Sonntag, 27. August 2006

Kicken, Kirche, Knast und Schottland

Es ist beim Fußball wohl üblich, sich seine Mannschaft aus Spielern zusammenzukaufen, die eigentlich ganz woanders spielen. So kommt es, dass ein Spieler der polnischen Nationalmannschaft Torwart bei einem Schottischen Team ist. In Polen, das haben wir inzwischen gelernt, ist der Katholizismus keine Sache, die auf die leichte Schulter genommen wird. Im Inselkönigreich hingegen ist Religion etwas, mit dem man insgesamt überaus blutige Erfahrungen gesammelt hat.

Der Leser ahnt bereits was kommt. Es geschah folgendes: Die Mannschaft Celtic Glasgow hat den Polen Artur Boruc als Torwart im Team. Die Anhänger von Celtic gelten gemeinhin als katholisch. Am 12. Februar kam es zum emotional sehr aufgeheizten City-Derby gegen die Glasgow Rangers, historisch bekannt als "Old Firm". Die Fans der Rangers gelten generell als protestantisch. Auf dem Platz bekreuzigte sich Buroc und damit handelte er sich und seinem Club eine Menge Ärger ein.

Im Anschluß an das Spiel, dass Celtic mit 1:0 gewann, ermittelte die Polizei aus Strathclyde ganze sechs Monate und ging allen Hinweisen nach. Jetzt wurde bekannt, dass gegen Buroc eine Verwarnung mit einem Bußgeld in unbekannter Höhe ausgesprochen wurde, weil das Verhalten von Buroc nach Ansicht der Polizei
"eine Kombination aus Verhaltensweisen gegenüber der Menge während eines 'Old Firm' Spiels beinhaltete, das für erhebliche Aufruhe unter den Fans sorgte"
Oder auf Deutsch: Er hat die Menge absichtlich provoziert.

Anstelle des Bußgeldes hätte man ihn in Schottland auch vor Gericht anklagen können. Die Behörden sehen die Sache sehr pragmatisch: Er hat sich bekreuzigt, die Menge flippte deshalb aus, die Polizei musste einschreiten - seine Schuld. Irgendwie sehr gut nachvollziehbar, besonders wenn man an die Erfahrungen der Vergangenheit mit englischen "Fußballfans" denkt.

Die Katholische Kirche sieht das natürlich völlig anders. Peter Kearney, Sprecher der Katholischen Kirche und ehemaliger Kandidat für das Britische Parlament, bezeichnete die Entscheidung als "bedauerlich". Insgesamt machte er deutlich, dass die Katholische Kirche diesen Vorfall als globalen Angriff gegen den katholischen Glauben insgesamt versteht.

Eine willkommene Gelegenheit sich gegenüber der anglikanischen Kirche zu positionieren. Denn "damals" hat sich die Nationalkirche Englands (dazu gehört auch Schottland) von der katholischen Kirche losgesagt. Und das nimmt man in Rom den Insulanern bis heute ziemlich übel. Es geht also nicht etwa um die paar Euro, die der Pole - ob nun streng gläubig oder nicht - ablatzen muss, sondern es geht um die katholische Kirche in England und speziell in Schottland.

Und da sag noch mal einer, dass Religion, Sport und internationale Politik nichts miteinander zu tun haben. Aber davon ganz ab: Was wäre wohl passiert, wenn Celtic das Match nicht gewonnen hätte? Ob die Polizei dann auch...?

(Quelle: BBC)

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