Samstag, 31. März 2007

Unterhaltung für die Massen

FragezeichenWährend sich Deutschland über sich ins Koma saufende Kids, Hauptschüler, boxende Fernsehmoderatoren und hinreißend schlechtes Fernsehprogramm aufregt, passieren an anderer Stelle ganz andere Dinge, die - wen wundert es - weitestgehend unkommentiert bleiben. Da schaltet der Bundesinnenminister in einer medial aufgebürsteten Showeinlage per Multimediatastatur die Datenbestände der Geheimdienste und Polizei zusammen und verkündet voller Stolz, dass nun 18 Behörden auf alle Daten zugreifen könnten, die die anderen Behörden auch haben. Geheimdienste gegen Bürger einzusetzen - bislang kannten wir das nur von in Verruf geratenen Diktaturen irgendwelcher Bananenrepubliken und aus ganz schlechten Endzeitkrimis.

Gleichzeitig wird uns verkündet, dass Deutschland einer intensiven Sicherheitsreform entgegenstrebt. Das Bundeskriminalamt soll in Zukunft beim Abhören von Telekommunikation und Wohnräumen, der Onlinedurchsuchungen von Privatcomputern und bei der Rasterfahndung sogenannte "Präventivbefugnisse" erhalten. Mit anderen Worten bedeutet das in etwa, dass das BKA in Zukunft selber entscheidet, ob es diese Maßnahmen ergreift und nicht etwa einen Richter konsultieren muss, der den Einsatz dieser Maßnahmen absegnet.

Damit aber nicht genug. Wir erinnern uns an die Lkw-Maut? Die wird jetzt auch zum Instrument der "Terrorbekämpfung" und "Strafverfolgung". Zur Aufklärung "schwerer" Straftaten sollen diese Daten genutzt werden. Die Frage, wann die Pkw-Maut kommt, zwingt sich nahezu auf, denn die wenigsten Straftaten dürften per Verkehrsmittel des Schwerlastverkehrs begangen werden.

Und was ist eigentlich an den Flughäfen los? Seit Monaten gelten Flughäfen als Hochsicherheitszentralen, auf denen - glaubt man den Politikern - man so sicher ist, wie sonst vielleicht noch im hermetisch abgeriegelten Bunker unter dem Reichstag. Und dann wird am Terminal 3 im Flughafen Stuttgart eine Frau erschossen und immer wieder lesen wir von laschen Sicherheitskontrollen, von Tests, die alles als verfehlte Panikmache entlarven, von hyperhysterischen Fluggästen, die ganze Flughäfen lahmlegen, weil jemand eine Sprache spricht, die sie nicht verstehen. Vom Wahnsinn um die Flüssigkeiten, Cremes und Gels ganz zu schweigen.

Es wird zwar gerne auf die nicht unumstrittenen Verhaftungen im Inselkönigreich auf der anderen Seite des Kanals hingewiesen, die ausreichende Begründung wären, um alle von Fluggästen mitgeführten Flüssigkeiten aus allen Flugzeugen zu verbannen. Allerdings weisen Spezialisten darauf hin, dass sich auch Flüssigsprengstoffe nicht im Handumdrehen und schon gar nicht an Bord von Flugzeugen "mal eben" herstellen lassen. Man schätzt aber, dass der Spaß den Konsumenten im Jahr 102 Millionen Euro kostet. Jedenfalls schätzt man auf diese Summe den Wert der pro Jahr vernichteten Flüssigkeiten. Aber wenigstens gibt man zu, dass es gar keine Geräte gibt, um alle Sprengstoffe überhaupt entdecken zu können.

Und nebenher starten unsere Tornados nach Afghanistan, wo sie Aufklärungsflüge machen sollen, damit man die wieder erstarkenden Taliban endlich in den Griff bekommen kann. Der Iran hat sich eine Reihe britischer Soldaten gegriffen und versucht aus denen so viel politisches Kapital zu schlagen, wohl wissentlich, dass dieses Spiel mit dem Feuer sehr übel enden kann. Zwar at der US-Kongress jüngst erst unmissverständlich einen Abzug der Truppen aus dem Irak gefordert. Das verhindert aber nicht, dass Onkel George sich zu militärischer Intervention im Iran gezwungen sieht. Die EU jedenfalls, zur Zeit unter dem Vorsitz unserer Kanzlerin, hat den Briten schon mal vorab den Rücken gestärkt und "angemessene Maßnahmen" angedroht - was das nun wieder sein wird, darf sich jeder selber ausdenken.

Da all das aber viel zu kompliziert und zu anstrengend für die meisten ist, denkt man lieber darüber nach, ob ein Eisbär als Marke eines Zoos geschützt werden darf, regt sich über Korruption in großen Europäischen Unternehmen auf und damit es wenigstens den Anschein von politischem Interesse macht, fordert man verlegen die Abschaffung der Bundeswehr, denn Deutschland ist ja gar nicht in Gefahr und das THW kann das alles ja viel besser.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Aliens - wenn es sie denn geben sollte - sich nur aus einem Grund nicht zu erkennen geben: Ein groteskeres Possenspiel als unseren Alltag kann es nicht geben.

Freitag, 30. März 2007

Tatsachen behaupten verboten

Eine wegen Mordes zu fünf Mal lebenslänglich und 15 Jahren Freiheitsstrafe verurteilte Frau kommt nach 24 Jahren im Gefängnis auf legalem Wege frei. Sie gilt damit - zumindest nach dem rein juristischen Sprachgebrauch - als verurteilte Mörderin. Die ihr vorgeworfenen Taten beging sie als führendes Mitglied einer Vereinigung, wegen derer seinerzeit die Polizei massiv aufgerüstet wurde und extra nicht ganz unumstrittene Methoden der Suche nach Verdächtigen in den Gesetzen verankert wurden.

Der Vereinigung werden mindestens 30 Morde hochrangiger Persönlichkeiten in Deutschland angelastet und gilt damit als in der bisherigen Geschichte wohl die gewalttätigste und wohl auch gefährlichste ihrer Art, die in Deutschland tätig wurde. 1998 löste sich diese Vereinigung selber auf und ging damit den Weg alles Vergänglichen.

Dieser Ansicht ist auch die jetzt freigelassene Frau. Sie will von ihrem Anwalt durchsetzen lassen, dass sie nicht "Mörderin" genannt werden darf und man dürfe sie auch nicht als "schlimmste Terroristin" bezeichnen. Wer gegen diese Regelung verstößt, so schreibt jedenfalls die "Bild", muss mit einer Vertragsstrafe rechnen, deren Höhe von dieser Frau festgelegt werde. Ihr Anwalt sagt, dass sie "in ihrer jetzigen Lebenssituation den Schutz ihres Persönlichkeitsrechts in Anspruch nehmen" wolle. Deshalb müsse sie "derartige diffamierende Veröffentlichungen nicht hinnehmen."

Für die Akten: Diffamierung (von lateinisch: "diffamare", d. h. "Gerüchte verbreiten"). Verleumdung, Ehrenkränkung, besonders partei- oder staatspolitischer Gegner (Wahrig). Als Diffamierung bezeichnet man heute ganz allgemein die gezielte Verleumdung Dritter. Eine Verleumdung wiederum ist die üble Nachrede wider besseres Wissen und die ist strafbar nach §§ 187, 188 StGB.

Schön, dass eine wegen mehrfachen Mordes rechtskräftig verurteilte Mörderin im Nachhinein versucht die Geschichte zu verändern, in dem sie juristisch gegen diejenigen vorgehen will, die Tatsachen aus der Geschichte behaupten. Sowas geht wahrscheinlich nur bei uns.

Donnerstag, 29. März 2007

Handschuhe. Presse und Politik

Da posiert eine erwachsene Frau in durchaus ungewöhnlichem, ja sogar ausgefallenem Outfit für eine Zeitung. Die Zeitung veröffentlicht die technisch und fotografisch wirklich gut gemachten Bilder und setzt Text dazu. Und das Resultat ist ein politischer Skandal ersten Ranges.

Frau Pauli, die Landrätin aus dem Lederhosenländle, die nach gängiger Lesart als nicht völlig unbeteiligt an der Absetzung von König Eddie dem Ersten von Bayern gilt, war schon lange dafür bekannt, nicht unbedingt in jedes konservative Schema zu passen. Die Dame fährt immerhin eine Dukati und ist auch sonst nicht unbedingt dafür bekannt, der Publicity um die eigene Person abgeneigt zu sein. Wenn das eigene Aussehen dabei hilfreich ist, um so besser.

Frau Pauli hatte sich für die Zeitschrift "Park Avenue" ablichten lassen. Eine Bildfolge zeigt sie mit gemalten Augenmaske und schwarzen Latexhandschuhen, weißer Bluse und langem, dunklen Rock. Was bei Models oder Popstars und -Sternchen in der Boulevardpresse bestenfalls noch als "bieder" oder "schon tausendfach gesehen" kommentiert würde, sorgt in dieser Kombination für helle Aufregung. Latexhandschuhe! In schwarz! Wie kann sie nur!

Also bei allem Verständnis für Prüderie und Sensationslust: Die Dame hatte nur schwarze Gummihandschuhe (die einem in jedem billigeren Sexshop nachgeworfen werden) zusätzlich zum sonstigen Outfit an. Weder war sie nackt, noch hat sie auf den Bildern jemandem den Arsch versohlt. Sie hatte Mut, von sich ungewöhnliche und moderne Bilder machen lassen. Was genau ist also das Problem? Oder sind etwa alle neidisch darauf, dass Politiker nicht alle so aussehen wie Tante Angie oder Mutti von der Leyen? Angst davor, dass der Bürger den Politiker als Menschen erkennen könnte, der mehr als nur eine Fassette hat?

Ein typisches Beispiel für "ad homini Attacken": Wenn man sich in Sachfragen nicht mehr zu helfen weiß, dann greift man eben den Menschen an.

Das schafft wirklich Vertrauen in die deutsche Politik...

Mittwoch, 28. März 2007

Frühlingsbilder

Die letzten Tage war einfach zu geiles Wetter, als das ich drinnen in der Bude sitzen wollte. Stattdessen bin ich lieber durch die Botanik geturnt und bin der langsam erwachenden Natur und ihrer Frühlingsstimmung auf den Pelz gerückt.

Sonntag, 25. März 2007

Sommerzeit (2)

UhrNicht vergessen: Ab heute gilt in Deutschland wieder die Sommerzeit! Die Uhren werden eine Stunde VORgestellt.

Dadurch ist es morgens früher hell und wir haben mehr Licht und so... heißt es jedenfalls. Ob's was bringt weiß eigentlich keiner so ganz genau, aber wir machen trotzdem mit.

Samstag, 24. März 2007

Sachen gibts... (118)

Angeblich haben sich "top business professionals" aus Japan an einer umfassenden Marktstudie beteiligt, um die Zeit besser auszunutzen und eine höhere Performance zu erzielen. Als Ergebnis präsentiert die Niban Too Corp. den "Gotta Go" Aktenkoffer für den extra Vorteil vor anderen Mitbewerbern.

Dieser wasserfeste Aktenkoffer sieht aus wie jeder andere, robuste Aktenkoffer, ist im inneren mit einer starken Aluminiumkonstruktion und einer Schüssel aus rostfreiem Edelstahl versehen. Letztere ist mit einem großzügig versiegelndem Verschluß ausgestattet - worüber der Besitzer sehr glücklich sein dürfte.

