Mittwoch, 31. Mai 2006

Testberichte, Verträge und die Pressefreiheit

MS Office 2007Im Moment wird das neue Office angeboten wie Sauerbier. Interessant ist dabei weniger das Produkt, sondern das Gehabe "drumherum". Die sogenannte "Beta 2" liegt einigen Zeitschriften bei und wird - zum Beispiel in der c't - mehr oder weniger ausgiebig "getestet". In meinen Augen sollte ein Test aber etwas über Leistungsfähigkeit aussagen, über Laufstabilität, Geschwindigkeit, Lieferumfang, Produktqualität, Handhabung und so weiter. Im Falle von Software sollten auch die berühmten "Systemvoraussetzungen" bewertet werden. Bewertet heißt aber nicht "nur andeutungsweise" oder "am Rande erwähnt".

Was ich dagegen nicht erwarte, ist eine seitenlange Abhandlung über die die optische Gestaltung von Menüs ("anders"), deren Benennung ("Ribbon"), Zusammenstellung (nicht mehr thematisch, sondern nach Arbeitsabläufen sortiert) und Spekulationen über die Debatten, die diese auslösen können. Bitte was soll sich der Leser denken, wenn der Tester hervorhebt, dass jetzt bunte Tabellen in irgendeinem Fantasielayout "leicht ihren Weg" in den Text finden und diesen "verzieren"? Layout und Design sind für den Tester wichtiger als der Inhalt?

MS Office 2007 WordSchon gar nicht erwarte ich von einem "Testbericht", dass der sich in der Bewertung dahingehend ausläßt, dass "alle anderen Produkte" jetzt "irgendwie alt aussehen". Was bitte soll mir das sagen? Optik == Qualität? Sind wir im Marketing der Computerspiele angekommen, wo Grafik und FX alles sind, wo Handlung und Konzept hinter dem Visuellen zurückstecken um die Verkaufszahlen nach oben zu pushen? Und bitte was sagt mir das über die Qualität des Produktes?

Interessant ist, dass gerade die Computer Bild - eine Zeitschrift aus dem selben Hause, dem auch die Bild und die Bild am Sonntag entstammen - diesen Werbereigen nicht mitmacht. Bemerkenswert ist, dass ausgerechnet diese Publikation eine Formulierung in Bezug auf den von Microsoft geforderten Vertrag wählt, die aufhorchen lässt:
"Dieser Vertrag ist ein grober Eingriff in die journalistische Unabhängigkeit"

- Hans-Martin Burr, stellvertretender Chefredakteur Computer Bild
Die Computer Bild sagt weiterhin, dass Verlage, die den Vertrag unterschreiben, die Artikel zur "Prüfung und Stellungnahme" vor Drucklegung bereitstellen müssen. Das ist soweit noch beinahe akzeptabel und im professionellen Journalismus durchaus "guter Ton": Man räumt dem Gegenüber normalerweise vor einer kritischen Berichterstattung die Gelegenheit ein, sich zur Kritik zu äußern. Das ist aber normalerweise weder rechtlich verbindlich, noch sonstwie zwingend vorgeschrieben.

Jedoch ist die Aussage, dass die Verlage laut Computer Bild bei der Einbeziehung der von Microsoft genannten Umformulierungen und inhaltlichen Modifikationen "kooperieren" müssen, ziemlich harter Tobak. Die von Computer Bild angeführte Begründung ist, dass auf diesem Wege "Inkorrektheiten in Bezug auf die Produkte" und eine "Herabsetzung von Microsoft und/oder jeglichen Produkten" verhindert werden soll. Weiterer Anlaß zur Kritik war für Computer Bild eine "Anleitung für Verlage zu genehmigten Inhalten", mit der unter anderem Textpassagen für die Veröffentlichung im Heft vorgeschrieben werden.

Microsoft widerspricht dieser Darstellung und wirft der Computer Bild vor, sie hätte Zitate aus dem Vertrag aus dem Zusammenhang gerissen und verkürzt wiedergegeben.
"Die Pressefreiheit ist ein hohes und schützenswertes Gut. Wir greifen deshalb niemals und in keiner Weise in die redaktionelle Freiheit irgendeines Mediums ein. Wir haben dies in der Vergangenheit nicht getan und werden es auch in Zukunft nicht tun."

- Jürgen Gallmann, Vorsitzender der Geschäftsführung Microsoft Deutschland
Microsoft meint, dass sichergestellt werden sollte, dass Leser der Publikationen, Hefte und Magazine korrekte Informationen erhalten. Von "größtmöglichem Nutzen" (für den Leser) ist die Rede. Einflußnahme auf Meinungsbildung, Urteil und Berichterstattung streitet Microsoft vehement ab. In dem Schreiben, aus dem Computer Bild zitiert, habe Microsoft ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die redaktionelle Arbeit nicht durch Microsoft beeinflusst werde.

Stellt sich die Frage, in welchem Kontext "korrekte Informationen" gelesen werden soll. Korrekt aus wessen Sicht? Korrekt in Bezug auf was? Auch die Formulierung "größtmöglicher Nutzen" ist nicht eben eine Formulierung, die Vertrauen schafft. Eher im Gegenteil, denn zu sehr haftet ihr der Geruch der Marketingabteilung an.

Auch die c't hat sich inzwischen zu den Vorwürfen geäußert:
"Der aus den USA vorgegebene Vertrag ist aus meiner Sicht juristischer Overkill, schränkt aber bei vernünftiger Auslegung die journalistische Freiheit nicht ein"

- c't-Chefredakteur Christian Persson
Microsoft ProzesseDer Vertrag selbst scheint einem "Non Disclosure Agreement" (NDA) zu unterliegen und darf deshalb wohl nicht veröffentlicht werden, denn sonst wäre das schon geschehen. Das verhindert allerdings, dass man sich ein neutrales Bild von dessen Bedingungen machen kann. Es ist auffällig, wie sanft mit dem Produkt umgegangen wird, wie frei von Kritik an Firma und Produkt die jeweiligen Artikel (und im Falle der c't fast das ganze Heft) sind. Auch fällt das Fehlen von Vergleichen frappierend auf. Wie siehts denn nun aus im Vergleich zur Vorgängerversion mit dem Ressourcenhunger? Wie schneidet das Produkt denn nun ab im Vergleich zu Open Office? Nichts, kein Wort darüber. Lediglich ein paar sehr diffuse und vage Hinweise.

Was die von Herrn Persson erwähnte "vernünftige Auslegung" angeht: Redet der Herr von derselben Firma wie der Rest der Welt? Redet er auch von der Firma, die wegen etlicher Kartellrechtlicher und urheberrechtlicher Themen vor Gericht steht und stand und auch schon mehrfach verurteilt wurde und sich noch häufiger "außergerichtlich" geeinigt hat, um weiteren Verurteilungen zu entgehen? Redet er von derselben Firma, deren EULA schon legendär sind in Bezug auf "an geltendem Recht und Gesetz meilenweit vorbei" und die keine Skrupel hat, jeden sofort mit beliebigen Prozessen und Klagen zu überziehen, der dieser Firma im Wege steht?

