Jetzt hat der Stern ein Interview mit der sogenannten Expertin veröffentlicht, in der sie ihre Paranoia auf ganzer Breite ausleben darf. Der Tenor des Interviews: Unter 16 Jahren kein Internet, das Internet ist böse und alle sind Kinderschänder und das Internet ist eine einzige Sammlung von Gewalt und Verbrechen und alle Inhalte sind sowieso illegal:
"Es gibt unzählige Angebote im Internet, bei denen Kinder und Jugendlichen an Pornografie, Selbstmordtipps oder Anleitungen zum Anbau von Drogen kommen."Da frage ich mich, wann die Dame das letzte Mal in einer Bibliothek war oder sich mit solch friedfertigen und porographiefreien Werken wie z. B. der Bibel oder auch nur der Geschichte Westeuropas vom Mittelalter bis zur Neuzeit befasst hat. Das Technikverständnis der Dame ist auch mindestens fulminant und auch das Begreifen von Firmenstrukturen nur als "auf der Höhe der Zeit" zu bezeichnen. So beklagt sie sich darüber, dass sich Teilnehmer eines durch eine Firma angebotenen Chats zwar beteiligen dürfen, ihnen aber die Administration verwehrt bleibt:
Die interne Organisation gleicht dem Nazi-Reich in klein. So gibt es unterschiedliche Hierarchien. Also "normaler User" kann man allenfalls "Teamie", also einfacher Bewacher werden - ob Kind oder Erwachsener. Ins sogenannte Leitungsteam vorzudringen ist fast unmöglich, denn die Macher lassen sich anscheinend nicht gern in die Karten schauen.Nazi-Reich? Weil eine Firma sich herausnimmt, die Administration eines Forums entsprechend der geltenden Rechtslage selber zu bewältigen, ist die Firma direkt mit rechtsextremen Strukturen gleichzusetzen und verdient die Bezeichnung "Nazi"? Die Eltern sind natürlich nur dann gute Eltern, wenn sie sich einer technisch ausgereiften und selbstverständlich völlig unproblematischen Lösung befleißigen:
"Eltern sollten auch Sicherheitsprogramme und Filtersysteme installieren, die man sich im Internet runterladen kann."Natürlich sind alle schlecht. Selbst die, die gut sind, sind schlecht. Denn natürlich gilt für alle Webseiten überall auf der Welt: "Die Betreiber haben gar kein Interesse am Jugendschutz" und Jugendschutzbeauftragte sind oft lediglich eine Sekretärin und deshalb sind alle diese Jugendschutzbeauftragten "reine Kosmetik, um Eltern und Gesellschaft zu beruhigen". Warum ist uns das nur nie aufgefallen?
Selbstverständlich sind alle Kontrollinstanzen wirkungslos und reiner Spökenkrams, besonders wenn es sich um eine "Selbstkontrolle" handelt. Eine Kontrolle, die nicht vom Staat ausgeht und nicht mit Verboten und angemessenen Strafen wie Deportation (oder mindestens doch Gefängnis, Zwangssterilisation und Sippenhaft) hantiert, kann weder gut sein noch überhaupt funktionieren! Wie konnten wir soetwas nur jemals glauben?! Es kann daher natürlich auch nicht mit rechten Dingen angehen, dass in einem Chat für Kinder "über 4000 Kinder-Bilder von irgendwelchen Jugendfreizeiten" zu finden sind. In der Vorstellung dieser Dame existieren Kamerahandys und preiswerte Digitalkameras, die auch Kinder und Jugendliche mit in den Urlaub nehmen, natürlich nicht. Und es ist völlig abwegig zu glauben, dass diese Kinder und Jugendlichen selber Bilder von sich ins Netz stellen wollen.
Ihrer nur brilliant zu nennenden Logik entsprechend kann es deshalb auch nur Teufelswerk sein, wenn eine Webseite eine "Lebensberatung für Kinder" anbietet, denn - so ihre messerscharfe Schlußfolgerung - "So etwas macht kein normaler Kinder-Chat." So so. Weil es ja auch keinerlei "Lebensberatungen" für Erwachsene im Internet gibt, die in Wirklichkeit keine Dating-Portale und Escort-Servicezentren sind. Schon klar. Und Kinder können sich ja auch immer mit ihren kompetenten und ständig erreichbaren Eltern austauschen, die natürlich immer konstruktiv interessiert mit den Problemen ihrer Kinder umgehen.
Gut zu wissen, dass die Erde eigentlich eine Scheibe ist...
(Quelle: Stern)