigen?

Nur so für die Akten: Aus Wasserstoffperoxid kann man theoretisch Sprengstoff herstellen, nämlich Acetonperoxid (APEX, TATP), aber da gibt es ein Problem: Entweder muss der Sprengstoff nach der Herstellung aus dem Wasser gefiltert und getrocknet werden, wodurch ein super empfindliches Höllenzeugs entsteht, dass sogar schon durch die Einwirkung von Sonnenlicht explodieren kann (oder durch das Ausüben von Druck, Erschütterungen, Temperaturschwankungen...) Wie wollten die Terroristen das Zeug erschütterungsfrei, ohne Druck- und Temperaturschwankungen transportieren? Beamen?

Raffinerie PipelineOder man erzeugt einen sogenannten Emulsionssprengstoff in Wasser, der zum Beispiel aus dem Bergbau bekannt ist. Um allerdings solch stabiles und handhabbares Apex herzustellen, muss man einiges wissen. Zum Beispiel, in welchen Chemikalien man welche Bestandteile mischen und binden oder herausfiltern muss, um am Ende auch tatsächlich einen funktionierenden Sprengstoff zu haben. Die Formeln dafür mögen sich in bestimmter Fachliteratur finden. Aber das Können beruht auf jahrelanger praktischer Erfahrung, einer exquisiten Laboreinrichtung schon fast industrieller Größenordnung, die wohl keiner der drei Festgenommenen vorzuweisen hatte. Von den für die erfolgreiche Produktion notwendigen sonstigen Chemikalien mal ganz zu schweigen. Erst recht nicht in einer Ferienwohnung in einem solchen Kuhdorf.

Der Aufwand zur Herstellung von Apex ist so groß, dass es wahrscheinlich einfacher wäre, den Sprengstoff aus einem Bergwerk zu klauen, als zu versuchen ihn selber herzustellen. Aber sei es drum. Die drei festgenommenen Männer waren bestimmt nicht vollkommen harmlos und vielleicht wussten die drei gar nicht, welche Probleme da noch bei der Produktion auf sie zu gekommen wären.

Einige Tage später sagte unser Herr Innenminister aber etwas, was mich nachdenklich machte. Er sagte, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis Terroristen einen Anschlag mit Atomwaffen verüben werden. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sagte er:
"Viele Fachleute sind inzwischen überzeugt, dass es nur noch darum geht, wann solch ein Anschlag kommt, nicht mehr, ob"
Es wäre zur Zeit die größte Sorge aller Sicherheitskräfte, dass Terroristen einen Anschlag mit nuklearem Material vorbereiten, so der Innenminister weiter.

Chemikalien KanisterWie kommt der Mann dazu ausgerechnet jetzt mit solch einem Statement an die Presse zu treten? Warum werden wir ausgerechnet jetzt medienwirksam von den Franzosen dazu eingeladen, uns eigene Atomwaffen zuzulegen? Was soll das zu einem Zeitpunkt, an dem Nordkorea gerade auf breiter Front mit allen zusammenarbeitet, seine Atomwaffenproduktion einstellt, die Reaktoren dicht macht und auch sonst gerne wieder lieb sein will, damit das eigene Volk nicht schlicht und ergreifend komplett verhungert und der Iran gerade erst bekannt gegeben hat, dass er die Bombe gar nicht will, sie sogar als Ballast empfindet und die Urananreicherung wahrscheinlich eher betreibt, um seine eigenen Kernkraftwerke versorgen zu können. Oder hat sich in letzter Zeit an der Einschätzung aller Experten etwas geändert, dass der Iran noch gar keine Atomwaffen haben kann, sondern sich lediglich auf dem Weg dahin befindet, welche zu produzieren?

Bleibt ein weiterer Vorfall, der mich nachdenklich macht. Vor einigen Tagen meldete die US-amerikanische Presse, dass das US-Militär einen Fehler zugegeben habe. "Irrtümlich" wären scharfe Atomwaffen mit einem Flugzeug über die USA transportiert worden. Eine Meldung, die bei den meisten Lesern mit einem schulterzuckenden "und?" abgehandelt gewesen sein dürfte. Dieser Vorfall allerdings hat es in sich. Um allerdings die Bedeutung dieses Vorfalles zu verstehen, muss man etwas ausholen.

Bis 1968 waren in den USA regelmäßig strategische Bomber mit scharfen Atombomben unterwegs. Es passierte, was passieren musste: Es kam zu Unfällen. Das Pentagon räumte insgesamt 13 (dreizehn) schwere Unfälle ein, an denen mit Atomwaffen bestückte Bomber zwischen 1950 und 1968 beteiligt waren. Bei allen diesen schweren Unfällen kam es zu kritischen Zwischenfällen mit den Kernwaffen. Entweder explodierten die Zünder, deren Schockwelle zum Teil noch in 30 bis 60 Kilometern Entfernung deutlich registriert wurde, die Atombomben verbrannten oder sie verteilten ihren strahlenden Inhalt weiträumig.

Nach einem Unfall in Grönland, bei dem vier Wasserstoffbomben verloren gingen und mindestens eine die Umgebung mit Plutonium verseuchte, protestierte Dänemark auf höchster Ebene. In der Folge wurden die strategischen Bomber am Boden gehalten, befanden sich aber in ständiger Alarmbereitschaft. 1991 wurden per Order des Präsidenten alle Atomwaffen von allen Flugzeugen entfernt und dauerhaft in besonders gesicherten Bunkern eingelagert.

B-52 ACM 15Der Vorfall vom 30. August 2007 ist schon deshalb so bemerkenswert, weil es das erste Mal seit 1968 war, dass überhaupt Atomwaffen in Gefechtsposition von US-Bombern transportiert wurden. Eine B-52H flog von Minot AFB, North Dakota, nach Barksdale, Louisiana, und hatte zwölf AGM-129 Cruise Missiles unter den Flügeln, von denen mehrere mit Atomsprengköpfen bestückt waren. Eine nicht unbeträchtliche Zahl internationaler Verträge und Vereinbarungen verbietet das und es sollte doch eigentlich zu erwarten sein, dass hier ein ganz klein wenig Unruhe auf dem internationalen politischen Parkett aufgekommen wäre. Dem war aber nicht so.

Der Laie wird sich sagen: "Ja nu, dumm gelaufen, kann ja mal passieren - sollte zwar nicht, aber shit happens" und das Thema zu den Akten legen. Um einen Eindruck davon zu bekommen, was da tatsächlich alles schief gegangen ist, muss man sich die Frage stellen, wie Atomwaffen überhaupt aus ihrem Lager herauskommen.