Insgesamt sieht das alles sehr eigenartig aus. Die Wahrheit wird irgendwo auf halber Strecke zwischen beiden Versionen liegen. Wahrscheinlich hat Microsoft schon irgendwie dafür gesorgt, dass die Firma und das Produkt in einem möglichst guten Licht präsentiert werden. Längst nicht alle Absprachen werden schriftlich im Vertrag fixiert. Ob das ausreicht, um der Firma "Eingriffe in die Pressefreiheit" zu unterstellen?

(Quelle: Golem, Heise, Computer Bild, Microsoft)

Dienstag, 30. Mai 2006

Sachen gibts... (15)

SteriPEN im GlasManche Leute machen sich ernsthafte Sorgen um ihre Gesundheit, während sie gerade durch irgendeine Sumpflandschaft am Arsch der Welt stapfen oder irgendwo im Herkunftsland ihrer Mitbürger mit akutem Migrationshintergrund gegen die Kriege anderer demonstrieren. Ganz besonders die Sache mit dem Trinkwasser ist da ja ein herrausragendes Problem.

Verschiedene Firmen haben unterschiedlichste Wege gefunden, das Trinkwasser anderer Länder so umzugestalten, dass es auch für Terro.. äh, 'Tschuldigung, ich meinte natürlich Touristen aus westlichen Industrienationen trinkbar wird.

Ein besonders interessanter Ansatz ist der SteriPEN™ der Firma Hydro-Photon aus Blue Hill, USA. Mit ultraviolettem Licht will dieses Batteriebetriebene Gerät Mikroben im Wasser abtöten und das Wasser desinfizieren:
"Whether your source is a woodland brook or an overseas hotel tap, SteriPEN sterilizes clear water by destroying viruses, bacteria and protozoa—including Giardia and Cryptosporidium—in seconds. Carry a SteriPEN to disinfect water wherever you travel, hike, camp or trek. It’s the fastest route to pure, safe drinking water anywhere."
Das Gerät wird mit vier handelsüblichen AA-Batterien betrieben und kostet im Handel den Spottpreis von 150-160 Euro...

Interessenten sollten beachten, dass Mikro-Organismen nur eine von mehreren Gefahren sind, die Trinkwasser in der Dritten Welt ungenießbar machen können.

Licht

Die Firma Infernoptix hat sich eine interessante Kombination aus Digitaltechnik und Pyrotechnik einfallen lassen:
Na das nenne ich mal "Lichteffekt". Aber irgendwie bin ich mir sicher, dass der Tüv da eher nicht sein Ok für geben wird...

Rechtschreibung

Am 1. August 2006 treten mal wieder neue Regeln für die Rechtschreibung in Kraft. Das Desaster der Anpassung der Überarbeitung der Reform der deutschen Schriftsprache wird über lange Zeit hinweg Narben hinterlassen. Es ist ohne Zweifel so, dass der jetzt gefundene Kompromiß weit von einer idealen Lösung entfernt ist und auch an der kommenden Fassung der Rechtschreibung lassen sich viele Punkte und Regelungen völlig berechtigt kritisieren.

Irgendjemand meinte, das ginge so alles nicht und zug vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dort reichte er Klage ein, weil er durch die Reform der Rechtschreibung sein Grundrecht auf auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit verletzt sah.

Das Bundesverfassungsgericht winkte ab und nahm die Klage gar nicht erst an. Die Begründung ist allerdings interessant: Der Kläger greift nach Ansicht der Richter auf dem Rechtswege den Beschluß der Kultusministerkonferenz an, die aber ersteinmal gar keine rechtlichen Auswirkungen hat. Stattdessen müssen die einzelnen Bundesländer jeweils diese Entscheidung einzeln Umsetzen und erst dann hat das ganze Rechtscharakter. Darüber hinaus betreffen diese Regelungen dann nur verbindlich Schüler und Bedienstete staatlicher Behörden.

Im Klartext bedeutet das wohl, dass jeder schreiben darf, wie er will. Niemandem ist vorgeschrieben, wie er (oder sie) im Einzelfall bestimmte Wörter und Formulierungen schreibt - wenn er nicht gerade Schüler oder Beamter / Angestellter im Öffentlichen Dienst ist. In der Schule und in der Behörde muss er so schreiben, wie das noch kommende Gesetz es vorschreibt. Alle anderen dürfen schreiben, wie sie es für richtig halten.

Womit letztenendes vor allem eins klar geworden wäre: Das Politikum "Rechtschreibung" wird totgeschwiegen. Keiner will mehr mit dem stinkenden Kadaver eines Reformvorhabens in Verbindung gebracht werden, der durch persönliche Animositäten, Besserwisserei und Kompetenzgerangel zum Kadaver wurde. Gespannt dürfen wir aber auf die jeweiligen Umsetzungen auf Landesebene sein, denn wenn schon in Bayern durch den Eingriff des Landesfürsten ein Abitur in "bayrischer Mundart" seine Gültigkeit durch quasi "königlichen Erlaß" erhält, warum sollte dann das nicht auch künftig verbrieftes Recht aller Landesfürsten sein?

(Quelle: Welt)

Sachen gibts... (14)

Für uns Kerle ist das mit den Toiletten beim Weggehen ja weniger das Problem, denn eine Sache haben wir den Frauen auf jeden Fall voraus: Wir können "im stehen".

Wer allerdings jemals in der Gastro und ganz speziell in Diskotheken o.ä. gearbeitet hat oder sich mal mit Leuten unterhalten hat, die dort arbeiten, der wird mit einiger Verblüffung erfahren, dass die Männerklos meistens um einiges sauberer sind, als die der weiblichen Gäste. Die Geschichten sind ebenso abenteuerlich wie geschmacklos, darum sparen wir uns die Details und überlassen das der Phantasie des Lesers. Jedenfalls ist es nur zu verständlich, dass Frau uns um unseren biologischen Vorteil besonders hier beneiden.

Die Firma "Magic Cone" aus den USA hat sich dieses Problems angenommen und eine patentierte Lösung entworfen: Den "Magic Cone". Das ist ein Pappding, das sich zu einer speziell geformten Trichter-Röhre aufklappen lässt und Frau mit einer Ziel-Hilfe ausstattet, die ihr die Natur (aus naheliegenden Gründen) versagt hat.

In der Theorie sieht das Ganze so aus:
Magic Cone Manual
Wem das nicht aussagekräftig genug ist: Das gibt es auch als Animation.

30 Stück in 10 Tüten zu je 3 Stück verpackt kosten US$ 16.95 plus US$ 10 Versand nach Deutschland, umgerechnet ca. 22 Euro. Bestellungen per Email an sales@magic-cone.com.

(Danke Basti)

Montag, 29. Mai 2006

Therapie wegen Erfolglosigkeit abgebrochen

ImpotenzÜberall auf der Welt haben Männer Probleme mit den ihnen ständig vorgehaltenen Vergleichen aus der Welt der Pornoindustrie. Nicht nur deshalb floriert der Handel mit Viagra. Allerdings kann sich nicht jeder Viagra leisten und nicht jeder steht auf Chemie. Andere haben wiederum eher Vertrauen zu alternativen Behandlungsmethoden. Diese sind jedoch nicht immer völlig ungefährlich.