Der Erfinder verspricht, dass man mit diesem Koffer seinen "Geschäften" überall leise und diskret nachgehen kann, wo man das gerade muß. Je ein ausklappbarer Sichtschirm aus Leder und ein Toilettenpapierhalter vervollständigen die Ausstattung. Ein kleines Tablett mit Tassenhalter (kann am Sichtschirm befestigt werden), ein Schminkspiegel und ein nachfüllbarer Spender mit Handdesinfektion runden diese "must have" Erfindung ab, die wohl keinem Geschäftsmann fehlen darf.

Der Koffer hat eine maximale Traglast von ca. 80 Kilogramm und das Überschreiten führt zum automatischen Erlöschen aller Garantieansprüche und kann zum Platzen des eingebauten Tanks führen...

Bestimmt ein bahnbrechendes Ereignis, wenn dieser Koffer bei Flugreisen vom Zoll oder anderen Behörden geöffnet wird...

Motortest

Schon mal einen Formel 1 Motor getestet?
Man beachte die Krümmer und die Farben im Laufe des Videos...

Freitag, 23. März 2007

Rauchverbotskompromiss (2)

RauchverbotVor einigen Tagen kam das Thema auf, dass Deutschland sich um einen umfassenden Schutz der Nichtraucher kümmern wolle. Deshalb sollte in der Gastronomie ein umfassendes Rauchverbot gesetzlich verankert werden, weil die Erfahrung gezeigt hatte, dass die Gastronomie eine Selbstregulierung nicht umsetzen wollten. Das fanden auch alle ganz toll. Am Anfang zumindest. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen forderten Ausnahmeregelungen. Das fanden wohl auch andere eine ganz tolle Idee, darum forderten bald noch mehr Ausnahmen. Am Ende forderten Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Bayern Sonderregelungen. Gestern nun entschlossen sich die Ministerpräsidenten für ein umfassendes Rauchverbot. Mit Ausnahmen.

Die Mehrheit der Ministerpräsidenten der Länder habe sich darauf verständigt, dass Rauchen in Gaststätten grundsätzlich nur noch in abgetrennten, geschlossenen Räumen erlaubt sein soll. Einige Länder wollen sich die Möglichkeit offen halten, in einzelnen Fällen den Gastronomen Ausnahmen zu erlauben.
"Es gibt einige wenige Länder, die bei der Eckkneipe noch prüfen wollen, ob sie Ausnahmen machen"

Ministerpräsident Roland Koch (CDU), Hessen
Komplett verboten werden soll das Rauchen in allen Behörden, Bildungs-, Kultur- und Gesundheitseinrichtungen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Diskotheken und in der Gastronomie. Gerade in Diskotheken und Tanzlokalen soll es nach dem Beschluss der Ministerpräsidenten keine "Hinterzimmer-Ausnahme" geben. In Altenheimen soll es Ausnahmen in den privaten Wohnräumen der Menschen geben dürfen. Wulff und Wowereit sagten, dass in Vereinshäusern und privaten Klubs das Rauchen vielleicht erlaubt bleibt, doch darf das keinesfalls dazu führen, dass sich kleine Lokale einfach in Klubs umtaufen. Bayern besteht darauf, das Festzelte nicht als "geschlossene Räume" im Sinne dieser Regelung zu verstehen sind - man befürchtet wohl negative Folgen für das Oktoberfest.

Der Kompromiss mit seinen Ausnahmeregelungen wird fast überall kritisiert. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der für sein Bundesland eine Ausnahme eingefordert hatte, lobte dagegen den Kompromiss in den Himmel:
"90 Prozent des Nichtraucherschutzes in Deutschland wird einheitlich sein" "Das ist der größte Schritt zum Schutz von Passivrauchren, den es je in Deutschland gegeben hat" "Ich bin sicher, dass die Länder sehr verantwortungsvoll mit dem Spielraum umgehen werden."
Gerade da darf man so seine Zweifel haben, wie man bei vielen solcher Spielraumentscheidungen immer wieder sieht.

Nach Angaben Wulffs gehen die 16 Ministerpräsidenten davon aus, dass in mehreren Jahren alle Gaststätten rauchfrei sein sollen. Unabhängig von der sich hier aufdrängenden Frage, warum man dann diesen hart kritisierten Kompromiß überhaupt erst zu Papier brachte, ist diese Annahme nicht völlig unbegründet. Die Raucherlobby hat bestenfalls einen eingeschränkten Sieg erzielt. Nicht nur verschiedene Bundespolitiker, auch die einflussreiche Bundesärztekammer warf den Ministerpräsidenten vor, mit diesem Kompromiss nicht im Sinne der Bevölkerung gehandelt zu haben. Auffällig ist wohl auch, dass ausschließlich CDU/CSU regierte Bundesländer Kompromisse zum Nachteil der Nichtraucher und der Gesundheit aller gefordert haben. Wieviel Geld da wohl von den Tabak- und Zigarettenherstellern wohl fließen mag?

Die Initiatoren des Rauchverbots auf Bundesebene bereiten deshalb auch schon den zweiten Schritt vor. Über den Umweg des Gesundheitsschutzes für Arbeitnehmer, der bundeseinheitlich geregelt wird, soll das Rauchen noch weiter eingeschränkt werden. Von Seiten der EU wurde bereits deutlich signalisiert, wie man auf einen "Flickenteppich" abweichender Regelungen und Ausnahmen reagieren werde. Seitens der EU ist ein generelles Rauchverbot für ganz Europa denkbar, dass den Rauchern am Ende nur noch das Rauchen in der eigenen Wohnung und in der freien Natur erlaubt.

Ich bin gespannt, wie dieses Possenspiel weitergeht und ich frage mich, wie viele der abstimmenden selber Raucher sind.

(Quelle: Tagesschau, n-tv, N24, FAZ)

Neid, Habgier und Mißgunst

Häufig heißt es, die junge Generation hätte weder Anstand noch Moral und Wertevorstellungen seien der Jugend ja eh völlig fremd. "Damals" hätte noch Zucht und Ordnung geherrscht und man sei ja viel besser erzogen worden und sowieso. Nun wollte ich heute Nachmittag mal wieder zum Sport - wie so ziemlich jeden Nachmittag. Und weil auch ich manchmal der Faulheit nachgebe, überlegte ich, ob ich nicht den Bus nehmen könnte.

An der Bushaltestelle wartete bereits ein älteres Pärchen. Gut in die 50 würde ich schätzen, vielleicht sogar schon an die 60. Beide machten einen vorsichtig ausgedrückt reservierten Eindruck und betrachteten mich ob meines Anoraks und des Rucksacks (ja, genau *der* Rucksack) mit äußerstem Argwohn. Ich kramte in meiner Tasche nach Kleingeld und stellte fest, dass ich mit 40 Cents in Kleingeld nicht sehr weit kommen würde, der Busfahrer erfahrungsgemäß 20- und 50 Euro Scheine nicht wechseln kann. Egal, dann laufe ich eben. Der Bus ist eh erst in 10 Minuten da, bis dahin habe ich locker den halben Weg geschafft.

Drehe mich um und latsche los. Dabei stecke ich mir das Kleingeld wieder in die Tasche und ungeschickt, wie man eben manchmal so ist, fällt mir eine 10 Cent Münze aus der Hand. Das fällt mir auf, weil ich das "Pling" der aufschlagenden Münze höre, nicht weil ich es sehe. Ich suche einige Augenblicke nach der Münze, kann sie aber nicht entdecken. Das Pärchen hingegen scheint eine Art Radar für so was zu haben, tut aber so, als sei die Verzierung der Bushaltestelle gerade das Interessanteste seit Erfindung des Feuers und ignoriert mich vollkommen.

10 Cents sind nun nicht gerade der Betrag, um den ich mir größere Sorgen mache, darum entschließe ich mich zu einem Experiment. Mit suchendem Blick gehe ich weiter, einige Meter, bis ich aus dem unmittelbaren Sichtbereich der beiden verschwinde, bleibe aber offen für jeden sichtbar mitten auf dem Gehweg stehen. Ich beobachte die Bushaltestelle und soll nicht enttäuscht werden: Er will zielstrebig losgehen, sie packt ihn am Arm und zieht ihn wieder in die Bushaltestelle zurück. Ich warte noch einen kurzen Augenblick. Und richtig. Keine fünf Sekunden später stratzt er los, greift sich die Münze und kehrt triumphierend zu ihr zurück.

Das war mein Zeichen. Ich gehe direkt zu ihm, mit dem freundlichsten Lächeln im Gesicht, dessen ich fähig bin und beginne das Gespräch mit den Worten "Das ist aber nett von ihnen. Vielen Dank!" und halte meine Hand hin. Sie versucht unterdessen die Schrauben in der Decke der Bushaltestelle zu zählen oder auch die Länge der Risse im Lack zu schätzen und würdigt weder ihren Mann, noch mich auch nur eines Blickes. Ihre deutlich hervortretenden Kaumuskeln und die leicht zitternden Nasenflügel sprechen aber Bände.

Wortlos, mit einem Gesichtsausdruck, den Literaten wohl mit "von kaltem Hass erfüllt" umschreiben gibt er mir Wortlos die 10 Cents. Ich bedanke mich noch einmal ("Vielen Dank") verabschiede mich ("Auf Wiedersehen und schönen Tag noch") und mache mich auf den Weg in die Stadt. Ich konnte die Blicke im Nacken mehrere hundert Meter weit spüren. Ich bin mir sicher, dass die beiden eine interessante Diskussion miteinander hatten. Jedenfalls tingelte ich meines Weges und - wie ich bereits richtig geschätzt hatte - erreichte ungefähr die Hälfte der Wegstrecke, als mich der Bus von hinten einholte und unmittelbar vor mir an der Haltestelle hielt.

Und wer stieg dort aus? Erraten. Das Pärchen. Wieder grüßte ich freundlich ("Ach Hallo! So sieht man sich wieder!", aber dieses mal wurde ich mit vollkommener Nichtachtung von beiden gestraft, lediglich die Umgebungstemperatur schien schlagartig um geschätzte 20 Grad zu fallen...

Wenn die von diesen beiden gezeigten Wesenszüge tatsächlich das Merkmal der "besseren" Gesellschaft von "früher" sind, dann bin ich heilfroh, dass ich in der Gesellschaft nicht leben muss.

Donnerstag, 22. März 2007

Die Uno, die Schule und das Fragezeichen (2)

JugendlicheLange Zeit war es still in der Debatte um die Schule in Deutschland. Doch gestern veröffentlichte der UN-Sonderberichterstatter Vernor Muñoz vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf seine Einschätzung über das deutsche Schulsystem. Bereits lange vorher war bekannt, dass diese Einschätzung nicht gerade positiv ausfallen wird. Die erhobenen Vorwürfe waren trotzdem ein heftiger Schlag ins Gesicht für den Klüngelclub, der sich Kraft eigener Herrlichkeit anmaßt, als einziger in Deutschland Ahnung von der Schule zu haben.