Die US-Luftwaffe behauptete, dass die Raketen "irrtümlich" mit Sprengkopf transportiert worden waren. Eigentlich hätten die Raketen ohne Sprengkopf verschrottet werden sollen. In Folge des Zwischenfalls ordnete die Militärführung eine komplette Überprüfung ("system-wide stand-down") für den 14. September an. Diese Erklärung allerdings wurde vom CIA und vom Office of Counter-Terrorism beim State Department "wegdebattiert". Von dort hieß es, dass Barksdale AFB der "jumping off point" für die Nachschubversorgung der Truppen im Mittleren Osten sei. Und so wurde aus einem internen Leck, das eine Panne an die Presse lanciert hatte eine hochoffizielle Warnung an den Iran, was dazu führte, dass die US-Amerikanische Öffentlichkeit den Vorfall schnell wieder vergessen sollte.

Egal wie: Die Luftwaffe sagt, dass die Raketen verschrottet werden sollten. Solche Raketen werden aber normalerweise in Tucson, bei der Davis-Monthan AFB, verschrottet. Atomwaffen wiederum werden in der Einrichtung des Energieministeriums Pantex demontiert und entsorgt, das sich nahe Amarillo in Texas befindet. Zu dieser Einrichtung hat das Militär über die Kirkland AFB in New Mexico Zugang.

Stellt sich eine offensichtliche Frage: Warum wurden die Atomsprengköpfe erst auf Raketen montiert, diese dann an einen Bomber gehängt, anschließend von North Dakota nach Louisina geflogen, wo die Raketen wiederum vom Bomber abgenommen wurden, um sie dann nach New Mexico zu fliegen? Sind die Schwächen in Geographie bei den Amerikanern jetzt schon so groß, dass die sich in ihrem eigenen Staat nicht mehr auskennen und sich "mal eben" um ein paar tausend Kilometer vertun?

Der übliche Weg solche Waffen zur Entsorgung zu transportieren besteht eben nicht darin, sie einsatzbereit auf Raketen zu schrauben, diese unter Bomber zu hängen und dann beliebig durch den Luftraum zu fliegen. Die Anzahl der Bewegungen wird absichtlich extrem klein gehalten. Das US-Verteidigungsministerium verlangt (Defense Directive 4540.5 vom 04.02.1998), dass jede Bewegung eines Nuklearsprengkopfes durch den Commander in Chief, die Joint Chiefs of Staff oder die National Military Command Authority angeordnet werden müssen. Das sind so ziemlich die höchsten militärischen Stellen der USA. Der Transport selber, die Route und die Modalitäten müssen von wiederum von hochrangigen, führenden Offizieren des Militärs bewertet und freigegeben werden.

Die US-Luftwaffe wiederum muss eine spezielle Truppe vorhalten, deren Auftrag einzig und allein der Transport von Kernwaffen ist. In Friedenszeiten werden nukleare Sprengköpfe, wenn überhaupt, dann ausschließlich in speziell für diesen Zweck umgebaute und explizit nur dieser Truppeneinheit zugewiesenen C-130 oder C-17 Transportflugzeugen auf dem Luftweg bewegt.

Da stellt sich mir doch eine Frage: Wenn das so strikt geregelt ist, wie kommen die Raketen dann "irrtümlich" mit Sprengkopf an einen Bomber? Klar, mit "Irrtum" erklärt man vieles. Vielleicht haben die Leute die Dinger für Übungsraketen gehalten oder dachten, das wären konventionelle Gefechtsköpfe oder so. Könnte ja sein.

Dummy Trainer AtombombeNein, wohl kaum. Es gibt keine konventionellen Sprengköpfe, die in die AGM-129 eingebaut werden könnten und die Dummy-Köpfe haben für jeden erkennbar eine blaue Farbe und sind gelb und weiß gekennzeichnet. Echte Sprengköpfe haben eine weiße Grundfarbe mit mindestens(!) drei großen, feuerroten Warnschildern auf denen klar und deutlich draufsteht, was drin ist: "Live Nuclear Warhead" - auf den Dummies steht dagegen: "Innert, non-nuclear".

Die Sprengköpfe wiederum sind so aufwändig abgesichert eingelagert, dass jedes unbefugte und unbemerkte Entfernen ausgeschlossen ist. Es ist auch nicht eben wahrscheinlich, dass die Leute, die die Sprengköpfe angeliefert haben nicht wussten, was sie da transportieren. Solche Sprengköpfe werden von einem Konvoi angeliefert, der vorne weg und hinten dran mit schweren Maschinengewehren bewaffnete Geleitfahrzeuge dabei hat. Den Konvoi begleiten zig schwer bewaffnete Marines. Kann man schwer übersehen so was.

Sehr unwahrscheinlich ist auch, dass die, die sie montiert haben, nicht wussten, was sie da anschrauben. Das Verfahren bei der Montage der Sprengköpfe ist auch nicht eben "lapidar". Die Montage muss von mindestens zwei speziell ausgebildeten Technikern erfolgen, die sich gegenseitig ständig im Blick haben müssen. Verlieren sich die beiden aus dem Auge, werden beide sofort von den bei der Montage anwesenden, bewaffneten Sicherheitskräften (Militärpolizei) vorübergehend unter vorgehaltener Waffe mit dem Gesicht auf den Boden ("face down") verhaftet, bis sichergestellt ist, dass an den Kernwaffen nicht manipuliert wurde.

Es ist wenig glaubwürdig anzunehmen, dass sowohl die für die Bewachung des Kernwaffenlagers zuständige Einheit, als auch die für den Transport zuständige Einheit, die für die Bewachung des Transports und der Montage zuständigen Einheiten der Militärpolizei, die für die Montage zuständigen Techniker einfach so mal eben einen ganzen Satz scharfer Sprengköpfe aus dem Regal holt und auf Trägersysteme montiert, ohne von ganz oben dazu die notwendigen ausdrücklichen schriftlichen Befehle zu haben. Ganz zu schweigen von der Besatzung des Bombers.

Aber gehen wir mal davon aus, dass diese unvorstellbare Kette von Zufällen tatsächlich eingetreten ist. Nehmen wir mal an, sämtliche Kontrollen, Sicherungsinstanzen und administrativen Befehlsketten hätten versagt. Hätten dann nicht schwere Strafen oder Disziplinarmaßnahmen ausgesprochen werden müssen? Immerhin reden wir hier vom ersten Verstoß gegen eine ganze Latte von Vorschriften, die seit 40 Jahren in Kraft sind. Sollte man doch eigentlich bei einer Armee erwarten, die ihre Soldaten schon für das Veröffentlichen der eigenen Meinung in den Bau steckt, oder?

US Militärpolizei bewaffnetTatsächlich wurde der diensthabende Offizier der Einheit, die die Munitionslager bewacht, zeitweise vom Dienst befreit ("relieved of duty pending an investigation"). Er wurde nicht seiner Stellung enthoben oder disziplinarisch bestraft. Den beteiligten Mannschaften wurden zwar vorübergehend die Berechtigungen für das Verrichten dieses Dienstes entzogen ("temporarily decertified pending corrective actions or additional training"), aber auch hier wurden keine Strafen oder disziplinarischen Maßnahmen verhängt. Der oberste diensthabende Offizier, der Wing Commander, wurde erst gar nicht erwähnt. Die verhängten Maßnahmen sind am Ende warme Luft und haben keinen Einfluss auf die jeweiligen Karieren der betroffenen Soldaten. Ich finde das eigenartig, denn es lässt nur den einen Schluss zu, dass von ganz weit oben der Transport angeordnet wurde.