Auch für den behandelnden Arzt können Therapie und Patient zum Risiko werden. Dies erfuhr Abbot R., selbst ernannter "Sexologe" in Neu Delhi am eigenen Leib. Seit zwei Jahren behandelte er Ali J. wegen dessen Impotenz - scheinbar ohne Erfolg, denn am Sonntag beschwerte sich Javed sehr nachdrücklich bei seinem Arzt über dessen Erfolglosigkeit: Er schoß ihm sieben Mal in die Brust und befreite damit sich und die Welt von einem offenbar nicht besonders erfolgreichem "Wunderheiler". Nach seiner Festnahme gab der 22 Jahre alte Ali an, dass die Behandlung das Problem sogar noch verschlimmert habe.

Vielleicht doch lieber Viagra?

(Quelle: AFP)

Nachruf (1)

Paul Gleason - Richard VernonVergangenen Samstag verstarb im Alter von 67 Jahren der Schauspieler Paul Gleason. Neben Auftritten in Serien wie Miami Vice, Mission: Impossible, L.A. Law, Seinfeld und Filmen wie Stirb Langsam, ist er mir besonders als Rektor Richard Vernon aus The Breakfast Club als "der" Stereotyp des tyrannischen Lehrers in Erinnerung geblieben. Gleason spielte in mehr als 60 Filmen mit.

"You ought to spend a little more time trying to do something with yourself and a little less time trying to impress people."

- Richard Vernon

Aufrüsten!

Trident U-BootDie Raketen-U-Boote aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind in erster Linie Startbasen für nukleare Langstreckenwaffen. Deren Arsenal soll jetzt um eine konventionelle Version der Trident II Rakete erweitert werden. Das Ziel dieses rund 500 Millionen US-Dollar teuren Plan ist es, den USA ein breiteres Spektrum für Präventivschläge zu geben. Diese konventionellen Verisonen sollen die Kolateralschäden minimieren und gleichzeitig ein schnelles Zuschlagen auch über tausende von Kilometern hinweg ermöglichen.

Das Problem an der Sache ist allerdings, dass von außen nicht unterschieden werden kann, ob die Rakete, die da gerade startet, einen nuklearen oder einen konventionellen Sprengkopf trägt. Vom US-Senat werden deswegen ernste Bedenken geäußert, ob ein solches Waffensystem nicht sogar die Gefahr eines Atomkrieges vergrößern könnte.

Atombomben sind ja auch immer so problematisch und endgültig. Aber wie wäre es denn mit einer etwas kleineren Drohung gegen die Achsen des Bösen und die Unwilligen dieser Welt? Sowas kann man doch viel leichter mal eben zum Durchsetzen der eigenen Interessen einsetzen, dann hat man hinterher nicht so das Gerangel mit den anderen...

(Quelle: AFP)

Was wir falsch machen

Recep Tayyip ErdoganDer türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan belehrte jüngst Tante Angie und auch ganz Deutschland darüber, wie "Integration" zu funktionieren hat und was wir hier in Deutschland alles falsch machen. Seiner Meinung nach geht das mit der erfolgreichen Integration wie folgt:
"Es gibt in Deutschland zu wenig Möglichkeiten, Türkisch zu lernen. Dabei kann ein junger Mensch Deutsch viel besser und viel schneller lernen, wenn er seine Muttersprache beherrscht."
Merke: Die Muttersprache ist nicht die des Landes, dessen Staatsbürgerschaft man hat, sondern die desjenigen Landes, das vor X Generationen von den Vorfahren verlassen wurde. Aber immerhin gesteht Herr Erdogan doch noch gerade zu, dass eine gemeinsame Sprache der zentrale Aspekt einer erfolgreichen Integration ist. Allerdings ist seiner Ansicht nach naheliegend, dass natürlich die Deutschen Türkisch zu lernen haben, denn Deutsch ist ja als Zweitsprache noch gerade eben gut genug aber tendenziell sowieso "völlig out".

Warum sonst sollten Deutsche erst Türkisch lernen bevor sie Deutsch lernen? Wenn "junge Menschen" die deutsche Sprache sowieso besser lernen, wenn sie zuerst die türkische Sprache lernen, dann kann Deutsch auch komplett wegfallen, wenn hier alle sofort Türkisch sprechen. Darüber hinaus dürften wahrscheinlich auch eine ganze Reihe von Linguisten und Sprachpädagogen nicht gerade wenig verblüfft darüber sein zu erfahren, dass gerade die türkische Sprache das Erlernen der deutschen Sprache vereinfachen soll.

Unbestritten ist allerdings, dass das Erlernen mehrerer Sprachen in früher Kindheit nicht nur bedeutend einfacher fällt, sondern in der Entwicklung zum Erwachsenen und auch generell später erhebliche Vorteile mit sich bringt, allerdings ist es dabei für die Entwicklung völlig unerheblich, welche Sprachen das sind.

Herr Erdogan hat aber noch weiterer Ressentiments gegen Deutschland:
"Dass man nach den Attentaten plötzlich mit der Polizei in Moscheen kommt und Razzien macht, sollte nicht akzeptabel sein."
Merke: Moscheen sind jene Zonen, in denen das Hoheitsrecht des Staates nicht gilt. Hier gilt einzig das Recht des Islam. Die Exekutive des Staates hat dort nicht nur nichts verloren, sondern schon gar keine Rechte. Wahrscheinlich hat Herr Erdogan in diesem Punkt eine grundlegend andere Vorstellung vom "Kirchenasyl" als wir es in Deutschland haben. Die Frage sei an dieser Stelle erlaubt, wie es denn in der Türkei mit der Polizei und dem Militär in Moscheen aussieht. Oder meint Herr Erdogan mit der von ihm gepriesenen Trennung von Kirche und Staat etwa genau das, nämlich eine Exklusivität der Kirche gegenüber dem Staatlichen Handlen?

Da es durchaus einige Türken deutscher Abstammung gibt, die in die Türkei zurückkehren, kann man an dieser Stelle auch fragen, an welchen staatlichen, allgemeinbildenden Schulen in der Türkei Deutsch gelehrt wird. Aber halt, das ist ja eh überflüssig, denn wer Türkisch kann, dem fliegt Deutsch ja ohne Mehraufwand zu. Quasi "Buy one - get one free" oder so. Ebenso Gegenstand der Spekulation dürfte wohl sein, wie Herr Erdogan den Umgang der Türkei mit Kurden, Griechen und Zyprioten rechtfertigt.

Auch ist wenig bekannt darüber, wie Herr Erdogan über das Verhalten seiner "Landsleute" in Deutschland denkt, die gerade durch ihr eben nicht gerade vorbildliches Verhalten auffallen. Auch zu den jüngst der breiten Öffentlickeit bekannt und bewusst gemachten Phänomenen Ehrenmorde, Eheversprechen, Jugendhochzeiten und so weiter, die ja angeblich insgesamt ein "Deutsch-Türkisches Problem" sind (behauptet jedenfalls die TAZ), hat sich Herr Erdogan in diesem Zusammenhang nicht geäußert, ebensowenig wie zum Beispiel zu den Themen Polygamie, Menschenrechte, Korruption, Analphabetismus etc. in der Türkei.