Das deutsche Schulsystem ist, so Muñoz, diskriminierend. Es benachteiligt insbesondere sozial benachteiligte Schüler, Migrantenkinder und Kinder mit Behinderungen. Er ruft Deutschland deshalb auf, das dreigeteilte Schulsystem zu überdenken, um Ungleichheit und Chancenungerechtigkeit zu beseitigen:
"Ich glaube, dass das gegliederte System und die Art der Aufteilung der Schüler soziale Ungleichheit betont."
Muñoz kritisiert darüber hinaus die oft unklare Schulsituation von Kindern illegal in Deutschland lebender Familien und die unterschiedlichen Schulorganisationen in den 16 Bundesländern - jedes Bundesland regelt seine Schulsysteme im eigenen Saft, wodurch etliche grundlegend verschiedene Vorstellungen und Regularien existieren, welches Kind Zugang zu welchem Bildungsweg erhält.

Darüber hinaus bemängelt Muñoz die fehlende Durchlässigkeit zwischen den Schulformen, aber auch die Lehrerausbildung kritisiert er. Er verweist in dem Bericht auf die Pisa-Studie, in der Deutschland unter den Industrienationen den stärksten statistischen Zusammenhang zwischen dem sozialen Hintergrund und den Leistungen der Schüler aufweist. Er bezeichnet das deutsche Schulsystem deshalb von seiner Natur her als "ausschließend" und selektiv und könne so zu Diskriminierung führen. Das wiederum hängt vor allem mit der Aufteilung der Schüler auf verschiedene weiterführende Schulen in einem sehr frühen Alter zusammen, aber auch damit, dass die Kriterien für die Aufteilung in den einzelnen Bundesländern weder klar noch insgesamt einheitlich seien.

Die Kultusministerkonferenz (KMK) wies die Kritik entschieden zurück. Nach Ansicht des KMK-Präsidenten Jürgen Zöllner gesteht Muñoz einerseits selber ein, dass es keine Hinweise auf einen schlüssigen Zusammenhang zwischen Schulsystem und Erfolg des Schulsystems gibt. Andererseits plädiert Muñoz aber für eine grundlegende Änderung der deutschen Schulstruktur. Na klar! Ein starker nachweisbarer Zusammenhang zwischen sozialem Hintergrund und den Leistungen der Schüler hat natürlich gar nichts mit der Schule zu tun. Die KMK wies zudem den Vorwurf zurück, Kinder mit Behinderungen würden aus dem deutschen Schulsystem ausgegrenzt. Sonderschulen sind schließlich ein hervorragender Weg der Integration in die Gesellschaft, oder etwa nicht?

Zöllner erklärte, dass man sich einig sei, dass es
"eines der wichtigsten Ziele bei der Weiterentwicklung des deutschen Bildungssystems ist, die Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft aufzuheben und allen Kindern und Jugendlichen - gleich welcher Herkunft - die besten Chancen auf Bildung in Schule, Beruf oder Hochschule zu bieten"
Also wie jetzt? Eigentlich hat das alles nichts mit dem Schulsystem zu tun, aber man hat mal etwas am Schulsystem herumreformiert, um diese Auswirkungen zu mindern?

Wann greift endlich mal jemand durch und sorgt für ein vernünftiges, einheitliches Schulsystem, dass sich an den Schülern orientiert und nicht an den politischen Machtgelüsten irgendwelcher Weltfremden Bildungspatriarchen, denen es in erster Linie um die Sicherung eigener Pfründe geht? Was muss noch alles passieren, bevor auch der letzte kapiert, dass die KMK nicht hilft, sondern um jeden Preis blockiert und ausbremst? Wie deutlich muss es denn selbst der hochgeschätzte Herr Zöllner noch sagen? Reicht es nicht, dass er ausbleibende Reformerfolge im Schulwesen auf die ungewisse Zukunft mit den Worten vertröstet, dass es gerade in der Bildung nun mal einige Jahre dauere, bevor man Erfolge sehen könne?

Das dreigeteilte Schulsystem hat sich nicht bewährt. Deutschlands Ansätze einen nationalen Alleingang in der Bildung zu gehen darf man als auf breiter Front gescheitert ansehen. Erfolgreiche Bildungsnationen machen vor, wie moderne und erfolgreiche Bildungssysteme funktionieren. Warum wohl hat keine dieser Nationen ein solches Schulsystem wie wir? Aber es gibt ja keinen Zusammenhang zwischen Schulsystem und Bildungserfolg. Sicherlich. Es gibt ja auch keinen Zusammenhang zwischen Erdrotation und dem Untergang der Sonne.

Bildung ist der einzige Rohstoff, den wir im eigenen Land produzieren, mit dem wir wirklich was darstellen in der Welt. Unsere Bildung ist einer der wichtigsten Erfolgsschlager. Warum wohl haut jeder, der einigermaßen Grips im Schädel und die Möglichkeit dazu hat, bei erster sich bietender Gelegenheit ab? Warum schicken immer mehr ihren Nachwuchs auf private Bildungseinrichtungen oder auf solche im Ausland? Sicherlich nicht, weil das staatliche Bildungssystem so herausragend gut ist.

Dass das niemandem "da oben" auffällt und das niemand von den hohen Herren und Damen der Politik mal mit dem Hammer dazwischen haut, verschließt sich meinem Verständnis vollkommen, denn es geht hier nicht um "irgendwas", es geht um unsere Zukunft.

Eigenartige Forderungen

Bundestag PlenumManchmal frage ich mich, auf welchem Planeten so mancher Politiker leben mag. Da gibt es den Einsatz in Afghanistan und mit Mühe und Not konnte der internationale Eklat verhindert werden, dass Deutschland mal wieder von allen anderen die Kastanien aus dem Feuer holen lasse und selber nur die Rosinen herauspicke. Man erinnere sich an die Geschichte mit dem Artikel im Spiegel.

Nun haben "wir" in Afghanistan aber nicht nur Aufbautrupps, Zeitungsmacher, Basenbauer, Brunnenbohrer und Kfz-Mechaniker, sondern auch eine Reihe Jungs der Kommando Spezialkräfte. Die sind nun eher weniger darauf spezialisiert Vögel zu zählen oder Holzhütten hinzustellen, sondern eher diejenigen, die man losschickt, wenn es richtig rund geht. Mit deren Einsatz haben wir uns in Afghanistan einiges an gutem Ruf eingeheimst und besonders deren Einsatz ist zu verdanken, dass nicht alle anderen Nationen Deutschland als "Weltmacht ohne Rückgrat" bezeichnen.

Die Linksfraktion fordert, dass der Bundestag die Genehmigung zum Einsatz der "Kommando Spezialkräfte" (KSK) widerrufen soll, denn die KSK seien ausdrücklich für Kampfeinsätze und verdeckte Operationen ausgebildet und vorgesehen. Der Einsatz der KSK in Afghanistan sei in enger Verbindung mit entsprechenden Kräften der USA, Großbritanniens und weiteren Ländern konzipiert und geplant - Ach nee? Echt jetzt? Die Bundeswehr macht in Afghanistan keine Alleingänge, sondern spricht sich mit ihren Bündnispartnern ab? Das ist ja unerhört!

Es kommt aber noch besser. Der KSK-Einsatz habe zu einer Vermischung der Operationen ISAF (International Security Assistance Force) und OEF (Operation Enduring Freedom) beigetragen, so die Linksfraktion. Also bei aller Liebe, aber kann mir mal irgendjemand erklären, wie das zu verhindern sein soll? Ganz Afghanistan ist eine einzige Krisenregion. Nicht "manche Gebiete" sind eine Krisenregion, sondern ganz Afghanistan. Alle Berichte aus der Region heben diesen Punkt immer wieder hervor. Zwar ist der Norden (hier ist die Bundeswehr aktiv) militärisch ruhiger, als der Süden, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass auch der "ruhige Norden" alles Andere als ungefährlich ist.

Soweit die Berichte einen Einblick ermöglichen, sind oft Kampfhandlungen nur schwer bis gar nicht zu vermeiden und nicht immer werden die Truppen - egal ob zum Wiederaufbau oder als Bekämpfer der Taliban - als feindliche Besatzer aufgefasst, die es zu bekämpfen gilt. Es ist mehr als offensichtlich, dass eine militärische Niederlage im Süden des Landes den Einsatz der Bundeswehr und deren Erfolge im Norden mehr als nur "ein wenig" gefährden würde. Es ist schon deshalb im unmittelbaren Interesse aller, dass die Taliban im Süden endgültig besiegt werden.

Würde sich Deutschland dieser Notwendigkeit nicht stellen, bedeutete das mehr als nur einen Imageschaden, sondern das Infragestellen des gesamten Bündnisses, auf dem der Einsatz in Afghanistan aufbaut. In direkter Konsequenz folgt daraus die Frage, ob Deutschland überhaupt eine Rolle mit herausragender Verantwortung in der internationalen Staatengemeinschaft übernehmen kann, oder ob es auch in Zukunft bei der Rolle des Besserwissers und Neinsagers aus der zweiten Reihe bleiben soll.

Und weil man bei der Linksfraktion gerade so schön in Fahrt ist, fordert man auch gleich noch, dass man eine ernsthafte Debatte über ein Verbot der NPD führen soll. Und um das zu ermöglichen, soll der Verfassungsschutz alle verdeckten Ermittler in dieser Partei abschalten.

Mag ja sein, dass ich was falsch verstanden habe, aber war es nicht so, dass das Verbot einer Organisation bzw. Partei dazu führt, dass deren Mitglieder im Untergrund verschwinden? War es nicht so, dass man selbst in der hohen Politik in Deutschland inzwischen erkannt hatte, dass eine offensive politische Auseinandersetzung mit dieser Partei und ihren Inhalten letzten Endes sinnvoller und erfolgversprechender ist, als das Verbot? Hatte man nicht gerade das aus der Geschichte mit der KPD gelernt?

Sicher, die Rechten sind ein ernsthaftes und vor allem ernstzunehmendes Problem. Die Liste der Argumente gegen die Gefahr von Rechts vorzugehen ist lang und erschöpfend. Allerdings stellt sich die Frage, ob ein Verbot der Partei das Problem löst und ob ein solches Präventivverbot auch das dahinterstehende Gedankengut ausrottet. Gerade das darf allerdings bezweifelt werden, wie die Erfahrung mit anderen Gruppierungen zeigt (erinnert sei nur an die PKK und andere.)

Besonders deshalb ist es sinnvoll, verdeckte Ermittler in dieser Organisation und anderen rechten Gruppierungen zu benutzen, denn nur so kann man sich unmittelbar "von innen" ein Bild davon machen, was dort vorgeht und entsprechend reagieren. So sinnvoll und richtig die Beobachtung von außen auch sein mag, erst durch die Ermittlungen im Innern kann man die Beobachtungen von Außen in den richtigen Zusammenhang setzen und Vermutungen validieren. Das wiederum sollte jedem klar sein, der sich mal mit Ermittlungstaktiken auch nur oberflächlich beschäftigt hat.

Scheinbar ist der Linksfraktion allerdings doch irgendwie klar, dass die von ihr so hoch gehaltene und über alle staatlichen Maßnahmen hinweg gelobte Beobachtung von Aktionen und Aktivisten vor Ort irgendwie ihre Grenzen hat, denn in anderen Anfragen will die Linksfraktion von der Bundesregierung nicht nur wissen, welche Rolle der 1. Mai für die rechte Szene spielt, sondern sie will auch wissen, welche Erkenntnisse sie über Absprachen zur "Koordination ihrer bundesweiten Aktivitäten" am 1. Mai 2007 hat.