Wie kann dann das US-Militär aber öffentlich zugeben, dass es für mehrere Stunden nicht gewusst habe, wo sich seine Kernwaffen befinden? Wie kann es dann sein, dass die Raketen nach ihrer Ankunft in Barksdale AFB als ungefährlich und damit unwichtig eingestuft wurden, die lediglich modernisiert oder verschrottet werden sollten?

Es dauerte fast 10 Stunden, bis die Soldaten der Minot AFB ihre Vorgesetzten davon überzeugen konnten, dass scharfe Atomsprengköpfe fehlten. Informationen, die dem US-Kongress vorgelegt wurden, besagen, dass zehn Stunden verstrichen, bevor die Soldaten auf der Barksdale AFB "bemerkten", dass Sprengköpfe fehlen, aber es kommt noch besser.

Die ersten Berichte der Presse aus Barksdale sagten, dass fünf Sprengköpfe auf den Raketen am Bomber gewesen wären (zb hier, hier und hier). Als es später aus Minot AFB hieß, dass sechs Sprengköpfe vermisst werden (zb. hier, hier, hier und hier) wurden viele dieser Berichte in den Medien im Nachhinein entsprechend angepasst - ohne Fragen zu stellen. Das Militär nahm zur Anzahl der Sprengköpfe allerdings zu keinem Zeitpunkt offiziell Stellung.

Stattdessen tritt unser Innenminister an die Presse und warnt vor einem nuklearen Anschlag...

(Quelle: AFP, FAZ, New York Times, Spiegel, LA Times, uvm.)

Samstag, 15. September 2007

Futterneid

Warum Männer mit Babys solche Probleme haben, hat Wilkinson zum Inhalt seiner neuen Werbekampagne gemacht. Unbedingt sehenswert :-)

(danke Khabarakh)

Argh!

Es ist soweit... Morgen ist Weihnachten.

Freundschaftsangebot

Merkel Sakozy Atombombe
Frankreichs Präsident Sarkozy hatte vergangenen Montag unserer Bundeskanzlerin angeboten, an Frankreichs "Force de Frappe" mitzuwirken. Diese Nuklearstreitmacht beschütze schließlich auch das Nachbarland, so seine Argumentation. Wie wäre es, wenn die Bundesregierung überlegen sich dann auch an der Entscheidungsgewalt über die Atomwaffen beteiligte? Steinmeier entgegnete Sarkozy, Deutschland habe nicht vor sich Kernwaffen zuzulegen. Außerdem sei man seit 1975 Mitglied im Atomwaffensperrvertrag. Die Bundeskanzlerin pflichtete dem SPD-Minister ausdrücklich bei.

Übrigens: Es wird schon lange gemunkelt, dass Deutschland im Besitz einiger durch die USA überlassener Atombomben ist. Die Bundesregierung lehnt zu diesem Thema jedoch jegliche Stellungnahme ab...

Entartet

"Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kult im Ritualismus und die Kultur entartet. Sie verliert ihre Mitte."

Kardinal Joachim Meisner
Kunst gilt nach gängiger Auffassung als Produkt der Kultur, eine Hervorbringung von Menschen, das Ergebnis eines kreativen Prozesses. Kunst ist nicht zwingend an irgendeine Religion gekoppelt. Jede Kultur hat Kunst hervorgebracht und Kunst kann damit als eines der entscheidenden Merkmale für Kultur generell gelten. Ob man nun von "entarteter Kunst" oder von "entarteter Kultur" spricht, ist deshalb nebensächlich, man bedient sich so oder so der Wortwahl der Nationalsozialisten und nimmt, ob gewollt oder nicht sei dahingestellt, Bezug auf deren Rassendenken. Entsprechend deutlich fallen die Reaktionen aus:
"Dass Kardinal Meisner sich zu einem solchen Sprachgebrauch hinreißen lässt, ist erschreckend und zeigt, dass er keinerlei Zugang zu Kunst und Kultur hat."

Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff,
Kulturstaatssekretär Nordrhein-Westfalen

"Kunst ist frei, darf von niemandem vereinnahmt werden. Wer, wie Kardinal Meisner, bereit ist, Kunst, die nicht in die eigene Denk-Schublade passt, auszusortieren, sie an den Pranger zu stellen, der schürt ein gefährliches Feuer."

Michael Vesper,
ehem. Kulturminister Nordrhein-Westfalen,
Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbunds
Unklar ist, ob die Ansage dieses Kardinals in irgendeinem Zusammenhang mit dem Streit um die Ausrichtung der MTV Europe Music Awards in München an Allerheiligen geht - naheliegend scheint diese Vermutung jedoch irgendwie...

Freitag, 14. September 2007

Next Target: Iran

Bush - AhmadinedschadVor mehr als zwei Jahren wurde im Iran der amtierende Präsident Machmud Achmadineschad gewählt. Die Zeit verfasste damals einen bemerkenswerten Artikel, in dem der am Wahltag interviewte Dichter Asisian einen bedeutungsschweren Satz vor der versammelten Presse losließ:
"Iran braucht keine Atombombe, denn jedes unserer Kinder ist eine Atombombe!"
Dieser Ausruf gelangte damals nicht zu besonderer Aufmerksamkeit und ging schnell wieder im allgemeinen Pressetrubel unter. Jetzt aber, nach mehr als zwei Jahren, wird ein Teil dieser Aussage wieder aufgegriffen, nämlich von dem, der damals gewählt wurde:
"Wieso brauchen wir eine Bombe? Wir brauchen sie nicht."
So jedenfalls übersetzte Channel 4 am Mittwoch ein Interview mit Irans Präsidenten Ahmadinedschad aus dem Garten des Präsidientenpalastes. Der Präsident ging sogar noch weiter. Die iranische Führung halte Atombomben generell für politisch "nicht nützlich". Trotzdem werde der Iran an der Anreicherung von Uran festhalten.

Die Uno verhandelt zur Zeit über schärfere Sanktionen gegen den Iran, um eine Kontrolle durch die IAEA zu erzwingen und so zu verhindern, dass der Iran in den Besitz eigener Atomwaffen gelangt. Zwar forderte der deutsche Botschafter Klaus-Peter Gottwald, dass der Iran sein Programm zur Anreicherung von Uran aussetzen müsse, damit neue Verhandlungen überhaupt möglich werden, insgesamt ist die Haltung der Bundesregierung in dieser Sache jedoch mehr als nur gespalten. Als größter Handelspartner des Irans ist man nicht gerade erbaut von der Vorstellung, dass die für beide Seiten lukrativen Geschäftsbeziehungen durch Sanktionen nachhaltig gestört werden und der deutschen Wirtschaft eventuell Verluste in Milliardenhöhe drohen. Darum ist man in Berlin zur Zeit eher gegen eine zügige Verschärfung der Sanktionen und will lieber die nächsten Entwicklungen abwarten.