Wahrscheinlich ist das aber wieder "etwas völlig Anderes" und darf gerade von Deutschland wegen seiner "historischen Verantwortung" nicht angesprochen werden.

(Quelle: FTD)

Sonntag, 28. Mai 2006

Geld machen (9)

Goleo mit WM-TicketDie Veranstalter der Fußball WM 2006 haben sich ja einiges einfallen lassen, um möglichst dick Kohle abzugreifen. Besonders in Erinnerung geblieben sind die Versprechen um den wirtschaftlichen Nutzen, den Deutschland durch die Veranstaltung erfahren soll - wie hoch der "Gewinn" für die deutsche Wirtschaft tatsächlich sein soll, ist jedoch umstritten. Natürlich erinnern wir uns auch alle noch an die "völlig marktüblichen Werbevorschriften" und die recht eifrigen Klebebandaufpasser. Unvergessen auch die geringfügige Datenerhebung bei der Bewerbung um die Bestellung einer Anwartschaft auf die Option eines möglichen Ticketerwerbs. Und natürlich die Sache mit Goleo und Nici. Ach ja, und die Eröffnungsgala nicht zu vergessen.

Jetzt kurz vor der WM werden dank der Süddeutschen Zeitung noch ein paar amüsante Details bekannt. Zum Einen ist da die in der Schweiz ansässige Agentur ISE zu nennen, die im Auftrag des Weltverbandes Fifa die sogenannten "VIP-Karten" vermarktet. Diese Agentur hat - je nach Lesart - entweder noch 70.000 Tickets "übrige" oder 70.000 Optionen auf solche Tickets "nicht wahrgenommen", je nach dem, wen man fragt. Um den Ausfall nicht zu hoch ausfallen zu lassen, hat nun schon vor einiger Zeit eben diese Agentur damit begonnen, die Tickets mit "geringfügigem" Rabatt an die eigenen Mitarbeiter zu verschachern.

Kosten die Tickets für die Spiele der Vorrunden im normalen Handel zwischen 2.199 und 3.299 Euro, können Mitarbeiter von ISE die Tickets für nur 900 bis 1.000 Euro pro Stück aufkaufen - und weiterverkaufen. Angeblich kann nun jeder ISE-Mitarbeiter mit bis zu 40 Tickets pro Spiel handeln - das wären, allein auf die deutschen Partien bezogen, bis zu 13.200 Karten. ISE-Chef Georg Taylor räumte gegenüber der Süddeutschen ein, dass diese Zahlen wohl "nahe an der Realität" sind. Happy Dealing. Und dabei hatte die Fifa doch genau diesen Handel im Vorfeld ausschließen wollen und so die exessive Datensammelwut gerechtfertigt.

Damit aber nicht genug. Wer jetzt tatsächlich eins der rund 300.000 VIP Tickets hat, dem kann es passieren, dass er trotzdem nicht ins Stadion reinkommt.

Das Bundesinnenministerium (dessen Chef ist der Herr Schäuble, der uns auch die Bundeswehr ins Inland holt) besteht darauf, dass von allen Besuchern der Spiele vorher Namen, Adresse und Passnummer erfasst werden. Genau das wurde aber bei den VIP-Tickets nicht gemacht.

Das Organisations-Komitee von Franz Beckenbauer und die Agentur ISE von Herrn Taylor schieben sich gegenseitig die Schuld zu: Keiner will es gewesen sein. Es kann sogar sein, dass nicht nur VIP-Tickets "unregistriert" im Umlauf sind, sondern noch sehr viel mehr.

Da viele der VIP-Tickets in Konzerne gegangen sind, ist es nicht ganz einfach herauszufinden, wer denn nun tatsächlich die Tickets hat. Viele Tickets sind bei Konzernen gelandet und die Empfänger dort sehen noch weniger als der "normale Fußballfan" ein, ihre Daten erfassen zu lassen: Wie unangenehm wäre es, wenn diese Listen bei Staatsanwaltschaft oder Finanzamt landeten...

Immerhin: solche Tickets sind einige Tausend Euro wert und müssen von den Firmen versteuert werden. Entsprechend ermittelt auch bereits die Staatsanwaltschaft gegen einer Energieversorger, der großzügig Politiker und Manager eingeladen hat.

Was lernen wir daraus? Daten sammeln wollen ist eine Sache, aber plötzlich selbst erfasst zu werden, das ist der Wirtschafts"elite" dieses Staates dann doch zu viel des Guten. Schließlich ist man wer und will nicht Opfer der eigenen Datenerfassungsmaschinerie werden.

Samstag, 27. Mai 2006

Aber das Navi hat gesagt... (3)

Yacht sinktDie zwei Männer nahmen ihre nagelneue Fairline Squadron 58 in Arendal, Norwegen, in Empfang. Sichtlich stolz schipperten sie mit ihrer 18-Meter langen und fast 1,6 Millionen Euro teuren Yacht mit ordentlich Speed an der Küste entlang. Stolz durften sie auch sein, denn nach Angaben des Verkäufers war das kein kleines Boot, mit dem die beiden da losfuhren: Die Yacht wog rund 23 Tonnen, hatte einen Treibstoffank mit 2,700 Litern Fassungsvermögen, vier Schlafzimmer, Dusche und WC und bot genug Platz für 10 Leute, war vollgestopft mit modernster Technik für Unterhaltung und Navigation.

Wie gesagt: War.

Die beiden Leichtmatrosen hatten sich scheinbar vollkommen auf ihr Navigationssystem verlassen und schafften es so völlig problemlos mit gehörig Speed auf einige Unterwasserfelsen zu rasen. Der Kutter fand das wiederum weniger lustig, machte die Bordwand auf und nahm ordentlich Wasser. Während die Yacht langsam sank, suchten die beiden Hobbyseeleute ihr Heil in der Flucht und nahmen das aufblasbare Rettungsboot.

Auch dieses Stück Hightech-Ausrüstung erwies sich als sehr zuverlässig: Es begann - entweder aus Sympathie oder aus Böswilligkeit - ebenfalls zu sinken.

Die beiden wurden von der lokalen Küstenwache gerade noch rechzeitig aufgepickt, bevor sie mit Wassertreten beginnen mussten.

Beide waren vollkommen nüchtern und hatten gültige Bootsführerscheine. Nur ihren Verstand hatten sie zu Hause gelassen, denn mit der Zuverlässigkeit der modernen elektronischen Seekarten ist es noch lange nicht so weit her, wie manche glauben.

Hätten sie dieses Blog gelesen, wüssten sie das.

(Quelle: Aftenposten)

Freitag, 26. Mai 2006

Geld machen (8)

Unsere Tante Angie ist ja Bundeskanzlerin. Darum darf sie viele tolle Sachen, die andere nicht dürfen. Zum Beispiel auf unsere Kosten nach China fliegen oder auch tolle Räte ins Leben rufen. Einer dieser Räte ist der "Rat für Innovation und Wachstum", der die Bundesregierung in allen "Innovationsfragen" beraten soll. Zu Deutsch: Die Mitglieder dieses Rates sollen der Bundeskanzlerin sagen, was sie tun und lassen soll, damit es in Deutschland wieder aufwärts geht mit der Wirtschaft.

