Freitag, 28. Juli 2006

Immunität

HandschellenDie FDP hat sich etwas Neues ausgedacht, um das Politische System der Bundesrepublik zu "modernisieren". Der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der FDP, Jörg van Essen, sagte gegenüber der Bildzeitung:
"Das Immunitätsrecht der Abgeordneten hat sich überlebt" "Abgeordnete sollten vor der Justiz genauso behandelt werden, wie jeder Bürger"
Er ist der Meinung, dass es in einem funktionierenden und stabilen Rechtsstaat keinen Grund mehr gibt, Abgeordneten vor strafrechtlicher Verfolgung besonders zu schützen. Nach seiner Vorstellung sollen Abgeordnete zukünftig einen Antrag stellen, um sich vor strafrechtlicher Verfolgung schützen zu können und zwar nur dann, wenn:
"sie den berechtigten Verdacht haben, dass sie aus politischen Gründen von der Justiz verfolgt werden"
Die FDP will, dass die Parlamentarier ohne Hindernisse und ohne Umwege durch strafprozessuale Maßnahmen belangt werden können. Um für sich selber entscheiden zu können, ob das richtig ist oder nicht, muss man die Frage stellen, welchen Sinn und Zweck die Immunität der Abgeordneten überhaupt hat und welche Grenzen es gibt.

Die parlamentarische Immunität soll vor allem die Legislative (die Parlamentarier und die Mitglieder der Regierungen) vor willkürlichen Eingriffen durch die Exekutive schützen. Besonders im 19. Jahrhundert war es nicht unüblich, politische Gegner durch erfundene Vorwürfe und Anzeigen kurzfristig vor wirchtigen politischen Abstimmungen inhaftieren zu lassen und so das Ergebnis der Abstimmung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Ein weiterer Grund ist die Garantie der Redefreiheit und dem Recht der freien Meinungsäußerung, das besonders für gewählte Volksvertreter einen besonderen Stellenwert hat. Sie sind dem Willen ihrer Wähler verpflichtet und müssen deren Interessen und Willen formulieren.

In die Immunität von Abgeordneten kann eingegriffen werden, aber sie muss in Deutschland durch das Parlament aufgehoben werden, und zwar auf Antrag der Strafverfolgungsbehörden. Das heißt, im Prinzip muss zuerst der Antrag auf Aufhebung der Immunität gestellt werden und erst danach darf derjenige strafrechtlich belangt werden. Nach der Vorstellung der FDP sollte das nun umgekehrt werden. Zuerst kann der Parlamentarier inhaftiert werden und erst danach kann er sich dagegen wehren.

Will die FDP etwa das Instrumentarium der politischen Willensbildung um Werkzeuge des politischen Altertums erweitern? Welchen Nutzen hätte die FDP davon? Oder möchte sich die FDP etwa bei bestimmten Vertretern anderer Parteien als Koalitionspartner attraktiv machen, um bei der nächsten Bundestagswahl nicht wieder in der Opposition zu landen?

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