Sie will darüber hinaus auch wissen, ob die Bundesregierung Erkenntnisse über verfassungsfeindliche oder verfassungswidrige Betätigung des Collegium Humanum - Akademie für Umwelt und Lebensschutz e.V. hat und ob die Bundesregierung nicht auf das Land Nordrhein-Westfalen einwirken könne, damit dem Verein, den die Linksfraktion als "Zentrum für offen neonazistische und antisemitische Aktivitäten" bezeichnet, die Gemeinnützigkeit entzogen werden kann.

Irgendwie willen die Linksfraktion eine ganze Menge wissen und irgendwie will die Linksfraktion auch Aktivität gegen Rechts an den Tag legen (was ja grundsätzlich zu begrüßen wäre), aber irgendwie macht das alles einen sehr merkwürdigen Eindruck: Einerseits sollen detaillierte Informationen bekanntgegeben werden, andererseits sollen aber Werkzeuge, die zum Erlangen dieser Informationen benutzt werden, "abgeschaltet" werden. Je nach Betrachtungswinkel könnte man einen sehr eigenartigen Eindruck vom Vorgehen der Parte bekommen: Will sie etwa die Möglichkeiten der Überwachung einschränken um dann aus fehlenden oder falschen Informationen politisches Kapital zu schlagen?

Mittwoch, 21. März 2007

Verfassungsbedenken gegen Kameraüberwachung

CCTVEin besonders in Bezug auf die zum Teil grassierende Überwachungswut des Staates gegen den Bürger interessantes Urteil fällte das Bundesverfassungsgericht zum Nachteil der Stadt Regensburg. Die wollte nach mehreren mutwilligen Beschädigungen ein Denkmal der ehemaligen mittelalterlichen Synagoge in Regensburg mit vier Kameras überwachen. Die Videos sollten aufgezeichnet werden. Die Stadt Regensburg berief sich auf die Grundlage des Bayerischen Datenschutzgesetzes und erklärte sich deshalb für diese Überwachungsmaßnahme für zuständig.

Ein Regensburger Bürger allerdings, der sich regelmäßig am Ort des Denkmals aufhält, sieht das anders. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof scheiterte er zunächst und erhob deshalb Verfassungsbeschwerde.

Die Richter in Karlsruhe argumentieren in ihrem Urteil, dass die geplante Videoüberwachung erheblich in das Recht des Mannes auf informationelle Selbstbestimmung eingreift. Wenn die Kameras installiert werden, dann erfassen sie "überwiegend Personen, die selbst keinen Anlass schaffen, dessentwegen die Überwachung vorgenommen wird". Aus dem Kreise der Menschen, die die Begegnungsstätte des Denkmals betreten, verstößt sehr wahrscheinlich nur eine kleine Minderheit gegen die Benutzungssatzung oder andere rechtliche Vorgaben, betonen die Verfassungsrichter.

Im Klartext bedeutet das: Nur weil ein paar wenige Idioten gegen Recht und Gesetz verstoßen, darf nicht jeder Bürger auf Video aufgezeichnet werden. Ob und in wieweit dieses Urteil auswirkungen auf andere Überwachungseinrichtungen anderer Städte und Gemeinden hat, ist noch unklar, aber wahrscheinlich dürften schon bald eine ganze Reihe Klagen eingereicht werden, die genau diese Frage klären werden. Allerdings wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und die Sache an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg zurückverwiesen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass unser Herr Innenminister des Bundes von diesem Urteil nicht so 100% begeistert sein wird...

(Quelle: Bundesverfassungsgericht)

Dienstag, 20. März 2007

Zahlenspiele (5)

Irgendwas ist eigenartig bei den Zahlen, die uns so jeden Tag präsentiert werden. Da heißt es zum Beispiel bei der Tagesschau heute, dass 7.700 Bundeswehrsoldaten im Ausland stationiert wären. An vielen Orten der Welt, in Afrika und im Mittleren Osten. Dazu gibt es auch eine hübsche Grafik, die das wunderschön erläutert.


(Quelle: Tagesschau)
Wir haben zur Zeit ungefähr 250.000 Soldaten in der Bundeswehr. Großzügig gerundet 8.000 von denen sind im Ausland im Einsatz. Gerne wird ja vergessen, dass man sich auf einen Einsatz vorbereiten muss und dass man nach einem Einsatz die so genannte "Nachbereitung" durchläuft. Dazu gehört Urlaub nehmen, Überstunden abbauen, Ausrüstung tauschen etc. Dadurch ist mehr oder weniger ständig die dreifache Menge der tatsächlich am Einsatzort eingesetzten Soldaten "gebunden" und mit dem Auslandseinsatz beschäftigt. Das wären dann ungefähr 24.000 Soldaten. Pi mal Daumen.

24.000 Soldaten aus einem theoretischen Kontingent von 250.000. Da stellt man sich die Frage, was eigentlich der Rest macht. Darum sprach ich in der letzten Zeit mit etlichen aktiven Soldaten verschiedenster Laufbahnen, Dienstgrade und Standorte und auch anderen, die sich mit dem Thema "Bundeswehr" weit besser auskennen als ich. Von denen erntete ich auf die Frage überwiegend heiteres Gelächter. Nicht etwa, weil die Frage albern wäre, sondern weil die Zahlen nicht stimmen!

Die Anzahl der aktiven Soldaten im Ausland wird in Bundeswehrkreisen mit rund 40.000 beziffert. Vierzigtausend. Dazu kommen die Einheiten in der Vor- und Nachbereitung. Das wären zusammen rund 120.000 Soldaten, die nur mit Auslandseinsätzen befasst sein sollen. Das wäre fast die Hälfte unserer Soldaten. Bestätigungen für diese Zahlen findet man von offizieller Seite allerdings nicht direkt. Das Verteidigungsministerium beschränkt sich auf "ungefähr 8.000" Soldaten, die im Auslandseinsatz unterwegs sein sollen. Eine unwesentliche Abweichung.

Wenn jetzt nur einer mit diesen Zahlen angekommen wäre, ok, "Wichtigtuer". Aber gleich mehrere unabhängig von einander? Ohne sich auch nur zu kennen oder zu wissen, dass ich mit ihnen über das Thema spreche? Und was hätten diese Leute davon den offiziellen Zahlen grundlos zu widersprechen? Welches Interesse hätten aber das Verteidigungsministerium und die Regierung deutlich andere - nämlich niedrigere - Zahlen zu nennen? Mir fallen da einige ein, ganz weit vorne weg "Beruhigung der Bevölkerung".

Passt das zusammen? Gute Frage. Das Argument, dass die Bevölkerung nicht beunruhigt werden soll, ist nicht von der Hand zu weisen. Sobald das Thema "Militär" im Zusammenhang mit Deutschland auf den Tisch kommt, setzt erfahrungsgemäß ein lang anhaltender, kontroverser Diskurs ein, dessen Grundnote stark antimilitärisch geprägt ist. Der Spiegel zitierte die Bundeskanzlerin in Bezug auf das Verteidigungsministerium:
"Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klagte in der vergangenen Woche vor Abgeordneten, sie misstraue mittlerweile den Informationen des Verteidigungsministeriums."
In Sachen Militär ist nicht eben mit einer generellen Informationswut zu rechnen. Informationen werden tendenziell eher zurückgehalten, als in die Breite gestreut. Dafür spricht auch das Antwortverhalten bei "kritischen" Fragen, wie zum Beispiel der Antwort auf die Kleine Anfrage der Linksfraktion (16/424), die als Drucksache 16/568 schon fast als Musterbeispiel für "wir sagen nichts" gelten kann. Etwas aktueller ist das Lavieren um den Einsatz der Tornados in Afghanistan. "Die klären bloß auf, das ist kein Kampfeinsatz" ist in etwa der Tenor des Verteidigungsministeriums. Ja, sicher, aber was klären die da auf? Bestimmt nicht die Erfolge in der Landwirtschaft südafghanischer Rosenzüchter. Und die Aufklärungsergebnisse sind bestimmt nicht in "für die Akten" gedacht. Und wie war das mit den deutschen Leopard Kampfpanzern in Afghanistan, die man den Kanadiern verkaufen möchte? Alles sehr eigenartig.

Zurück zur Fragestellung vom Anfang: Stimmen die Zahlen? Angenommen die offiziellen Zahlen stimmen und es wird nichts irgendwie "vertuscht" oder "verschleiert", warum heißt es dann, dass die Bundeswehr bis an die Grenze des Zumutbaren mit den Auslandseinsätzen ausgelastet sei? Warum sollen dann in den nächsten Jahren wieder mehr Grundwehrdienstleistende eingezogen werden? Wenn "bloß" rund 24.000 Soldaten, also nicht mal 10% des Bestandes im Auslandseinsatz sind, wie kann das die Bundeswehr "bis an die Grenze" auslasten?

Es wird kaum daran liegen, dass die Bundeswehr nur aus "Grundwehrdienstleistenden" besteht, die für neun Monate die Sicherheit der Bundesrepublik sicherstellen. Das Verteidigungsministerium nennt folgende Zahlen:
"Die Bundeswehr umfasst 189.255 Berufs- und Zeitsoldaten, 38.434 Grundwehrdienstleistende und 23.740 freiwillig länger Wehrdienstleistende."
Zur Erinnerung: Grundwehrdienstleistende werden nicht ins Ausland geschickt, freiwillig länger Wehrdienstleistende schon.

Es wird wohl kaum jemand ernsthaft glauben, dass die Bundeswehr zur Verwaltung ihrer eigenen Belange 50% der Truppe braucht. Und selbst wenn das tatsächlich so wäre: 125.000 Soldaten wären dann trotzdem "einsetzbar", von denen "nur" die knapp 40.000 Soldaten im Grundwehrdienst nicht ins Ausland könnten. Und dann sollen 24.000 Soldaten die Bundeswehr "bis an die Grenze des Zumutbaren" auslasten?

Irgendwie sehr eigenartig das Ganze.

(Quelle: Tagesschau, Bundestag, Verteidigungsministerium, Bundeswehr, Spiegel)

Montag, 19. März 2007

Sonntag, 18. März 2007

Schicken Sie eine SMS...

Wie war das doch gleich? Der Leistungsvergleich der Schüler europäischer Schulen, in aller Munde als 'PISA'-Studie bekannt, hat gezeigt, dass deutsche Schüler im internationalen Vergleich definitiv am unteren Ende der Skala rangieren.
Mit einfachen Worten ausgedrückt: Deutsche Schüler wissen weniger, als sie könnten, weil das Wissen nicht adäquat vermittelt wurde. Die Gründe dafür sucht man - nicht zuletzt - im Bildungswesen selbst. Doch ich vermute, dass da noch ganz andere Faktoren eine gehörige Rolle spielen. Und einer dieser Faktoren geht mir mittlerweile gehörig auf den Geist.

Ich empfinde es als Beleidigung, wenn mir das Fernsehprogramm jedwedes Wissen abspricht oder zumindest ein Bildungsniveau eines Kleinkindes bescheinigen will. Die Rede ist von Gewinnspielen im Fernsehen.