Heinrich von PiererDer Chef dieses Rates ist der Herr Heinrich von Pierer und wenn er nicht gerade der Tante Angie und ihren Kollegen tolle Tipps gibt, dann ist er Aufsichtsratsvorsitzender bei Siemens. Und wenn er da nicht gerade vorsitzt, dann macht er bestimmt gerade was im Aufsichtsrat bei Bayer, Hochtief, der Münchener Rück oder bei Volkswagen. Oder in den anderen Aufsichtsräten, in denen er sitzt. Er hat auch schon Onkel Gerd beraten, nur hieß das damals "Partner für Innovation" und nicht "Rat für Innovation und Wachstum".

Jedenfalls hat der Herr von Pierer eine ganz eigene Meinung davon, wer Geld wofür auszugeben hat. Und da ist seine Meinung ganz eindeutig: Alle anderen für ihn. Und damit sich die vielen Firmen das auch leisten können, dass er in den Aufsichtsräten tolle Vorschläge macht, hat er viele tolle Vorschläge zur Kostenminimierung, Verzeihung, ich meinte natürlich zur Innovation in der Tasche. Einen ganz tollen Vorschlag hat er dann auch gleich dem 2DF erzählt. Da sagte er nämlich, dass Auszubildende zu viel Geld verdienen und das ginge so ja nun nicht. Die Ausbildungsvergütung (so nennt die Wirtschaft das Geld, mit dem sich die Unternehmen bei den Auszubildenden für deren Schikanierung und Langzeitverarsche entschuldigen) darf nach seiner Ansicht nicht so hoch steigen, "dass mittelständische Unternehmen nicht mehr mitmachen können".

Mit dieser Idee ist er nicht alleine. Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, ist dieser Meinung. Der hatte nämlich vorgeschlagen, dass sich drei Auszubildende in einem mittelständischen Betrieb, der sich finanziell nur zwei Lehrlinge leisten könnte, den Lohn für zwei Azubi-Stellen zu dritt teilen sollten. Herr Braun hatte auch schon mal die Idee mit der "Basisvergütung für Lehrlinge" in Höhe von 270 Euro im Monat, hatte damit aber ziemlich wenig Erfolg. Jetzt schlägt er vor, dass man ja statt 540 Euro besser 360 Euro Lohn zahlen solle, damit weniger Jugendliche Arbeitslos sind und eine Lehrstelle erhalten.

Für die Wirtschaft sind halt 400 Euro Kräfte aus dem östlichen europäischen Ausland billiger, als ausgebildete Fachkräfte aus dem Inland. Damit die Fachkräfte im Inland billiger werden, muss man deren "Gehaltsspiegel" neu definieren. Und da fängt man am besten unten an. Und wenn man schonmal dabei ist: Warum nicht zurück zu den Zeiten, in denen Lehrlinge ihre Ausbilder dafür bezahlten, dass sie ausgebildet wurden?

Frühreif

BrustDraußen - das ist da, wo der Pizzabringdienst herkommt - geht schon länger das etwas vulgäre Sprichwort um, dass die Frauen von heutzutage zuerst die Brüste und erst danach die Milchzähne bekommen. Schuld daran geben die Experten des wirklichen Lebens dem Wetter, den Hormonen, der Pille, der schlechten Musik, den Medien, den Atombombenversuchen und so weiter.

Grund genug für die Wissenschaftler, sich der Frage mal genauer anzunehmen und herauszufinden, wie denn das jetzt ist mit der "Reife". Allerdings untersuchen die Forscher das nicht zum ersten Mal, sondern schon seit mehr als 140 Jahren. Und dabei ist herausgekommen, dass wir alle gleichzeitig Recht und Unrecht haben: Recht haben wir mit der Vermutung das Alter betreffend, aber Unrecht haben wir wahrscheinlich mit den Gründen.

Aus früheren Untersuchungen weiß man, dass 1860 die erste Periode im Durchschnitt im Alter von 16,6 Jahren einsetzte. 1920 lag dieser Zeitpunkt schon bei 14,6 Jahren. Der Trend setzt sich offenbar fort, denn 1950 setzte die Periode mit 13,1 Jahren und 1980 mit 12,5 Jahren ein. 1994 lag das Durchschnittsalter bei 12,2 Jahren. In rund 130 Jahren verschob sich damit die Geschlechtsreife um fast viereinhalb Jahre nach vorne. Hochrechnungen gehen davon aus, dass im Jahr 2010 die Mädchen bereits mit 10 oder 11 Jahren ihre erste Regel bekommen und damit geschlechtsreif sind. Aber auch bei den Jungs sieht es nicht viel anders aus: Lag das Alter beim ersten Samenergusses 1980 noch bei 14,2 Jahren lag es 1994 bereits bei 12,6 Jahren.

Wegen der Gründe sehen die Wissenschaftler einen von den meisten völlig unerwarteten Zusammenhang. Nicht die globale Erwärmung, die Hormone, das Wetter und so weiter sind Schuld, sondern die insgesamt immer bessere Gesundheit und das regelmäßige Essen. Der Gesundheitszustand und die Ernährungslage führen dazu, dass Jugendliche immer früher an Gewicht zulegen und ihre endgültige Körpergröße erreichen, und mit diesen beiden Faktoren gekoppelt ist der Beginn der Pubertät.

Diese Zahlen zeigen allerdings auch, dass der biologische Abstand zwischen Jungen und Mädchen in der Entwicklung im Laufe der Zeit immer geringer wird. Waren es 1980 noch fast zwei Jahre (genau 1,7 Jahre), lag der Unterschied 1994 bei nur noch knapp fünf Monaten.

Wenn doch jetzt auch noch die geistige Reife schritthalten würde...

(Quelle: Wissenschaft.de)

Donnerstag, 25. Mai 2006

Vergangenheitsbewältigung

Papst Benedikt XVI.Dem Papst wird ja eine gewisse Unfehlbarkeit nachgesagt. Von daher passen solche Probleme wie Keppler, Da Vinci, Darwin und so weiter nicht immer sofort ins Gefüge der Weltsicht der selbsternannten "universalen" Kirche (Das Wort "katholisch" wird zurückgeführt auf das griechische "katholikos" und bedeutet "das Ganze betreffend", "allgemein gültig".)

Problematisch sind solche Gegebenheiten, bei denen die Kirche gehandelt hat (wie zum Beispiel die Kreuzzüge, die Inquisition) oder eben nicht gehandelt hat, wie zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg. Da hat die universale Kirche schon länger mit erheblichen Problemen zu kämpfen, wird hier doch eine nicht ganz von der Hand zu weisende Fehlbarkeit aufgezeigt. Johannes Paul II. hatte da ja schon ein wenig vorgearbeitet und dafür gesorgt, dass einige dieser "Geschehnisse" relativiert werden können.

Das wohl weltweit einzige Staatsoberhaupt mit doppelter Staatsbürgerschaft, Papst Benedikt XVI., hat jetzt unter alle Debatten um die Fehler der Vergangenheit einen finalen Schlußstrich gezogen:
"Wir müssen uns gegen den arroganten Anspruch wappnen, über frühere Generationen zu richten, die in anderen Zeiten und unter anderen Umständen lebten."
Im selben Zusammenhang wies der Pontifex auf ein wichtiges Detail hin:
"Wir müssen den Wunsch zurückweisen, uns nur mit denen zu identifizieren, die ohne Sünde sind."
So, damit das mal ein für alle Mal klar ist: Eine Kritik an den Menschen vergangener Zeiten steht uns nicht zu und es ist schon gar nicht drin, dass wir uns nur an denen orientieren, die frei sind von Fehl und Tadel.