Bei einem Treffen mit den fünf ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates und Deutschland, sowie Vertretern des Irans in Berlin letzte Woche unterrichteten Diplomaten die Verbündeten darüber, dass die Bundeskanzlerin weitere Sanktionen gegen den Iran nicht unterstützen werde, man allerdings den zur Zeit durch die UN vorangetriebenden Prozesse voll und ganz unterstütze und hoffe, auf diesem Wege weitere Fortschritte zu erzielen. Das wiederum kommt in Washington gar nicht gut an. Wie Fox berichtet, werten viele Politiker in Washington diese Aussage als Scheitern des nicht militärischen Vorgehens gegen den Iran.

Führende Regierungsbeamte bestätigten demnach, dass man in Washington potentielle Szenarien für ein militärisches Vorgehen gegen das islamische Regime im Iran ernsthaft in Erwägung zieht. Führende Politiker und Offiziere des Militärs beim State Department drängen demnach Secretary of State Condoleezza Rice dazu anzuerkennen, dass der diplomatische Weg gescheitert ist und jetzt eine militärische Lösung gefunden werden müsse.

Laut einer Fox zugänglichen Insiderquelle aus Regierungskreisen beschäftigt sich "everyone in town" an einer breit angelegten Diskussion über die Kosten und Vorteile einer militärischen Intervention gegen den Iran. Diskutiert wird ein Zeitrahmen innerhalb der nächsten acht bis zehn Monate, nach dem die Vorwahlen zu US-amerikanischen Präsidentschaft abgeschlossen sind, aber noch deutlich vor den Präsidentschaftswahlen im November 2008.

Über die deutsche Regierung heißt es aus Washington, dass man sehr genau wisse, wie hin und her gerissen die Politiker hierzulande wären, denn kaum einem ist hier daran gelegen, als sein politisches Erbe einen nuklear bewaffneten Iran zurückzulassen. Darum werden Alternativen gesucht, die jedoch wirklich nicht so zahlreich sind, wenn man betrachtet, welche greifbaren Erfolge der bisherige diplomatische Weg gebracht hat.

Entscheidend für die weitere Entwicklung wird sein, wie der Iran sich in der unmittelbarer nächsten Zeit verhält. Der US-Botschafter bei der IAEA, Gregory Schulte, kritisierte den Iran und nannte es "nicht vertrauensfördernd", wenn der Iran erst von der UN eine Garantie darüber erwarte, dass es keine weiteren Sanktionen geben wird, bevor er bereit sei, seine Verpflichtungen gegenüber der IAEA zu erfüllen. Der deutsche Botschafter Schulte ergänzte die Kritik:
"Kooperieren Sie vollständig, schnell und bedingungslos mit der IAEA. Erkaufen Sie sich nicht Zeit - verdienen Sie sich Vertrauen.“
Vor dem Hintergrund der angeblichen Entwicklung in Washington eine recht vielsagende Aufforderung. Entscheidend wird sein, ob die Bush-Administration die Truppen der iranischen Revolutionsgarden oder Teile davon, die Quds Truppen, als terroristische Einheiten einstuft. Das wiederum wäre für die deutsche Wirtschaft sehr schlecht, denn Firmen, die mit als terroristisch eingestuften Organisationen irgendwelche Wirtschaftsbeziehungen unterhalten, können nach amerikanischem Recht verklagt werden.

Bereits im Juni wurde berichtet, dass die Entscheidung die Revolutionsgarden oder andere Truppen des Irans im weitesten Sinne zu terroristischen Vereinigungen zu erklären, "in Arbeit" ist. Zusammen mit der Verurteilung des Irans durch ein US-Amerikanisches Gericht zu einer Schadensersatzzahlung in Milliardenhöhe, der der Iran wahrscheinlich nicht nachkommen wird, wäre das mehr als genug Rechtfertigung für die USA, einen Militärschlag durchzuführen. Nimmt man dazu die jetzt angekündigte Reduzierung der Truppen im Irak zeichnet sich hier gerade ein sehr konkretes Bild eines durch die USA ausgeweiteten Krieges im Nahen Osten ab.

(Quelle: Fox, Süddeutsche Zeitung, Zeit)

Bei allen Heiligen!

KircheSeit der Sache mit Popetown hat die Katholische Kirche in Bayern eine Rechnung offen mit dem Sender MTV. Jetzt sieht es so aus, als wäre die Stunde für Revanche gekommen: Der Sender will ausgerechnet an Allerheiligen die MTV Europe Music Awards verleihen und das auch noch ausgerechnet im erzkatholischen München. Dieser Tag, in diesem Jahr der 1. November, ist ein gesetzlicher Feiertag und der unterliegt - dem sich immer auf der Höhe der Zeit und nah am Puls der Gesellschaft befindenden Diktum der unfehlbaren und einzig wahren Kirche sei Dank - ziemlich strikten Regeln. Der Tag ist als "stiller Gedenktag" geschützt - man denke in etwa an Karfreitag vor Ostern.

Entsprechend läuft die Katholische Kirche in Bayern Amok und veranstaltet ein gewaltiges Gehabe, denn immerhin steht nicht nur der Bestand des christlichen Abendlandes auf dem Spiel, sondern auch noch die Geburt des Antichristen bevor, wenn ausgerechnet dieses Medienereignis an ausgerechnet diesem heiligsten aller heiligen Feiertage stattfinden darf. So oder so ähnlich sieht das jedenfalls die katholische Kirche in Bayern. Das Erzbischöfliche Ordinariat in München teilte mit, dass von der gesetzlichen Regelung nur dann Ausnahmen möglich wären (falls überhaupt so etwas ungeheuerliches angedacht werden dürfe, man bewegt sich ja geradezu am Rande der Ketzerei!), wenn Veranstaltungen den ernsten Charakter dieses Tages wahren und das kann man ja nun für diesen Event nun wirklich nicht sagen.

Nun ist Mtv nicht irgendein Sender und die Mtv Music Awards sind nicht irgendein Spektakel. Es handelt sich hier ja "nur" um den größten Musiksender der Welt und die wichtigste Veranstaltung der Musikindustrie auf dem europäischen Markt. Der Event soll ja auch nur in der nachgerade winzigen Münchner Olympiahalle stattfinden und die soll ja auch nur in 169 Länder übertragen werden. Life, versteht sich. Die Stadt München jedenfalls steht zu der Ausnahmegenehmigung und begründet das nicht nur mit der Einmaligkeit des Events, sondern auch mit der für die Kirche wahrscheinlich schwer nachzuvollziehenden Tatsache, dass sich solche Events nicht "mal eben" planen und schon gar nicht beliebig verschieben lassen.