ProSieben etwa. Da wird im Rahmen einer Sendung ein Beitrag über Musikinstrumente aus Eis gezeigt. Unter Nennung eines Preisvergleichsportals im Internet steht anschließend ein Multimedia-Gerät für ein Gewinnspiel zur Disposition. Die Wissensfrage indes stellt den Höhepunkt der Quizkultur dar, eine extreme Herausforderung, die wirklich alles bisher Gelernte abverlangt:
Was ist Eis?

a) gefrorenes Wasser
b) gasförmiges Wasser
Gezeigt wurde dieser Frage nebst der dazu gehörenden, nicht eben günstigen Telefonnummer, unter der man die richtige Antwort geben soll, in der Sendung "Wunderwelt Wissen".

Zunächst dachte ich "Das kann nicht ernst gemeint sein, oder?", doch nach kurzem, eher ungläubigem Staunen war nicht von der Hand zu weisen, dass das kein schlecht geratener Witz war. Im Gegenteil: Es war nur einer von vielen Beiträgen für die Volksverdummung, die mir nur bis dahin nicht sonderlich aufgestoßen waren. Im Fernsehen, zumindest in Deutschland, scheint es mit den Anforderungen an das Wissen der Zuschauer nicht besonders gut bestellt. War früher für eine Quizsendung noch echtes Wissen gefragt ("Der große Preis", "Rate mal mit Rosenthal" etc.) und Unterhaltung eher ein Nebeneffekt, wenn Teilnehmer mit echtem Wissen brillierten, so sind es heute eigentlich nur noch "Multiple-Choice-Fragen" zu finden, die zwar auch ein gewisses Maß an Wissen erfordern, doch in viel zu vielen Fällen sind die Antworten durch Deduktion und Raten richtig zu beantworten.

Sendungen wie "Wer wird Millionär" oder die nachmittäglichen Quizsendungen nach gleichem Strickmuster sind noch für die Elite kennzeichnend. Hier wird wenigstens ein bisschen Wissen gefordert. Anders dagegen die allgegenwärtige Quizfragen in nahezu *jeder* Sendung. Wissenssendungen, Dokumentationen und ähnliches wird durch Quizfragen nach dem Schema "Was ist...?" mit zwei vorgegebenen Antwortmöglichkeiten, von denen die eine die Richtige, die andere eine Beleidigung nicht nur für meinen Intellekt darstellt.

Das, so möchte man meinen, ist schwer zu überbieten. Dachte ich auch, ja. Bis ich mehr oder weniger zufällig mal über eine Show auf "9live" oder DSF oder irgend einem anderen Spartensender gestolpert bin. Hier wird so gekonnt das Volk für Dumm verkauft, dass man für die Brillianz der Umsetzung eine Auszeichnung angebracht wäre.

"Nennen Sie Begriffe, die mit '..Ball' enden" etwa. Zehn verschiedene Begriffe werden gesucht, dotiert mit unterschiedlich hohen Gewinnen, je "exostischer" der Begriff ist. "Fußball", "Kopfball", "Opernball" und so weiter - naheliegend und mit 50 bis 100 Euro belegt. Zwei Stunden lang ertönt, gleich einem Metronom, im immer gleichen Abstand der Satz "Gleich schlägt der Hot-Button zu" und der Moderator grinst einen grenzdebil an. Wenn überhaupt eine Lösung präsentiert wird und die Sendung nicht ohne Auflösung zu Ende geht.

"Leute, es ist sooo einfach! Los jetzt, anrufen oder eine SMS schicken! Die Leitungen sind offen!" - und am Ende der im Alltag so gebräuchliche Begriff "Wohnzimmerball" - auf der Liste der am häufigsten benutzen deutschen Substantive in etwa auf gleicher Höhe mit Rekonvaleszenzerscheinung" (ohne jetzt Mediziner beleidigen zu wollen, die sicherlich häufiger mit Genesung zu tun haben, als mit Wohnzimmerbällen). "Leute es wäre so einfach gewesen, ehrlich. Da habe ich schon bessere Sendungen erlebt." Der eloquente Moderator lässt sich über das mangelhafte Wissen seiner Zuschauer aus, weil diese den mit 1000 Euro dotierten Begriff nicht erraten haben. Und mal ehrlich: Wer von uns hat denn noch nie einen Wohnzimmerball erlebt/gesehen/gehabt/gehört? Na also...

Ich sollte solche Telefonspiele anbieten. Die damit zu verdienende Kohle ist bei ausreichender Dreistigkeit kaum einzuschätzen. Oder ich denke mir für ProSieben-Sat1 die Fragen für die Gewinnspiele in den täglichen Sendungen aus. Und ich beteilige mich an den Telefongesellschaften, die für die fernmündliche Abwicklung verantwortlich zeichnen.

Volksverdummung. Das Niveau der Fragen, die Anforderungen an das Wissen (Allgemeinwissen wie Spezialwissen), die Fragwürdigkeit solcher - ich nenne das mal unter Räuspern "Gameshows", all das lässt mich nicht daran glauben, dass das private Fernsehen ein Interesse daran hätte, Bildung und Wissen zu vermitteln. Hier geht es um simpel gestrickte Unterhaltung, um seichte Berieselung, die Fehler und Faulheit verzeiht, um Schokolade für Augen und Ohren. Ein gewisser Ray Bradbury hatte dazu mal eine interessante Vision in "Fahrenheit 451", einem Buch, in dem das Lesen von Büchern ein todeswürdiges Verbrechen darstellt und die Dauerberieselung mit Fernsehen eine Hauptrolle im Alltag spielt. Wer das Buch gelesen hat, wird mir vielleicht nachempfinden können, was ich derzeit über die Qualität des Fernsehens denke.

Wie so oft, wenn ich mal einen Text verfasse, gibt es auch ein Fazit: Fernsehen macht doof. Aber nicht mit mir. Ich werde meinen Fernsehkonsum in Dosis und Qualität in Zukunft etwas anders ausrichten.

Rauchverbotskompromiss

RauchverbotNeulich hieß es noch, dass Rauchen super ungesund ist und dass man in Deutschland jetzt endlich mal gegen die Sucht vorgehen wolle. Immerhin raucht ja nur eine Minderheit der Bevölkerung. Darum werde man deutschlandweit in Kneipen und Diskotheken das Rauchen verbieten. Das klappte am Anfang auch ganz gut, nur Niedersachsen und Nordrhein Westfalen waren der Meinung, dass man Ausnahmen machen müsste. Weil man ja Kompromisse machen muss und die Gastronomie selber entscheiden wird, ob sie das Rauchen erlauben will oder nicht.

Zur Erinnerung: Der Gastronomie war durch die Politik vor mehr als einem Jahr ein Kompromiss zugestanden worden. Von der Gastro war zugesichert worden, dass man bis Februar dieses Jahres den Kompromiss weitgehend flächendeckend umgesetzt haben werde. Im Februar zählte man nach. Immerhin 30% der Gastronomiebetriebe hatten den Kompromiss einigermaßen umgesetzt. Es ist also nicht so, dass man nicht genau wüsste, wie die Kompromissbereitschaft aussähe.

Nun rückt die Frist immer näher, dass Gesetz werden soll, was man mehr oder weniger einstimmig beschlossen hat. Und was passiert? Plötzlich will neben Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auch Sachsen-Anhalt die Wirte über Raucherlokale entscheiden lassen, Brandenburg liebäugelt teilweise damit. Bayern fordert Sonderregeln für Bier- und Festzelte. Das Saarland will überdies kleine Kneipen vom Verbot ausnehmen. Man fordert "Kompromissbereitschaft" von den Nichtrauchern und will die strikte Gesetzesvorschrift doch nicht ganz so strikt ausfallen lassen. Also eigentlich will man sie gar nicht. Die Raucher wollen sie nicht, um ganz genau zu sein.

Um was für einen Kompromiss geht es eigentlich? Es geht darum, dass man den Rauchern erlauben will, die Nichtraucher auch weiterhin durch den Zwang zum Passivrauchen zu schädigen. Die Größenordnung der Gefährdung ist unumstritten und wissenschaftlich belegt. Raucher pochen auf ihr "Recht auf Sucht", dass es laut BGH gar nicht gibt, auf ihr Recht, die Gesundheit anderer zu schädigen und auf ihre Unfähigkeit, das eigene Suchtverhalten in den Griff zu bekommen.

Übrigens soll für den Bundestag - unabhängig von der Bundes"einheitlichen" Regelung - kein Rauchverbot gelten, damit die Raucher in der Politik nicht etwa gegen ihre eigenen Gesetze verstoßen müssen...

(Quelle: N24)

Freitag, 16. März 2007

Momentaufnahmen

Bei meinen Streifzügen durch die Wildnis der Zivilisation stolpere ich mitunter über eigenartige Einblicke in die Untiefen der menschlichen Psyche. Zum Beispiel heute beim Weg von der Scherstation (Huhu Gex! *wink*) zum Basiscamp der Tapirherde:

Wie praktisch. Komplette Beine! Allerdings bleibt unklar, ob männliche oder weibliche oder überhaupt menschliche...

Damit aber nicht genug. Nur wenige Meter weiter wurde uns ein vielleicht nur bedingt jugendfreies Ereignis angekündigt:

Die Frage ist allerdings, ob das Krokodil dabei auch beteiligt ist und ob das dann unter "Bestiality Pr0n" läuft...

Einkaufen (3)

Aktion! Aktion! Aktion!Da macht man ein paar Tage Urlaub vom Schreiben und denkt sich, dass die Welt wohl auch ohne Bewachung klar kommen wird und was ist? Denkste! Der Wahnsinn schleicht überall herum und an manchen Orten galoppiert er einen blindlings über den Haufen.

Ich hatte das Vergnügen, die Kamera bei hinreißendem Wetter Gassi führen zu können und mich in Landschafts- und Pflanzenfotographie üben zu können. Nach den vielen Aufnahmen in dunklen Diskotheken eine willkommene Abwechslung. Trotzdem muss man hin und wieder einkaufen gehen, besonders dann, wenn sich zahlreicher und besonderer Besuch angekündigt hat.

Es soll Chili geben und so sammelte ich mir einen Einkaufswagen voller Zutaten zusammen, um ein herzhaftes Chili basteln zu können. 15 Minuten nach Beginn des Einkaufs waren alle Zutaten im Einkaufswagen versammelt. Natürlich waren in meinem Lieblingssupermarkt nur zwei Kassen auf und selbstverständlich waren die Schlangen bei beiden gleich lang - wobei die Betonung auf "lang" liegt. Ich hätte eine Münze werfen können, oder würfeln, das Resultat wäre bei meinem Glück identisch gewesen. Ich stellte mich bei irgendeiner an.

Es dauerte. Hinter mir stellten sich weitere Kunden an. Nach einigen Minuten stand plötzlich eine Dame (geschätzt) Ende 70 zwischen den beiden Schlangen und sah sich hilflos um. Da sie nur einen Blumenkohl und eine Flasche Maggi und so zwei oder drei Kleinteile im Körbchen hatte, war ich mal so richtig freundlich. Über meinen Einkaufshügel hinweg fragte ich die Dame, ob sie nur die paar Teilchen hätte? Sie nickte. Ob sie vielleicht vor wolle? Sie war sehr dankbar und ich hatte meine gute Tat für den Tag vollbracht.