Es wäre jetzt bestimmt zynisch zu vermuten, dass der ehemalige Chef der direkten Nachfolgeorganisation der Inquisiton seine eigene Amtsabstammung reinwaschen will oder die Rolle seiner Kirche in Polen aus der Kritik manövrieren möchte. Auch wäre es bestimmt vermessen zu spekulieren, dass der medienwirksam erteilte Segen seiner Heiligkeit in Richtung des Denkmals für den Aufstand im Warschauer Ghetto in irgendeiner Form eine tiefergehende Symbolik ausdrücken soll, etwa eine Art Entschuldigung oder so.

Trotzdem sei die Frage erlaubt, wie seine Heiligkeit das denn jetzt genau meint mit der Kritik und der Freiheit von Sünden und so. Wer erinnert sich nicht an solch interessante Aussagen wie die eines gewissen Josef Goebbels in "Michael. Ein deutsches Schicksal in Tagebuchblättern", 1929:
"Wieder komme ich zu Christus. Die deutsche Glaubensfrage ist nicht von Christus zu trennen... Volk ohne Religion, das ist so wie Mensch ohne Atem."
Aber auch die Worte eines gewissen Herrn Himmler (Josef Ackermann: "Himmler als Ideologe", Göttingen 1970. S. 87) haben damit bestimmt nichts zu tun:
"Wir glauben an das Volk, des Blutes Träger und an den Führer, den uns Gott bestimmt."
Hoffentlich nicht gemeint ist der unvergessene historische Schulterschluß, der in den berühmten "25 Punkten der NSDAP" ("Die Gartenstadt", Nr. 10, Dezember 1934, Herausgeber: Baugenossenschaft Nürnberg-Gartenstadt, Finkenbrunn 1. S. 6.) nachzulesen ist:
"Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden."
Und wer erinnert sich nicht an die folgenreiche Aufforderung überzeugter Katholiken vom 13.03.1932:
"Katholiken! Wählt den gläubigen Katholiken Adolf Hitler!"
Was natürlich nicht im Zusammenhang steht mit einer Rede von 1922 (Friedrich Heer: "Der Glaube des Adolf Hitler. Anatomie einer politischen Religiosität", Bechtle Verlag München und Esslingen 1968)
"Ich sage: Mein christliches Gefühl weist mich hin auf meinen Herrn und Heiland als Kämpfer. Er weist mich hin auf den Mann, der einst einsam... diese Juden erkannte und zum Kampf gegen sie aufrief, und der wahrhaftig Gott, nicht der Größte war als Dulder, sondern der Größte als Streiter! In grenzenloser Liebe lese ich als Christ und Mensch die Stelle durch, die verkündet, wie der Herr sich endlich aufraffte und zur Peitsche griff, um die Wucherer... hinauszutreiben aus dem Tempel... Vor zweitausend Jahren wurde auch ein Mann denunziert von der gleichen Rasse... er hetzte gegen den >Gott< der Juden, denn dieser Gott ist nur das Gold."
Ich bin gespannt, welche segensreichen Erkenntnisse aus dieser weisen und heilssprechenden Richtung noch auf uns zukommen.

RAM für Hobby-Militärs

Gamer und deren Verbindungen zum Militär sind ja nicht erst seit gestern Gegenstand verschiedenster Debatten. Warum als nicht aus dieser Affinität Kapital schlagen? Der Dresscode auf Veranstaltungen für Gamer ist ja schon erfolgreich angepasst worden. Jetzt ist die Hardware dran:
OCZ SOE DDR Ram
Als "Special Ops Edition" bringt die Firma OCZ Technology eine explizit an Gamer gerichtete Reihe Speichermodule in den Handel:
"Serious gamers put heavy bandwidth requirements on their memory, and put a premium on both superior performance and dependability. The new OCZ Special Ops Edition (SOE) memory modules and dual channel kits feature the ultimate balance of speed, reliability, and high capacity, making them an ideal solution for gamers. This new line of OCZ memory features a distinctive camouflage motif heatspreader and a price tag that has an edge over competitors."
Ob die NRA schon mit EA usw. in Verhandlungen steht wegen Eventsponsoring?

(Danke maybeWTF!)

Nationale Sicherheit

George W Bush - NSA - ATTIm Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es zur Zeit einige Aufregung, weil Onkel George der NSA den Auftrag gegeben hat, mal eben so ziemlich jedes Telefonat in Amerika zu überwachen. Das kam neulich raus und seit dem ist AT&T ziemlich in der Klemme. Onkel George steht auch nicht so toll da, aber dem ist jetzt eine tolle Idee gekommen, wie er den Streß für sich und die Seinen abwenden kann.

Die Interessen der "Nationalen Sicherheit" (dafür hatte ein Teil Deutschlands ab 1989 ein eigenes Ministerium) überwiegen in den USA alles. Das hat zuletzt auch Khaled el-Masri zu spüren bekommen. Dem wurde in den USA nämlich höchstrichterlich bescheinigt, dass ihm Unrecht getan wurde, dass er aber für eine Wiedergutmachung vor Gericht ziehen müsste. Das wurde aber von dem entsprechenden Gericht abgelehnt. Begründung: Die "Nationale Sicherheit" der USA wäre in Gefahr, wenn diese Belange vor Gericht erörtert würden. Die Klage wurde abgewiesen.

Ähnlich clever aggiert die US-Regierung auch im Fall der umfassenden Bespitzelung ihrer eigenen Leute. Die Anwälte der US-Regierung haben zu verstehen gegeben, dass der oberste Gerichtshof der USA schon mehrfach festgestellt hätte, dass die Gerichte nicht dazu in der Lage wären über Belange zu urteilen, die die "Nationale Sicherheit" der USA beträfen:
"Indeed, the Supreme Court has repeatedly recognized that courts are ill-equipped as an institution to judge harm to national security."
Stattdessen wäre einzig und allein der sogenannte "Executive Branch" der USA dazu in der Lage, diese Frage zu beurteilen:
"In cases such as this one, where the national security of the United States is implicated, it is well established that the executive branch is best positioned to judge the potential effects of disclosure of sensitive information on the nation's security."
Der "Executive Branch" ist in den USA die Regierung. Im Klartext bedeutet das: Die Regierung trifft die Entscheidung darüber, ob ihr eigenes Handeln rechtens ist oder nicht.

Ich weiß ja nicht wie andere das sehen, aber nach "Demokratie" klingt das für mich nicht.

(Quelle: Reuters)

Mittwoch, 24. Mai 2006

Sachen gibts... (13)

Bitte was genau haben sich der Designer und die Macher des Werbespots beim Basteln ihrer Produkte gedacht?
Das Ding gibts zwar noch nicht zu kaufen, aber bald, zum Beispiel hier oder hier.