Winfried Röhmel, Leiter der Pressestelle des Erzbischöflichen Ordinariats, sieht das - oh Wunder! - völlig anders. Gegenüber der in München erscheinenden Abendzeitung sagte er:
"Wenn ein Herr Timberlake nur an Allerheiligen Zeit hat, können wir deshalb unsere Feiertagskultur nicht auf den Wertstoffhof schaffen"
Das Verhalten der Stadt München nannte er bedauerlich und respektlos.

Wie deutlich kann man noch zeigen, dass diese steuerfinanzierte Kultgemeinschaft und die Welt von heute wenig bis gar nichts miteinander zu tun haben?

(Quelle: Tagesspiegel)

So gehts auch

Arbeiterinnen in ChinaEine Firma in Xiamen, China, bestimmte kürzlich, dass Mitarbeiter nichts entgegnen dürfen, wenn sie von Vorgesetzten gemaßregelt werden. Sollten sie sich daran nicht halten, können sie mit Bußgeldern belegt werden oder sogar entlassen werden, wie eine Angestellte dieser Firma jetzt am eigenen Leib erfuhr. Sie wurde von einem Vorgesetzten für einen an sich unbedeutenden Fehler kritisiert. Sie fand die Kritik ungerechtfertigt und begann eine Debatte mit ihrem Vorgesetzten.

Am Tag darauf erfuhr die Angestellte, dass sie 30 Yuan (umgerechnet ca. 2,80 Euro) Strafe zu zahlen hätte, weil sie mit ihrem Vorgesetzten debattiert habe. Sie fühlte sich unfair behandelt und ersuchte um Vorsprache bei einem höher in der Firmenhierarchie stehenden Vorgesetzten. Auch mit diesem begann sie den Vorfall auszudiskutieren. Der wiederum fand das nun so rein gar nicht komisch und feuerte sie kurzerhand. Sicherheitspersonal begleitete sie daraufhin vom Firmengelände.

Für die Frau ist die Sache damit jedoch nicht vom Tisch. Sie sucht jetzt Hilfe bei den staatlichen Behörden für Arbeitsaufsicht - womit sich mir die Frage stellt, wie die wohl darauf reagieren. Mit Deportation?

(Quelle: China Daily)

Donnerstag, 13. September 2007

Offene Fragen nach sechs Jahren

Es ist jetzt mehr als sechs Jahre her, dass am 11. September 2001 zwei Passagierflugzeuge kontrolliert in das World Trade Center gesteuert wurden. Die beiden Türme stürzten bald darauf ein und es kamen mehrere Tausend Menschen ums Leben. Der meterielle Schaden ist bis heute nicht genau beziffert, der moralische Schaden unbezifferbar. Als unmittelbare Folge dieses Anschlags begann die USA mit ihrem Krieg gegen den Terror, der bis heute andauert und dessen Ende ebensowenig absehbar ist, wie dessen tatsächliche "Erfolge" - will man die drastischen Eingriffe in die Grundrechte der Bürger in fast allen westlichen Ländern nicht zynisch als "Erfolg" bewerten.

Seit dem die insgesamt drei Gebäude des World Trade Centers einstürzten ranken sich viele Mythen um die Vorgänge. Die "offizielle" Lesart der Vorfälle der US-Regierung ist, dass die Gebäude durch den Einschlag der Flugzeuge zum Einsturz gebracht wurden. Daran wird nicht erst seit gestern von Fachleuten gezweifelt. Mehr als 160 Architekten und Ingenieure haben sich zusammengeschlossen und Indizien und Beweise zusammengetragen und neu bewertet und versucht, die Vorgänge in diesen Gebäuden zu rekonstruieren. Darüber gibt es ein recht ausführliches (englisches) Video:

Nach Ansicht der Architekten und Ingenieure, die sich intensiv mit der Thematik beschäftigt haben und selber jeden Tag mit der Materie unmittelbar befasst sind, war der Einsturz des World Trade Center keine direkte Folge des Angriffs der Terroristen, sondern eine "vorbereitete Demontage", für die im Gebäude platzierter Sprengstoff verwendet wurde.

Sicher, "Verschwörungstheorie" steht immer in großen, roten Lettern über solchen Berichten, allerdings stellen sich zumindest mir doch so einige Fragen...

Knast für Ausbildung

Wir erinnern uns an die Debatte kürzlich mit dem Thema "Ausbildung in Terroristencamps"? Prima. Der hessische Innenminister der CDU, Volker Bouffier, hat in der Debatte nachgelegt und gegenüber der Welt neue Forderungen präsentiert:
"Wir sollten den Nicht-Deutschen die Einreise verwehren, die eine Ausbildung in ausländischen Terrorcamps absolviert oder einen Terrorauftrag haben. Das muss im Aufenthaltsrecht dringend geändert werden"
Er verlangte von der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, SPD, dass sie einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen habe, der eine Ausbildung zum Terroristen unter Strafe stellt. Zur Zeit tagt die Innenministerkonferenz in Berlin und beschäftigt sich unter anderem mit diesem Thema. Die von der CDU regierten Länder wollten der Justizministerin deshalb noch einen Monat Zeit geben, bevor sie selber aktiv werden, so Bouffier.

Merke: Jeder Unsinn lässt sich beliebig steigern.

(Quelle: dpa)

Verbotsdebatte auswärts

KoranIn den Niederlanden geht es in der Debatte um "fremde Religionen" ähnlich kurios zu, wie hierzulande. Dort forderte Geert Wilders, Chef der sehr rechtslastigen "Volkspartei für Freiheit und Demokratie" PVV, dass der Koran in den Niederlanden verboten werden sollte. Er verglich die heilige Schrift des Islam mit "Mein Kampf" von Adolf dem Einmaligen. Daraufhin forderte der Kulturminister Ronald Plasterk in einem Zeitungsinterview, dass man das Verbot genau dieses Buches aufheben sollte. Nach seiner Ansicht wäre es nicht schädlich, dieses Buch öffentlich zu verkaufen.

Auch die Anne Frank Stiftung schloss sich dieser Einstellung an, betonte jedoch, dass die Freigabe im richtigen Zusammenhang, unabhängig und wissenschaftlich sein müsse. Sybrand van Haersma Buma, Abgeordneter der Regierungspartei CDA lehnte das Ansinnen dagegen radikal ab. Das Buch zielt auf die Tötung von Juden und "ein Richter hat es deshalb verboten." Seit 1974 ist das Buch in den Niederlanden verboten.

Insgesamt eine interessante Debatte, finde ich. Es ist schon interessant, dass es Politiker gibt, die den Koran auf eine Stufe mit "Mein Kampf" stellen und deshalb ein Verbot fordern. Viel interessanter finde ich jedoch, dass einige andere Politiker erkennen, dass von einem Buch ersteinmal keine Gefahr ausgehen kann, denn es sind immer die Menschen, die einer Idee zum Leben verhelfen. Wie auch hierzulande, so ist auch in den Niederlanden zu beobachten, dass ein Verbot sich mit den Inhalten und Ideen auseinanderzusetzen, ziemlich erfolglos ist und am Ziel vorbei geht.