Mit mir selbst zufrieden und in Gedanken versunken irritierte mich die plötzliche und heftige Kollision meines stehenden Einkaufswagens mit einem metallischen Hindernis doch sehr. Das Hindernis entpuppte sich als anderer Einkaufswagen einer von der Natur in Punkto Gewichtsverteilung und -ansammlung etwas benachteiligten, weiblichen Person mittleren Alters. Mit plärrendem Anhang. In vierfacher Ausfertigung.

Nun ist es ja nicht gerade so, dass Einkaufswagen und Schlangen an Kassen schwer zu übersehen sind, darum vermutete ich die Kollision sei eine Unachtsamkeit in Folge des Aufpassens auf den vierfachen Sack Flöhe, aber ich sollte mich irren. Wieder rammte sie ihre Einkaufskarre in die Flanke meines Vorratsfahrzeugs. Ich sah sie irritiert an und hielt dagegen. Als sie wieder Schwung holte, sah ich mich gezwungen, zumindest schon mal verbal Vorarbeit zu leisten:
"Ahem, aber wie Sie sicherlich sehen: Ich stehe hier bereits."
Das war ihr offenbar klar, wie sie mir in leicht keifendem Tonfall wissen ließ:
"Sehe ich, nu mach Platz da."
Ich sah zur Kasse neben mir. Die war zu. Daneben war nur die Wand. Wo sollte sie hin wollen? Neugierde siegt:
"Wollen sie durch?"
Die Antwort machte selbst mich einen Augenblick lang sprachlos:
"Quatsch, ich will vor!"
Ich runzelte die Stirn und sah sie mir an. Ihr Einkaufswagen war mit geschätzten 30 Millionen Kleinteilen bis kurz vor die maximal mögliche Beladungsgrenze vollgestopft. Ihr beängstigend vielköpfiger Nachwuchs schleppte auch noch diverses Gelorre mit sich herum, was nachhaltige Debatten an der Kasse erwarten ließ. Das war nun nicht die Situation, die mich nur unwesentlich ausbremsen würde, sondern wahrscheinlich dafür sorgen könnte, dass ich mit viel Glück nur wenige Stunden später den Laden verlassen könnte. Nein, sorry. Ich hatte noch etwas vor, also soll sie sich bitte hinten anstellen. Ich ließ sie das wissen:
"Es tut mir leid, aber ich möchte sie nicht vorlassen."
Offenbar brauchte sie einige Augenblicke, um meine Antwort und das von ihrer Wunschvorstellung diktierte Bild in Übereinstimmung zu bringen, was natürlich nicht gelang. Entsprechend war die Reaktion: Mein Einkaufswagen erbebte unter einer weiteren Wuchtattacke und ihr Kriegsruf untermalte das Szenario.
"Das ist ja wohl eine Unverschämtheit! Was bilden sie sich eigentlich ein!"
Graduell steigerten sich Lautstärke und Anteil vulgärer Ausdrücke in ihrer Haßtriade, bis sie sich schließlich laut keifend und mich angiftend der Aufmerksamkeit des gesamten Supermarktes sicher sein musste. Trotzdem sah ich mich nicht im Geringsten genötigt, ihrer Forderung auch nur ansatzweise nachzugeben, im Gegenteil. Varieté beim Einkauf ist toll! So etwas gilt es zu genießen. Auch an den Kassen ging es jetzt etwas langsamer voran, weil man sich nicht entgehen lassen wollte, wie der wandelnde Fleischklops eventuell das eigene Repertoire an verbalen Kraftausdrücken um neue Varianten bereicherte. Oder aber effektvoll platzte. Oder beides.

Nach einigen Minuten, in denen der wandelnde Klops schließlich dazu übergegangen war, laut keifend ihre Ähnlichkeit mit einem aufgescheuchten Puter möglichst weit zu steigern und ihren Anspruch, an der Kasse gefälligst vorgelassen zu werden, mit ihren Rechten als Frau und besonders als Mutter(!) einzufordern, gesellte sich am Rande der Marktleiter dazu und betrachtete die sich bietende Szene.

Klopsi - so nannte ich sie inzwischen im Geiste - ging inzwischen dazu über, meine beharrliche Weigerung als generelle Ablehnung der Rechte der Frau und als direkten Angriff gegen ihre Verdienste für die Gesellschaft zu bezeichnen und drohte mir, meinen Nachkommen und Vorfahren allerlei interessantes Ungemach an. Das war dann wohl der Augenblick, an dem sich der Marktleiter zum Eingreifen gezwungen sah. Er trat hinzu und fragte Klopsi, was denn wohl der Grund für den Lärm sei. Sie erläuterte es eloquent:
"Ich will an die Kasse!"
Ach was? Wer nicht? Warum stehen wir hier wohl alle? Dem Marktleiter mussten ähnliche Gedanken durch den Kopf gehen:
"Dann stellen sie sich doch an!"
Die Antwort machte alle Zuhörer sprachlos:
"Der hat die Alte da vorgelassen, dann hat der mich gefälligst auch vor zu lassen! Ich bin schließlich..."
Der Rest ging in einem unverständlich geblubberten Gebrabbel unter, das dem Marktleiter wohl die Schwere meines Vergehens und ihre selbstverständlich offensichtlichen Rechte bildhaft ausmalen sollte. Der Marktleiter starrte Klopsi mit wachsendem Erstaunen an. Als sie wieder dazu überging, rhythmisch ihren Einkaufswagen gegen meinen zu rammen, traf er eine Entscheidung.

Er griff ihren Einkaufswagen und sagte ihr, dass sie doch bitte die Einkaufswagen heile lassen möge. Klopsi war sichtlich verwirrt und ihr Mundwerk legte eine verblüffte Pause ein. Die wiederum nutzte der Marktleiter:
"Wissen sie was? Lassen sie den Einkaufswagen einfach hier stehen."
Er wandte sich den Kindern zu.
"Ihr gebt mir mal das, was ihr da habt, ja, danke, genau, sehr schön, ja, das da auch. Super."
Er legte allerlei Krimskrams oben auf den Einkaufswagen. Stille breitete sich aus. Dann ging er zu einer geschlossenen Kasse, öffnete die Absperrung und kehrte zurück.

Er stellte sich zwischen Klopsi und den Einkaufswagen und sagte mit fester und deutlich zu hörender Stimme:
"Und jetzt bewegen Sie sich! Solches Pack wie Sie will ich in meinem Markt nicht als Kunden haben! Raus hier! Sofort! Bevor ich ernsthaft böse werde!"
Ungläubiges Staunen überall. Auch Klopsi konnte nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. Der Marktleiter schob sie durch die Kasse. Mit ein paar aufmunternden Worten bugsierte er sie durch die Kassenzone.

Klopsi war dabei, sich langsam wieder zu sammeln. Sie holte Luft. Er hob den Zeigefinger:
"Und wenn Du jetzt wieder anfängst zu keifen, dann setzt es was! Mund zu und raus hier!"
Mit diesen Worten ließ er sie stehen, ging zu einem seiner Mitarbeiter und gab ihm einen Auftrag, der selbst mir mehr als nur ein anerkennendes Grinsen entlockte:
"Den Einkaufswagen da, den stellen sie bitte so da vorne hin, dass er nicht im Weg steht, man ihn von der Kassenzone aus gut sehen kann. Ich räume das dann nachher weg."
Aufbrandender Applaus aus allen Richtungen trieb Klopsi aus dem Laden.

Zwar kam ich so fast 30 Minuten später aus dem Laden als geplant, aber das war es mir absolut wert.

Montag, 12. März 2007

Sonntag, 11. März 2007

NPD Demo

Da tingelt man am ersten wirklich schönen Sonntag des Jahres durch die City und was rennt einem vor die Linse? Genau! Eine NPD-Demo inklusive Antifa-Gegendemo und Polizei. Love, Joy und Happyness!

Insgesamt vielleicht 30 Sympathisanten und Anhänger der rechten NPD standen ungefähr 60 Sympathisanten und Anhängern des Linken Lagers gegenüber, getrennt durch mindestens die dreifache Übermacht Polizei. Ein skuriles Bild, das jedoch die Lage sehr entspannte. Und dazwischen fast so viele Medienvertreter, wie Rechte und Linke zusammen.

Die Parolen waren selten wie "kreativ". Die Linken skandierten ein "Ihr - habt - den - Krieg verlor'n, ihr habt den Krieg verlor'n..." und bewiesen damit entweder einen erstaunlichen Mangel an oder ein sehr ausgedehntes Zeitgefühl, denn wohl keiner der anwesenden NPD-Leute dürfte selber an irgendeinem Krieg teilgenommen haben. Naja, vielleicht lag das ja am Konsum bewustseinsverändernder, regenerativer, pflanzlicher Produkte, deren Aroma mehr als deutlich über dem Linken Block zu schweben schien.

Die Rechten beantworteten die Parolen der Linken durch ein nicht weniger kreatives "Freiheit". Was wohl darauf hinweisen sollte, dass die Rechten auch nur ihr in der Verfassung garantiertes Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen wollten. Jedenfalls wurden die Rechten mehr und mehr "zusammengepfercht" und schließlich wohl zum Schutz vor dem durchaus nach Klopperei gierenden schwarzen Block in die Sicherheit einer Nebenstraße geleitet.

Dort durften sie dann wohl ihre "Kundgebung" unter massivem Polizeischutz abhalten. Von beiden Seiten war die Straße sauber abgeschirmt und niemand konnte rein. Das hinderte natürlich niemanden daran, sich das Gehabe aus mehr oder weniger Nähe zu geben. Die autonomen bewisen an dieser Stelle ein interessantes Verständnis von Freiheitsrechten. Während die Rechten keine Scheu hatten, sich frei und offen zu zeigen und zu ihrer Gesinnung zu stehen, hatten die Linken eine schon fast panische Angst vor allem, was auch nur ansatzweise nach Kamera aussah.

Sonnenbrllen, Schals, Transparente, alles, was irgendwie zum Verhüllen der eigenen Person und zum Verschleiern der eigenen Identität geeignet war, wurde auch benutzt. Warum eigentlich darf niemand wissen, wer da jetzt so eigentlich alles der Meinung ist, dass Faschismus kein Grundrecht, sondern ein Verbrechen ist? Genau das war nämlich der Slogan auf dem Transparent der Autonomen, das sie - einem antifaschistischem Schutzwall gleich - vor sich her trugen, um sich wie ängstliche Schafe geballt dahinter zu verkriechen.

Die Autonomen hatten auch überhaupt keine Hemmungen davor, ihre "Bodyguards" loszuschicken und Vertreter der Medien, aber auch Privatpersonen "freundlich zu bitten", doch gefälligst nicht die friedlichen Linken abzulichten, sondern sich auf "die Faschisten und ihre Gesinnungsgenossen, die Bullen" zu konzentrieren. Nunja. Extremisten jeder Coleur sind nicht dafür bekannt, dass sie nachdenken, geschweige denn, dass sie Ahnung haben von dem, was sie da tun und fordern.

Immerhin: Die Partei "Die Linke" trat als einzige politische Gruppierung offen in die Opposition zu den Rechten und suchte den Dialog - so sich denn jemand fand, der ihnen zuhören wollte. In Sachen Polemik und Sinnfreiheit nahmen sich auch diese Damen und Herren nicht viel, so dass nicht eben wenige Passanten kopfschüttelnd vor der irgendwie grotesken Veranstaltung flüchteten, um das Wetter zu genießen. Ohne politischen Extremismus gleich welcher Art.