Bahnfahren

BahnBahnfahren ist nicht nur teuer, sondern auch zunehmend ein Glücksspiel. Seit im Zuge der Kosteneinsparung der Service immer mehr zurückgefahren wird, ist der Kunde - der ja angeblich König ist - zunehmend mit mal mehr, mal weniger unwilligen Buchungsautomaten konfrontiert. Deren Funktionsfähigkeit reicht von "völlig problemlos und zufriedenstellend" bis hin zu "Totalversagen bei Abbuchung des Betrages". Die Klagen sind entsprechend vielschichtig. Attribute wie "unübersichtlich", "vollkommen unverständlich", "lahmarschig", "im Keller bei Kerzenlicht gebaut" oder auch "und wo sind jetzt meine Tickets?" werden immer wieder gern vorgetragen, wenn es um die ach-so-tollen Automaten der Bahn geht.

Ich kenne eine ganze Reihe dieser Fehlfunktionen aus eigener Erfahrung. Es gibt scheinbar kaum etwas, was bei diesen Teilen wirklich so funktioniert, wie es am grünen Tisch vorgesehen wurde. Ungeschlagen das Erlebnis mit dem völlig entnervten Schaltervorsteher, der mir zeigen wollte, dass ich bloß zu dämlich sei den Automaten zu benutzen - nur um mir hinterher eine Taxifahrt zum Zielbahnhof zu bezahlen, weil über seinen Kampf gegen die Maschine der Zug bereits abgefahren war.

TicketautomatenZunächst wurde die Einnahmequelle "Schwarzfahrt" aufgebohrt und ausgebaut. Gleichzeitig wurden die Ticketpreise am Schalter erhöht und das Personal dort reduziert, damit die Leute die teuren Automaten benutzen. "Am Automaten geht es schneller und ist billiger" - klar, bei nur einem Schalter und 200 wartenden Kunden ist diese Aussage bestimmt grundsätzlich richtig - Modulo Technik. Wer daran scheitert (willkommen im Club) wird schließlich nicht selten ohne Ticket in der irrigen Annahme in den Zug hasten, dort beim Schaffner ein Ticket kaufen zu können.

Die Bahn hat das Problem erkannt und will Abhilfe schaffen. Statt wie bisher Ticketbuchung und Kassieren an einem Automaten durchzuführen, wird das Drama jetzt auf zwei Automaten verteilt: Einer für den Spaß bei der Buchung der Tickets und ein weiterer für das Vergnügen beim Kassieren. Ein Sprecher der Bahn war gezwungen zu sagen:
"Der eigentliche Buchungsdialog an den neuen Automaten ist schneller. Unter dem Strich wird trotz zweier Schritte an zwei getrennten Automaten Zeit gespart"
Ich sehe es schon bildlich vor mir: "Die Buchung ist leider gescheitert, bitte ordern sie neue Tickets." Gilt das Sprengen von Ticketautomaten eigentlich als "Gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr"?

Das Buchen von Tickets soll für den Kunden stressfrei sein, nicht für die Bahn. Der Kunde soll zufrieden sein mit Produkt und Leistung, nicht der Verkäufer. Wer Kunden den Erwerb des Produktes erschwert, darf sich über mangelnde Akzeptanz am Markt nicht wundern. Der Ticketverkauf ist Kundendienst und das ist, wie das Wort schon sagt, Dienst am und für den Kunden. Nach den vielen erfolglosen Jahren des Herumexperimentierens mit verschiedensten technischen Varianten der Verkaufsverhinderung sollte die Bahn eigentlich erkannt haben, dass die Automaten zwar im Nahverkehr vielleicht eine gute Idee™ sind. Wenn es um den Fernverkehr geht, ist jedoch jeder Automat mit Menüsteuerung hoffnungslos überfordert, weil eben jede Bahnreise individuell ist und eben nicht nach "Schema F" aus dem Automaten abgerufen werden kann.

SchalterhalleMeine Erfahrung: Es ist zwar um ein paar (wenige) Euro teurer, sich am Schalter bedienen zu lassen. Dafür kann sich dann aber jemand Anderes mit der Technik herumärgern, während ich einfach nur sage, wann ich wohin will und kürzer und entspannter auf das garantiert korrekt ausgestellte Ticket warte und dabei die Aussicht auf die entnervt am Automaten herumrandlierenden Technikfanatiker der Bahn genieße.

Angenehme Reise!

Dienstag, 23. Mai 2006

Deutschlands Nationalgarde

Nicht nur der Herr Schäuble, auch der Herr Schönbohm hat angedeutet, dass eine Art Nationalgarde für Deutschland "in der Mache" sein könnte. Zwar war das bisher alles sehr theoretisch und irgendwie Gedankenspielerei, aber am Dienstag stellte die FDP im Bundestag eine kleine Anfrage an die Bundesregierung, die mich hellhörig machte. In der hib-Meldung steht:
"Laut FDP-Fraktion hat Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) laut einer Nachrichtenagentur angekündigt, schon in diesem Jahr die Zahl der Wehrdienststellen um 4.000 zu erhöhen, um dem Vorwurf der mangelnden Wehrgerechtigkeit entgegenzutreten. Nach dem Regierungsentwurf des Bundeshaushaltes 2007 soll die Zahl der Wehrpflichtigen allerdings reduziert werden."
Ich habe mich schon häufiger gefragt, wo denn wohl eine solche Nationalgarde personell herkommen soll. Vom Himmel fällt sowas schließlich nicht. Die Materialfrage ist ja schon geklärt: Die Bundeswehr wird eh gerade modernisiert, da bleibt genug Zeugs über, dass man besser im eigenen Land verwendet, als es dahin zu exportieren, wo es eventuell gegen Verbündete, oder - noch schlimmer - wo es gegen die eigenen Leute verwendet werden könnte. Diese 4.000 Mann (plus vielleicht ein paar Leuten aus den Polizeien der Länder und er Bundespolizei und dem, was sonst noch abgebaut werden soll) wären ein ziemlich guter Grundstock.

Denn: Die Bundesregierung hält 2.000 Mann im Einsatz und weitere 5.000 Mann in Reserve für "ausreichend" um ein bundesweites Ereignis wie die Fußball WM 2006 mit was weiß ich wievielen Tausend internationalen Besuchern "abzusichern". Angenommen, es gäbe 4.000 Mann Nationalgarde, dann müsste man gar keine Soldaten der Bundeswehr abkommandieren, sondern könnte einfach "ein paar" in Reserve halten "für den Fall das".

Agesehen davon glaube ich nicht, dass die 4.000 jetzt eingeplannten Leute reines "Fußvolk" sein werden. Im Gegenteil. Das werden eher der Führungsstab und die Offiziere sein, die da jetzt ausgebildet werden. Das "Fußvolk" kann man "nach Bedarf" antrainieren, aber die Führungsriege, die muss schon auf lange Sicht ausgebildet sein. Was liegt also näher als diese Führungsriege bei der Bundeswehr auszubilden, wenn die Nationalgarde Aufgaben der Bundeswehr übernehmen soll?