Um so bewundernswerter zu sehen, wie unverkrampft man anderswo mit dem Thema umgeht, während man hierzulande auch schon mal für die Verwendung der Bundesflagge in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt wird. Da haben wir hier echt noch viel zu lernen.

(Quelle: n-tv)

Einkaufen mal anders

Berlin Eröffnung Mediamarkt AlexaMir passieren hin und wieder eigenartige Dinge beim Einkaufen. Ich beobachte auch jeden Tag aufs Neue, dass Menschen zum chronischen (vererbbaren?) Schwachsinn neigen. Und dann gibt es Tage, da erfahre ich was passiert, wenn diese schwachsinnigen Horden sich versammeln und gemeinsam einkaufen gehen. Das kann man sich nicht vorstellen, dass muss man gesehen haben, denn dafür fehlen selbst mir die Worte. Die Spinnen total. Die Welt (unter anderem) berichtet, dass es sogar Verletzte gegeben hat, was mich in Anbetracht solcher Bilder überhaupt nicht wurdert. Was mich wundert ist, dass es nur so wenige Verletzte gab...

Einfach unfassbar.

Wirklich aus?

iPhoneDas iPhone gehört zu den Geräten, deren Hype unermesslich zu sein scheint. Und je größer der Hype, desto eher stellt sich die Frage: "Wo ist der Haken?" Auch ich bin vom iPhone ziemlich fasziniert. Allerdings ist diese Faszination inzwischen von einigen nachdenklichen Fragen durchsetzt. Da wäre zunächst mal die Sache mit den Klingeltönen. Nicht etwa, dass man unbedingt hunderttausende Klingeltöne bräuchte, aber vielleicht möchte man doch zumindest diesen einen... und vielleicht gibt es da ja auch den einen oder anderen Bekannten, den man schon am Klingeln erkennen möchte.

Fast jedes einigermaßen moderne Handy ermöglicht es ohne Probleme, sich beliebige Sounds als Klingeltöne einzustellen, sogar für jede gespeicherte Rufnummer einen eigenen. Beim iPhone nicht... nun, Apple hat jetzt immerhin schon mal bekannt gegeben, dass man gnädig, wie man ja so ist, das iPhone doch für eigene Klingeltöne öffnen wolle. Aber die kann man nicht etwa vom eigenen Rechner, sondern nur aus dem iTunes-Store erwerben, wo man kurze Samples erstellen und dann auf sein Handy ziehen kann. Für 99Cent pro Sample. Und dann darf man sie - für nocheinmal 99 Cents auch wirklich als Klingelton benutzen.

Auch die Idee, das Handy komplett für Software von Fremdanbietern zu sperren, stößt nicht gerade auf Gegenliebe. Zwar gibt es findige Coder, die Mittel und Wege gefunden haben, dem iPhone auch völlig fremde Software aufzuzwingen, aber Apple reagierte bereits und gab bekannt, dass man dieses "Problem" mit dem nächsten Softwareupdate "beheben" werde. So kann man sich natürlich auch Freunde machen.

Naja und dann ist da noch diese Sache mit den Verträgen. In den USA kann man das iPhone ja nur mit einem Vertrag von AT&T bekommen. Der ist für die meisten "Normaluser" wahrscheinlich eine richtig tolle Sache, aber es gibt da so ein paar Haken. Einer dieser Haken ist ein kleines technisches Detail dieses Wunderhandys, von dem jetzt die Familie eines Unternehmer aus den USA ziemlich unangenehm überrascht wurde.

Alle drei besitzen ein iPhone: Vater, Mutter und Tochter. Man machte Urlaub und - man gönnt sich ja sonst nichts - schipperte gemütlich mit einem Kreuzfahrtschiff durchs Mittelmeer. Das iPhone war immer dabei, allerdings immer ausgeschaltet. Nach Ende der Kreuzfahrt jettete man wieder nach Hause und freute sich über die Urlaubserinnerungen - bis zu dem Augenblick, wo die 54 (vierundfünfzig) Seiten lange Rechnung des Providers ins Haus kam. Während des Urlaubs hatten alle drei iPhones zusammen insgesammt 4.800 US$ an Gebühren erursacht. Im ausgeschalteten Zustand!

Anfrage bei Apple und siehe da: Das iPhone fordert ständig Daten an. Unter anderem versucht es auch emails zu ziehen, damit diese auf dem iPhone sind, sobald der Anwender das iPhone benutzen will. Auch dann, wenn das iPhone scheinbar ausgeschaltet ist. Nun steht in den mit dem Handy zusammen verkauften Verträgen von AT&T etwas von "unlimited Data transfer", nur gilt das eben nicht im Ausland.

Auf die entstehenden Kosten weist AT&T irgendwo in seinen fast 7.000 Wörter langen "Terms and Conditions" nachdrücklich hin: "Substantial charges may be incurred if phone is taken out of the U.S. even if no services are intentionally used." Toll nicht? Die Familie zieht jedenfalls vor Gericht und AT&T hat daraufhin bereits eine teilweise Übernahme der Rechnung angeboten. Die Familie sieht jedoch nicht ein, auch nur einen Cent bezahlen zu müssen - würd ich auch erstmal nicht. Die Chancen stehen wohl nicht schlecht, dass die Familie Recht bekommt und AT&T auf den Kosten sitzen bleibt, für die dann wohl wiederum Apple in Regress genommen wird.

Ob es hier in Deutschland zusammen mit dem iPhone eine "Datenflatrate" geben wird? Möglich. Der Preis dürfte es jedoch in sich haben und eins wird auch hierzulande mit ziemlicher Sicherheit von der Flatrate ausgenommen sein: Telefonate aus dem Ausland...

Ich bin zwar noch immer neugierig auf das iPhone, aber kaufen? Nein, sicher nicht. Die bisher passierten Geschichten reichen, um selbst mich abzuschrecken.

(Quelle: newsday)

Mittwoch, 12. September 2007

Bestimmungsfragen

Kreuz Denkmal KranzVor wenigen Tagen machte sich der Generalsekretär der CSU, Markus Söder, bei vielen beliebt, indem er feststellte, dass wir in Deutschland mehr Patriotismus brauchen und deshalb gehören seiner Ansicht nach in Klassenzimmer auf jeden Fall Kruzifixe und keine Kopftücher. Unterstützt wurde er mit dieser Forderung kurz darauf von Ronald Pofalla, Generalsekretär der CDU, der ebenfalls verlangte, dass in allen Klassenzimmern Kreuze aufgehängt werden müssen, damit "das Bekenntnis zum Christentum im öffentlichen Raum erhalten bleibt".