Trotz allem: Ein lehrreicher Nachmittag, denn die Linken forderten Maßnahmen des Faschismus, um ihnen nicht genehme Meinungen zu unterbinden, während die Rechten nach den Schutzmechanismen des ihnen verhassten liberalen Grundgesetzes riefen, um sich vor ihren "Feinden" zu schützen.

Ob beiden Seiten klar ist, wie nah sie in solchen Situationen dem jeweils gegenüberliegendem Lager sind? Wahrscheinlich nicht.

Samstag, 10. März 2007

Sodom und Gomorrah

(Danke Fragman)

Dampf machen

SchornsteinAb 2020 wird es eng für Bewohner küstennaher Regionen. Wenn sich bis dahin nicht entscheidend die Produktion der Treibhausgase verändert hat, dann wird sich der Klimawandel unumkehrbar verselbständigen. Die Folgen werden wahrscheinlich für alle bei weitem dramatischer sein, als man sich auf dem heimischen Sofa ausmalt, während man darüber nachdenkt, ob man nicht doch eben mit dem Auto noch kurz zum Kiosk oder zum Schotten rumgurken könnte.

Die Bevölkerung ist sich nicht darüber im Klaren, was der Klimawandel überhaupt bedeutet. "Es wird wärmer, ist doch toll!" höre ich immer wieder viele sagen. "Soll dann ja windiger werden, aber wir bauen unsere Häuser hier ja aus Stein und nicht wie in den USA aus Pappe." Hört man auch immer wieder gern. Ungeschlagen ist aber die Grundhaltung: "Ja und?" Niemand ist sich wirklich darüber im Klaren, dass er oder sie unmittelbar betroffen sein wird. Niemand macht sich klar, dass der Klimawandel direkte Folgen für sein oder ihr individuelles Leben haben wird.

Jeder findet für sich mehr als genug Schlupflöcher, die Folgen zu verharmlosen und sich selber als völlig unschuldig darzustellen: "Ja mein Gott, dann wird's eben mal etwas windig. Na und? Ich bin doch versichert!" "Mein Auto hat nen Kat!" "Muss man nicht mehr nach Spanien, um es im Sommer schön warm und sonnig zu haben!" Aber die tatsächliche Dimension dessen, was wir alle gerade anrichten, ist wahrscheinlich niemandem klar. Verdrängen, ignorieren, verharmlosen. Das übliche "Was geht's mich an? Ich mache mir mehr Sorgen um meinen Job / meine Beziehung / mein Geld / was auch immer."

Und in dieser Tradition zeigt sich auch die große Politik. Bis 2020 will die EU eventuell den CO2-Ausstoß reduzieren. Eventuell will man die Energieeffizienz steigern. Eventuell will man strengere Auflagen für elektrische Verbraucher einführen. Mehr Biokraftstoff und mehr alternative Energien will man nutzen, aber nicht zu viel. 10% sollen reichen. Und damit niemandem zu viel aufgebürdet wird, darf sich jeder aussuchen, wie hoch er denn in seinem Land die Messlatte anlegt und welche Grenzwerte er für angemessen hält.

Die Politik, die eigentlich den ernst der Stunde hätte erkannt haben müssen, laviert um klare Aussagen herum, drückt sich um ernsthaftes Angehen des Problems. Von beiden Seiten des Atlantiks hört man zur Zeit, dass man ja mal was machen könnte, wenn "die anderen" was machen. Das weiß man aber gerade nicht so genau, also warten wir mal ab, ob die anderen was tun - man hat ja noch eeeewig Zeit.

Bis 2020, um genau zu sein.

Das sind noch drei oder vier Legislaturperioden. Bis dahin ist man eh im Ruhestand und wer hätte je gehört, dass Politiker wegen Totalversagens verklagt worden wären? Also kann man das Problem erstmal vertagen. Sollen sich doch die anderen drum kümmern. Bis das soweit ist, hat die Wissenschaft wieder irgendwas Tolles erfunden und dann ist das alles halb so wild. Bloß kein Stress, sondern lieber mal eben schön mit den Kollegen essen gehen.

Ich bin mal gespannt, was dann so um 2020 herum los ist, wenn feststeht, dass es "zu spät" ist und der Klimawandel wegen der Versäumnisse der Politik anderthalb Jahrzehnte vorher nicht mehr aufgehalten werden kann. Ich wette Euro gegen Lira, dass es dann heißt: "Ja wir wollten ja, aber die anderen..."

Freitag, 9. März 2007

Mittwoch, 7. März 2007

Ansichtssache (2)

VW TouaregWas wir in Sachen Klimaschutz von den Politikern zu erwarten haben, lässt sich nicht plastischer darstellen als am Beispiel des Präsidenten der EU Kommission Jose Barroso. In Bezug auf den von Angela Merkel angekündigten Aktionsplan zum Klimaschutz sagte er:
"Ich werde versuchen, mit meinen besten Argumenten Überzeugungsarbeit zu leisten." "Diese Ziele sollten zwingend sein, nur so sind wir glaubwürdig."
Deshalb soll es angeblich auch für alle verbindliche Vorschriften zum Klimaschutz, zur Schadstoffemission und so weiter geben und keine halbseidenen Kompromisse, die am Ende wieder nur reine Makulatur sind. Ein solcher Beschluss des EU-Gipfels hätte deshalb auch weltweit Signalwirkung.

Herr Barroso fährt übrigens selber einen VW Touareg, dessen CO2 Ausstoß mindestens doppelt so hoch ist, wie die von der EU geplanten Grenzwerte. Und das ist ihm auch völlig klar. Darauf angesprochen sagte er zu Journalisten:
"Ich habe mich nie als Vorbild verstanden"
Wie war das noch mit der Glaubwürdigkeit von Politikern?

Irgendwie Stimmungstief

Reichstag in BerlinIrgendwie vergaloppiert sich unsere Politik gerade ziemlich heftig. Da ist dieses Thema "Kinderbetreuung", oder auch "Krippenplätze". Es geht um die Betreuung der Kinder unter drei Jahren, damit die Frau auch weiterhin berufstätig sein kann. Angeblich, so Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, fehlen 750.000 Plätze, um den Bedarf so einigermaßen zu decken. Die Regierung will uns nun als Erfolg verkaufen, dass sie tatsächlich 230.000 Krippenplätze finanzieren und einrichten will. Das sind genau null Plätze mehr, als im Koalitionsvertrag der gegenwärtigen Regierungskoalition vereinbart.

Ursula von der LeyenMan feiert als "Erfolg" die Demontage der engagierten Bundesfamilienministerin und ein Nullsummenspiel bei den Leistungen für den Wähler. Immerhin: Der "tatsächliche" Bedarf an Kindertagesstätten soll jetzt ermittelt werden. Lebensnah - wie immer, wenn Politiker "Probleme" lösen - durch eine Konferenz von Bund, Ländern und Kommunen. Deren Ergebnis sollte man nicht zu früh erwarten, denn bis 2010 wird der aktuelle "Fünfjahresplan" umgesetzt und erst danach will man feststellen, ob es weiteren Bedarf an Krippen- und Kindergartenplätzen gibt. Überrascht es irgendjemanden, dass Beck und Müntefering - immerhin Vizekanzler - bereits jetzt von einem Mehrbedarf ausgehen?

Damit aber nicht genug. Wurde in der Öffentlichkeit noch großspurig verkündet, dass Deutschland sich mit dem Problem der Integration und der Zuwanderer offensiv und vor allen Dingen progressiv befassen muss, stellt das Bleiberecht für lange Jahre geduldete Ausländer offenbar ein erhebliches Problem dar. Ende März soll ein Gesetz verabschiedet werden, dass dieses "Problem" löst, denn Bayern hat ein ernsthaftes Problem damit, dass Arbeitssuchende unter den geduldeten Ausländern in den Genuss der sozialen Sicherungssysteme kommen.

Edmund Stoiber zeigte sich (mit eigenen Worten) "sehr zufrieden" darüber, dass man sich darüber verständigt hätte, dass durch eine Neuregelung keine Mehrkosten für Sozialleistungen entstehen dürften. Die Details dieser "Problemlösung" werden von den für ihre liberale Haltung bekannten Politikern Stoiber, Müntefering und Schäuble geklärt werden. Das lässt auf eine "moderne" Lösung hoffen.

Während in anderen Ländern schon lange ein Mindestlohn gesetzlich verankert ist, um zu verhindern, dass die soziale Notlage dazu führt, dass Arbeitnehmer zu sehr ausgebeutet werden, hat man damit in Deutschland erhebliche Probleme und sträubt sich gegen eine solche Regelung wo immer es nur geht. Nun soll eine "Arbeitsgruppe" nach Möglichkeiten suchen, die auch für weitere Branchen neben Bau und das Gebäudereinigerhandwerk gelten könnte. Immerhin: Es sei nun akzeptiert, dass es keine sittenwidrigen Löhne geben dürfe, so Beck. Na das ist ja doll. Bereits im Jahre 2007 akzeptiert die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, dass es keine sittenwidrigen Löhne in Deutschland geben darf. Mal wieder ganz weit vorne dabei die deutsche Politik, wenn es um das moderne Denken geht.

Naja, und dann die Sache mit EADS und "Power8". Egal in welche und wie viele Worte der Plan zur Sanierung des Unternehmens gekleidet wurde: Am Ende geht es darum, dass EADS zu viele Mitarbeiter hat und diese loswerden will. Man will auch die überaus komplizierte Verflechtung zwischen den Standorten deutlich vereinfachen. Für Frankreich sieht das so aus, dass man die Unternehmensführung auf einen Staat festlegt. Und das soll nach eigenem bekunden Frankreich sein, weil man sich dort für deutlich kompetenter hält. Nicht unbedingt eine Auszeichnung für die Deutsche Regierung, die mit immerhin 22,5% indirekt an dem Rüstungskonzern beteiligt ist.

JustiziaUnd dann noch die Schlappe mit der Pendlerpauschale, deren aktuelle Regelung wahrscheinlich dem Grundgesetz widerspricht, weil in Bezug auf Steuern eine Gleichbehandlung zwingend vorgeschrieben sei. Das wird jetzt den BGH beschäftigen und kann eventuell für den Staat ganz schön teuer werden, wenn festgestellt wird, dass die aktuelle Regelung (Anrechenbarkeit erst ab dem 20. Kilometer Arbeitsweg) tatsächlich so nicht haltbar ist. Da können dann einige Nachforderungen auf den Staatshaushalt zukommen.

Der muss übrigens jetzt auch den Anlegern ausländischer Aktien eine ganz schöne Summe zurückzahlen. Der EuGH (Europäische Gerichtshof) urteilte, dass Nachteile, die Besitzern ausländischer Wertpapiere aus der Regelung zur Dividendenbesteuerung, die bis 2001 gültig war, entstanden sind, ausgeglichen werden müssen. Das dürften im schlimmsten Fall 5 Milliarden Euro werden, die das Bundesfinanzministerium auf den Tisch legen muss.

Aber auch an anderer Stelle macht sich der EuGH gerade sehr beliebt bei der deutschen Politik. Hatte die doch jüngst erst bekräftigen lassen, dass der Staat ein Monopol auf Glücksspiele habe. Der EuGH urteilte zugunsten privater Wettvermittler und das könnte durchaus Auswirkungen auf das in Deutschland geltende Monopol haben. Ein Problem, auf das die Politik sicher gerne verzichtet hätte, denn so kommen mit einiger Sicherheit interessante Rechtsstreitigkeiten auf den Staat zu.

Immerhin konnte man die jüngste Eskalation in der Beziehungskrise zwischen Deutschland und Polen abfedern. Da hatte nämlich die Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach die polnischen Regierungsparteien mit deutschen Rechtsextremisten verglichen. Gegenüber der Passauer Neuen Presse hatte sie gesagt:
"Die Parteien, die in Polen regieren, sind mit den deutschen Parteien Republikaner, DVU und NPD vergleichbar. Da kann man nicht allzu viel erwarten."
Bundestagspräsident Norbert Lammert und sein polnischer Kollege Marek Jurek hatten sich in Berlin getroffen. Nach einem mehrstündigen Gespräch verkündete man, dass diese Äußerung wohl nicht angebracht war, aber bei dem eigentlichen Gespräch nicht mal in einem Nebensatz erwähnt worden sei.

Bischof Mixa AugsburgDa passt es doch richtig gut, dass der Zentralrat der Juden quasi im Vorbeigehen deutschen Bischöfen Antisemitismus vorwirft. Angesichts der nicht unerheblichen Verknüpfungen zwischen Kirche und Parteien für einigen Zündstoff sorgen, denn es meldete sich sogleich der Botschafter Israels in Deutschland, Schimon Stein, zu Wort und erklärte, wer Begriffe wie "Warschauer Ghetto" oder "Rassismus" im Zusammenhang mit israelischer beziehungsweise palästinensischer Politik benutze, der habe alles vergessen oder nichts gelernt und moralisch versagt". Die "Süddeutscher Zeitung" berichtete, dass Bischof Hanke in Bethlehem gesagt hätte:
"Morgens in Yad Vaschem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto in Ramallah. Da geht einem der Deckel hoch."
Der Augsburger Bischof Walter Mixa soll zudem von israelischem Rassismus im Umgang mit den Palästinensern gesprochen haben. Das ist übrigens der, der sich mit der Bundesregierung wegen deren Pläne zur Kinderbetreuung angelegt hatte. Wie passend.

Und dazu noch das schwelende Desaster um Kurnaz. Irgendwie ist das alles zur Zeit nicht wirklich positiv, was man da so zu hören bekommt.

Dienstag, 6. März 2007

Gefahren durch Gaming - Die andere Sichtweise

RTL2 Welt der Wunder befasst sich mit einem für diese Sendung ungewöhnlichen Thematik: "Killerspiele". Und nicht nur das. Perspektive und Herangehen an das Thema unterscheiden sich stark von den bisher in Massen unters Volk gebrachten Berichten, die sich sehr stark an das Bedienen einer mediengesteuerten "Hysterie" richten und dabei eine ganz bestimmte politische Meinung zu fördern versuchen.


(Danke Nebhotep)

Montag, 5. März 2007

Sie haben Post!

Es kommt durchaus mal vor, dass Pakete an der falschen Tür abgegeben werden. Gerade bei einem Lieferservice, der sich gerne auf ungelernte Aushilfskräfte verlässt, kommt das gerne mal vor. Und so kam es, dass neulich in Michigan ein Ehepaar eigenartige Post aus China erhielt. Statt der erwarteten Ersatzteile für ihren Küchentisch bekamen sie zwei Päckchen, deren Inhalt eindeutig nicht zum üblichen Mobiliar gehört: Die Pakete enthielten Leber und Kopf eines Menschen.

Eigentlich hätten die konservierten Körperteile einem Forschungszentrum zugestellt werden sollen und eigentlich ist ein solcher Vorfall bereits mehr als genug für die PR eines Zustellunternehmens. Jedoch gehen die Behörden in den USA davon aus, dass weitere 28 menschliche Organe und Körperteile den falschen Empfängern zugestellt wurden. So öffneten sich beim Transport zwei von fünf Paketen, die an ein Labor im nördlichen Michigan zugestellt werden sollten und verteilten ihren Inhalt, was bei den Findern des Inhalts wohl einen ziemlichen Schock ausgelöst hat.

Der Sprecher von DHL, Robert Mints, sagte zu dem Vorfall, dass man dabei sei zu ermitteln, ob man die Körperteile überhaupt hätte transportieren dürfen und wie die Pakete verteilt wurden.

Mir geht bei dieser Story eine ganz andere Sache durch den Kopf: Aus China? Wie war das noch mit dem Zusammenhang zwischen Organhandel, Todesstrafe und Wirtschaftsinteressen?

Warum es nicht klappt

Manche Paare bekommen ihn unverhofft, andere trotz intensiver Bemühungen nicht: Nachwuchs. Der Liste für die Gründe für das Ausbleiben des Kindersegens darf jetzt eine weitere, unerwartete Ursache hinzugefügt werden, nämlich die Badewanne. Wissenschaftler der University of California in San Francisco konnten mit einer drei Jahre andauernden Studie nachweisen, dass die Fruchtbarkeit des Mannes durch ein heißes Wannenbad erheblich reduziert wird. Die Studie legt nahe, dass das für alle heißen Flüssigkeiten gilt, denen die Hoden ausgesetzt werden. Unklar ist allerdings, ob und wie stark sich auch das Duschen auf die Fruchtbarkeit auswirkt.

Ob und wie stark sich allerdings das Weglassen der Badewanne und Dusche auf das tägliche Leben auswirkt, dürfte kaum umstritten sein.

(Quelle: AP)

Samstag, 3. März 2007

Kult

Einfach nur genial gemacht...

Donnerstag, 1. März 2007

Possenspiel

Irgendwie ist diese Geschichte langsam mehr als nur etwas eigenartig. Da wird ein türkischer Staatsbürger von den USA in einem reichlich umstrittenen Lager auf Kuba gefangen gehalten. Irgendwann wird er dann doch frei gelassen und kehrt nach Deutschland zurück. Dort geht der Mann dann vor Gericht, weil sich die Bundesregierung nicht um seine Freilassung gekümmert hätte. Spätestens an dieser Stelle fragt sich wohl jeder: Was um alles in der Welt hat die Bundesregierung mit der Freilassung eines Türken aus US-Amerikanischer Haft am Hut? Ist das nicht eher Sache der Türkei?

Egal wie, bei uns hat man scheinbar nichts zu tun und so stürzt man sich mit Anwälten und Untersuchungsausschüssen auf dieses ziemlich seltsame Thema. Inzwischen wird mehr oder weniger der gesamte Bundesnachrichtendienst aufgerollt und darf sich zum Thema räuspern. Auch hohe Politiker dürfen dort aussagen. Das tun sie auch, mal mehr, mal weniger begeistert. Aber immer wieder heißt es, dass die (damalige) Bundesregierung alles getan habe, um den Herrn Kurnaz aus der Haft frei zu bekommen.

Natürlich gibt es über diesen ganzen Vorfall von "damals" auch etliche Akten. Die möchte der Untersuchungsausschuss auch ganz gerne mal einsehen und so fordert er vom Landesamt für Verfassungsschutz Bremen - dort lebte Kurnaz vor seiner Inhaftierung - die Akten an. Das schickt auch brav die Akten nach Berlin. Ist ja nicht so weit weg. Dort kreisen diese Akten nun durch allerlei Behörden und Ministerien und werden gelesen, zerpflückt und wohl auch zensiert. Jedenfalls sind sie bis heute nicht beim Untersuchungsausschuss angekommen.

Der wiederum hat jetzt die Faxen dick und erklärte gegenüber dem Parlament, dass man ohne diese Akten nicht arbeiten könne und setzte alle Vernehmungen und Sitzungen etc. ab sofort wegen der seit Wochen fehlenden Akten aus. Das kommt natürlich sehr gut, zumal die Presse schon sehnsüchtig auf Aussagen ranghoher Politiker in dieser Sache wartet. Noch besser natürlich, dass diese Ankündigung veröffentlicht wurde.

Parallel dazu meldet sich heute jemand in dieser Sache zu Wort, dessen Schweigen man wohl hierzulande ganz gerne gesehen hat. Der ehemalige US-Sonderbotschafter und Beauftragte für Guantanamo, Pierre Prosper, sagte heute gegenüber der Presse ziemlich deutlich, wie sehr sich die Bundesregierung für die Freilassung des Herrn Kurnaz eingesetzt hatte:
"Von den Deutschen kam keinerlei Signal. Die deutsche Bundesregierung hat sich bezüglich des Kurnaz-Falles niemals an mich gewendet und ich habe auch keinen Hinweis meines Vorgesetzten, Außenminister Colin Powell, erhalten."
Upsi. Nunja, nun muss ja nicht jeder bei den Amerikanern über so etwas Bescheid wissen, mag man denken. Aber jetzt kommts:
"Hätte die deutsche Regierung gesagt, wir wollen Kurnaz haben, hätten wir uns sofort zu Verhandlungen zusammen gesetzt, um eine Verständigung darüber zu erreichen, die es ihm ermöglicht hätte, nach Hause zurückzukehren. Während meiner gesamten Amtszeit hat Deutschland mir gegenüber niemals ein Interesse bekundet, und ich war die Person, die innerhalb der US-Regierung dafür zuständig war."
Hm, naja, wissen ist eine Sache, aber frei lassen wollen ist ja ein ganz anderes Thema. Und da hatten die USA ja angeblich so sehr geblockt. Auch dazu äußerte sich Herr Prosper:
"Im Fall Kurnaz wussten es Deutschland und die Türkei, oder hätten es wissen müssen, dass die USA bereit waren, über seine Ausreise zu sprechen." "Unser Ziel war es, die Zahl der Gefangenen in Guantanamo drastisch zu reduzieren, und dies betraf auch Kurnaz."
Öhm, ja. Aber die USA haben doch verlangt, dass Kurnaz als Spitzel in Bremen gegen islamisten eingesetzt würde. Auch das scheint irgendwie nicht ganz zu stimmen, denn Prosper widerspricht dem entschieden. Von Herkunftsländern wie Deutschland sei nur verlangt worden "zu gewährleisten, dass von den Gefangenen nach deren Rückführung keine Gefahr für die Sicherheitsinteressen der USA oder der internationalen Gemeinschaft ausgeht." Nicht mehr, nicht weniger.

Jetzt bin ich richtig gespannt, wie sich diese Posse weiterentwickelt.

(Quelle: Tagesschau, Monitor, Pressedienst des Deutschen Bundestages)

Big in Japan

Einen kurzen Eindruck in das ziemlich seltsame Leben in Japan ermöglicht dieser Clip der BBC. Zwar ncht "brandaktuell", aber strange genug, um sich ausgiebig zu wundern.

Am meisten Sorgen machen mir die "Post Pets"... Und deren Gadgets...

Sex Sells!

Auch und erst recht bei Gamern. Wie gut sich "weibliche Geschlechtsmerkmale" verkaufen, zeigt der folgende Film:

Also ich weiß ja nicht, aber "das Original" gefällt mir irgendwie noch immer am Besten...