Ich meine, ist ja auch naheliegend. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich über die Werte und moralischen Vorstellungen in Deutschland bewußt werden. Wie ginge das besser, als unmittelbar jedem die Folgen für abweichlerisches Denken jeden Tag prominent unter die Nase zu halten? Knüpft ja nahtlos an ein Vorgehen aus der bei CDU/CSU offenbar sehr beliebten Zeit an, nämlich der des Mittelalters. Schon damals gehörte die "Territion", das Zeigen und Erklären der Folterwerkzeuge, verankert in der Constitutio Criminalis Carolina von 1532, zum "üblichen" Bestandteil der Strafrechtspflege. Erstaunt noch irgendjemanden, dass kurz darauf der Papst in Österreich erklärte, dass der christliche Glaube doch viel mehr sei, als eine reine Moralvorstellung?

Muss Deutschland jetzt doch noch mehr und noch radikaler reformiert werden? Gab es da nicht etliche eklatante Unterschiede zwischen der katholischen Doktrin päpstlichen Diktats und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sowie deren sonstiger Rechtsprechung? War da nicht zum Beispiel was mit Abtreibung, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung unabhängig von Geschlecht und Religion und so weiter? Wahrscheinlich verwechsel ich mal wieder alles, aber war es nicht so, dass die Staatsangehörigkeit entscheidet, ob man Deutscher oder Türke oder Russe oder Inder ist und nicht die Religion? Oder sind alle Christen automatisch Deutsche?

Wie wäre es, statt der in meinen Augen völlig schwachsinnigen Diskussion um Kopftücher und kultische Folterinstrumente in Klassenzimmern, mal mit der Idee, dafür zu sorgen den Kindern und Jugendlichen klar zu machen, dass sich auch hier die Religion dem Staat unterordnet? Wie wäre es - nur so als Idee - wenn man statt eines Tötungsinstruments eines nicht völlig kritikfreien Kultes in jedes Klassenzimmer eine Deutschlandfahne und eine Karte unseres Landes hängt und vielleicht sogar noch ein Grundgesetz dazu stellt? Machen andere ja schließlich auch.

Das wäre kein Präzedenzfall, denn in anderen Staaten ist das durchaus Tradition, ganz weit vorne wären da die USA zu nennen. Das vermeidet auch den Streit um die religiöse Identität, denn es sollte für die Staatsbürgerschaft völlig egal sein, ob und was irgendjemand anbetet. Auch die kulturelle Identität bleibt unberührt, denn ob jemand hier aus welchen Gründen auch immer zwanghaft um fünf Uhr seinen Tee in sich hinein kippt oder jedes Jahr mindestens einmal nichts essen will hat doch nichts damit zu tun, ob er Deutscher sein kann und will und sich mit diesem Land, diesem Staat identifiziert oder nicht.

Das sehen deutsche Politiker offenbar anders. Vielen davon ist es völlig wumpe, ob sie mit ihrer sogenannten "deutschen Leitkultur" anderen voll vor die Stirn treten. Denen ist es auch völlig schnurz, ob sie mit ihrer oftmals heuchlerischen Betonung der Bedeutung der christlichen Werte für ihre Partei allen Angehörigen anderer Religionen den Finger zeigen und so deutlich sagen "Fuck off, Du interessierst uns nicht". Nein, damit nicht genug. Wer anderen Religionen angehört, besonders dem Islam, der ist pauschal verdächtig. Wer sogar vom Christentum zum Islam wechselt, der erstrecht.

Darum fordert der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion Wolfgang Bosbach die Einführung eines "Konvertiten-Registers". Er hält eine solche Brandmarkung, Entschuldigung, amtliche Registrierung für "sinnvoll, denn wir wissen, dass sich einige nach dem Übertritt radikalisieren lassen. Das ist kein Generalverdacht, sondern eine Gefahrenabwehr." Man höre und staune. Weil es ein paar schwarze Schafe gibt, sind alle erstmal in ein Register aufzunehmen. Natürlich eins, das öffentlich zugänglich ist. Man will ja wissen, wer so alles in der Nachbarschaft haust.

Parallel dazu fordert der stellvertretende Vorsitzende der CDU und niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff die in Deutschland lebenden Moslems zur Denuntierung auf. Islamisten in den eigenen Reihen seien den Sicherheitsbehörden zu melden, denn jeder hätte die Pflicht, die Behörden beim Kampf gegen Extremisten zu unterstützen. Woraus sich diese Pflicht ableitet und was die Verfassungsgrundlage dieser speziellen Bürgerpflicht besonders für Moslems sein soll, ließ er natürlich offen.

Wundert es da noch, dass der Bundesinnenminister Schäuble von der CDU fordert, die Diskussion um die Beschneidung der Grundrechte endlich zu dadurch zu beenden, dass man die von ihm, natürlich nur stellvertretend für alle Fachleute und Sicherheitsexperten, geforderten Gesetze endlich ohne weitere Diskussion verabschiedet werden? Mich nicht.

Die CDU nennt sich selbst "christlich" und misst diesem Attribut sehr viel Bedeutung bei. Wenn "christlich" dafür steht, dass man den (Mit-)Bürger als Gegner, als potentiellen Feind und als ständige Bedrohung des Staates versteht, dann wird es Zeit auf breiter Front die Frage zu stellen, ob "christlich" wirklich genau das Attribut ist, das eine zukunftsfähige Gesellschaft der (noch) drittgrößten Wirtschaftsmacht der Erde dringend braucht.

Überschrift des Tages (32)

Die taz berichtet, was vielen sicherlich einen ehrliches und beherztes "STRIKE!" entlocken wird:

Gravenreuth verurteilt
Der vielen in erster Linie durch zum Teil obskur anmutende, durch viele Medien breitgetretene Abmahnaktionen bekannte Anwalt Gravenreuth hatte sich mit der taz angelegt: Weil er angeblich unbestellt eine Bestätigungs-Email für den taz-Newsletter erhalten hatte, mahnte er die taz gebührenpflichtig ab. Es ging um 661 Euro und 71 Cents. Obwohl die taz die Summe zahlte, pfändete der umstrittene Anwalt die Domain der taz, versuchte sie selber zu verwerten und sogar zu versteigern - das allerdings wurde durch ein Gericht verhindert und die taz erstattete Anzeige wegen versuchten Betruges.

In Folge dieser Strafanzeige wurde sogar die Kanzlei des Anwalts durchsucht. Vor dem Amtsgericht Tiergarten versuchte der Anwalt sich erfolglos zu verteidigen. Das Gericht glaubte ihm nicht, dass ausgerechnet er sich über die Rechtslage nicht im Klaren gewesen sei und irrtümlich von noch offenen Forderungen ausgegangen sei. Der Anwalt war bereits im Jahre 2000 wegen Urkundenfälschung in 60 Fällen rechtskräftig verurteilt worden. Anfang 2007 war er, allerdings noch nicht rechtskräftig, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er Mandantengelder nicht ausgezahlt hatte. Das Gericht hielt gestern deshalb eine Geldstrafe für nicht mehr ausreichend und verurteilte den Anwalt zu 6 Monaten Freiheitsstrafe.

Die Strafe wird NICHT zur Bewährung ausgesetzt:
"Nur weil die taz einen Anwalt hatte, der Ihnen in den Arm gefallen ist, haben Sie die Domain nicht verwertet. Die Allgemeinheit muss vor Ihnen geschützt werden."

Richterin Nissing, Amtsgericht Tiergarten
Außerdem, so die Richterin, sähe das Gericht keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich der Anwalt in Zukunft an die Rechtsordnung halten werde. Anwalt Gravenreuth wird mit rechtskräftig werden dieses Urteils nach landläufigem Verständnis vorbestraft sein. Ob er damit auch weiterhin als Anwalt tätig sein darf, ist eine andere Frage.

Da sag ich mal: 100% Pure Ownage!

(Quelle: taz, danke Khabarakh)

Dienstag, 11. September 2007

Alle einsperren!

BrustVöllig überrascht hat mich, dass der Deutsche Bundestag zur Zeit eine Reform des Sexualstrafrechts durchwinkt. Nicht überrascht hat mich etwa, dass diese "Reform" im Detail Regelungen enthält, die an Absurdität kaum zu überbieten sind, sondern die Tatsache, dass daraus auch von den Medien so ein Geheimnis gemacht wird. Oder hat schon irgendjemand bei den großen der Tagespresse etwas davon gelesen, wer im Sinne des Sexualstrafrechts bald für wie lange im Knast verschwindet? Nein? Ich auch nicht.

Einige der herausragenden Punkte dieser "Reform" machen selbst mich ziemlich sprachlos. Da ist zum Beispiel geplant, den Begriff des "Jugendlichen" (15- bis 18jährige) im Sexualstrafrecht zu streichen und komplett gegen "Kind" zu ersetzen. Das ist mehr, als nur eine reine Begrifflichkeit oder Sitzfindigkeit, denn Kinder (bislang alles unter 15) sind nicht rechtsmündig. Die Idee dahinter ist, dass Kinder nicht abschätzen können, was sie da grade tun und sie sollen vor ihrer natürlichen Unerfahrenheit geschützt werden. Darum können sie nicht selber zu allem und jedem rechtsverbindlich zustimmen, sondern müssen ihre Eltern entscheiden lassen. Das gilt ab "demnächst" für alle bis einschließlich 18 Jahre - zumindest im Sexualstrafrecht.

Da nach dem reformierten Sexualstrafrecht jede sexuelle Handlung erfasst wird, ist es völlig egal, wie alt der Täter ist. Selbst wenn der selber noch 13, 15 oder 17 Jahre alt ist: Täter ist Täter und dieses Gesetz bezieht sich explizit auf "sexuelle Übergriffe gegen Kinder". Daraus folgt, dass es bald keinen einvernehmlichen Sex mehr zwischen Jugendlichen geben kann, ohne sich dem Risiko eines längeren Gefängnisaufenthalts auszusetzen, denn die Mindeststrafe für "sexuelle Übergriffe gegen Kinder" soll vier Jahre Gefängnis betragen.

Falls das jemandem nicht klar ist: Ein Kind wird auch vor Gericht völlig anders behandelt als ein Erwachsener. Während in einem Strafprozess gegen Erwachsene dem Angeklagten jegliche Rechtsmittel nach seiner Wahl offen stehen, entscheiden im Falle eines Kindes andere darüber, was "das Beste" für das Kind sein könnte, unabhängig davon, ob das Kind das nun will oder nicht - und nicht vergessen, wir reden gerade von Menschen, die eventuell schon 16, 17 Jahre alt sind.

Super, oder? Es kommt aber noch besser. Nicht nur werden Kinder und Jugendliche genauso bestraft wie Erwachsene, auch die Kunst und die Medien und auch die Modewelt dürfen sich warm anziehen. Jede Abbildung (Bild, Foto, Video, Zeichnung oder Kunstwerk) von Personen unter 18 Jahren wird zum schweren Verbrechen mit einer Mindeststrafe von vier Jahren Gefängnis, wenn die Person in "aufreizender Pose" dargestellt wird - egal ob nun nackt oder komplett bekleidet. Übrigens gilt das auch, wenn die abgebeildete Person zwar schon älter als 18 Jahre ist, man sie aber für jünger halten kann. Für vier Jahre in den Knast wandert natürlich nicht nur der, der solchen Schund herstellt, sondern auch jeder, der ihn hat, anderen gibt und so weiter.

Wichtig ist hier, dass es nicht mehr nur um Kinderpornographie geht, etwas, das völlig zu Recht verabscheuungswürdig ist. Es geht um Moralvorstellungen. Es geht nicht um "sexuelle Handlungen", die Erwachsene an Kindern vornehmen oder so, sondern es geht um "aufreizende Darstellungen", eine Formulierung, die man aus den in Sachen Sexualität als besonders liberal eingestellten USA kennt (§2256 Federal Criminal Code).

Übrigens: Diese exzessive Reform des Rechtsverständnisses ist begrenzt auf das Sexualstrafrecht. Eine vergleichbare Reform ist nicht etwa auch für Raub, Diebstahl, Körperverletzung oder Mord vorgesehen. Im Gegenteil. Die Verschärfung richtet sich ausschließlich auf alles, was irgendwie mit "Sex" und "unter 18" zu tun hat, ohne Ansehen von Person, Einzelfall, biologischer oder gesellschaftlicher Wirklichkeit. Das ist auch sehr schön den Einlassungen der Sachverständigen zu entnehmen, die der Deutsche Bundestag zu diesem Thema gehört hat. Besonders die Aussagen von Dr. Helmut Graupner und Dr. Philipp Thiee sollten bei allen die Alarmglocken laut scheppern lassen. Bei den Politikern jedenfalls bestand die Reaktion auf die Aussagen und den Gesetzentwurf aus umfassendem, intensiven und ausdauerndem Schweigen, was wohl bedeutet, dass der Gesetzentwurf ohne größere Probleme durchgewinkt werden wird.

Ist die Verschärfung notwendig? Gute Frage. Eine Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen (erinnern wir uns an den Namen Pfeiffer?) ist die deutsche Bevölkerung davon überzeugt, dass sich die Anzahl der Sexualmorde zwischen 1993 und 2003 fast vervierfacht hat. Tatsächlich sank die Zahl der schweren Sexualverbrechen zwischen 1981 und 2004 auf ein Drittel. Die Feststellung dieses Rückganges fand auf Grundlage der bisher geltenden Rechtsprechung statt, was mir die Frage aufzwingt, was die Reform erreichen soll? Einen Anstieg der Fallzahlen in den Statistiken?

Ach ja: Der Versuch soll in allen Fällen ebenfalls strafbar sein.

(Quelle: Bundestag, Süddeutsche Zeitung, Telepolis, Journalismus)