Fassen wir zusammen: Ausrüstung ist da und zwar in Massen. Die Bundesregierung hat ein paar infrastrukturell gut ausgestattete Liegenschaften der Bundeswehr "übrig". Und hier sind plötzlich 4.000 Mann in der Planung der Bundeswehr als "Aufstockung" Vorgesehen, die 2007 schon gar nicht mehr bei der Bundeswehr sein sollen. Ich gehe mal nicht davon aus, dass die Bundesregierung mehr als 4.000 Mann "Verluste" einkalkuliert. Ergo müssen diese 4.000 Mann "plus X" irgendwo anders verbucht werden. "Irgendwo anders" muss außerhalb der Bundeswehr sein (siehe Haushaltsplan 2007), aber im Hoheitsbereich des Bundes, denn eine Personalverschiebung vom Bund zu den Ländern ist nicht so trivial, wie es sich anhört. Außerhalb der Bundeswehr paßt schon deshalb prima zu einer etwaigen "Nationalgarde", weil selbst Herr Schönbohm völlig korrekt erkannt hat, dass man die Bundeswehr nicht mit Aufgaben der inneren Sicherheit beauftragen darf:
"In dem Moment, wo wir eine Diskussion beginnen über die Verzahnung von Bundespolizei und Bundeswehr, haben wir schon verloren."
Wenn man sich jetzt noch überlegt, dass diese "Nationalgarde" als - sinngemäß - dritte Option in den Alternativen zur Wehrpflicht aufgeführt wird, dann ist auch der Zusammenhang mit der Wehrgerechtigkeit völlig klar: Die Wehrpflicht wird einfach erweitert. Der "Verpflichtete in Spe" kann heute zwischen Bundeswehr und Wehrersatzdienst (Volksmund: "Zivildienst") wählen. Zusätzlich könnte man auch die Option "Nationalgarde" einführen. Damit wäre die Bundeswehr in der Personalgestaltung nicht betroffen und trotzdem könnte die "Wehrgerechtigkeit" gewahrt bleiben bzw. wieder hergestellt werden. Das wiederum würde sich auch gut auf dem Arbeitsmarkt machen, denn man könnte so regelmäßig ein paar tausend junge Leute "von der Straße" holen und damit aus den Statistiken der BA streichen...

Alles was jetzt noch fehlt, ist das Gesetz, dass die Nationalgarde der Bundesrepublik Deutschland einrichtet...

Wer ist Schuld? (2)

Two Female GamersGamer sind für manche Medien und Politiker eine dankbare Zielgruppe, wenn ihnen sonst nichts mehr einfällt. Das haben wir ja schon mehrfach vorgeführt bekommen. Sie beschäftigen sich mit Gewalt, haben Ahnung von Technik, denken sich wunderbare Verschwörungstheorien aus. Nebenbei gibt es da dann noch die Nähe zu Tauschbörsen, Bombenbauern. Pädophilen und so weiter. Und dann die Sache mit dem Zweiten Weltkrieg, den Nazis und so. Was braucht es noch, um mit dem Finger darauf zu zeigen?

Richtig! Einen aktuellen Anlaß, zu dem man sonst gerade nichts zu sagen weiß, aber irgendwas sagen muß. Wie nahe wir dieser Situation sind, zeigt Berlins Innensenator Ehrhart Körting, der der Meinung ist, dass gewalttätige Filme und harte Musik die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft erst erzeugen:
"Die Gesellschaft, die jetzt das Phänomen rechte Gewalt beklagt, muss sich fragen lassen, ob sie nicht gleichzeitig, zum Beispiel über die Medien durch gewalttätige Filmszenen oder auch aggressive Musik, eben jenes Klima schafft, aus dem Gewalt entsteht."
Wollen wir wetten, dass in Kürze die Gamer in den Dunstkreis der "Gefahr von Rechts" gerückt werden, weil man sonst niemanden mehr findet, dem man die Schuld sonst noch zuschieben kann?

(Quelle: FTD)

Türkische Gebietsansprüche und deren Folgen

Bei Karpathos, einer griechischen Insel in der Ägäis zwischen Kreta und Rhodos, führte kam es heute zum Crash einer griechischen F-16 "Fighting Falcon" und einer türkischen RF-4 "Phantom". Die beiden Maschinen kollidierten in der Luft und stürzten ab, eine Rettungsaktion wurde eingeleitet.

Nicht etwa, dass hier ein gemeinsames Manöver abgehalten wurde oder das man den gemeinsamen Einsatz als Nato-Partner trainierte. Weit gefehlt. Es geht um "meins" und "Deins", genauer um territoriale Besitzansprüche. Noch genauer geht es darum, was die Türkei als Hoheitsgebiet Griechenlands anerkennt. Griechenland beansprucht einen nationalen Luftraum von 10 Meilen Breite, die Türkei ist aber nur bereit, den Griechen einen Luftraum von 10 Kilometern Breite zuzugestehen. Seit Jahrzehnten streiten sich die seit der Antike zerstrittenen Nachbarländer Türkei und Griechenland um die Hoheitsrechte in der Ägäis. Ein griechischer Sprecher erklärte, dass täglich griechische Jets losflögen, um türkische Kampfflugzeuge aus dem griechischen Luftraum zu geleiten. Die Türkei kündigte an, mit den Griechen "sprechen zu wollen".

Wie sich zeigt hat heutzutage nicht nur Israel sehr eigene Vorstellungen über die Ausdehnung seines Staatsgebietes und den Verlauf seiner Grenzen, auch die Türkei hat etwas eigene Vorstellungen davon, was zur Türkei gehört und was nicht. Wir erinnern uns an Zypern und Kurdistan. Auch vor diesem Hintergrund sollte man über die Debatten im Inland über die türkische Nationalhymne, dem türkischen Unterricht, das Deutsch-Türkische Problem der Ehrenmorde und das Gehabe um den Beitritt der Türkei zur EU wohl nocheinmal nachdenken.

Vielleicht geht es hier doch um mehr.

(Quelle: AP, Reuters)

Symbolfoto des Tages

Die Tagesschau spendiert heute das Symbolfoto schlechthin. Thema: Computer, Internet und Tauschbörsen. Wer es bis jetzt noch nicht wusste, der weiß spätestens jetzt, wie man sich einen Internetuser in der Praxis vorstellen muss und wie Tauschbörsen so aussehen.
Symbolfoto Tagesschau Tauschboerse
Ob das Foto in der Redaktion der Tagesschau entstand, steht nicht fest.

Granatenstarke Fritten

Bei McCain in Scarborough (Inselkönigreich jenseits des Kanals) werden jede Woche rund 1.400 Tonnen Kartoffeln zu verschiedensten Formen von Fritten und Kroketten und so weiter verarbeitet. Vergangenen Freitag wurde das Werk evakuiert, weil ein Arbeiter die Spitze einer Artilleriegranate zwischen den Kartoffeln fand. Die Polizei rückte an, das Werk wurde evakuiert und das Geschoss geborgen.

Am Samstag wurde dann eine Handgranate zwischen den Kartoffeln gefunden. Das Werk wurde erneut evakuiert und das Bombenräumkommando rückte mal wieder an. Auf einem nahe gelegenen Feld wurde die Granate kontrolliert gesprengt. Die Produktion ging danach ohne Zwischenfälle weiter.

Die Herkunft der explosiven Beigaben war schnell aufgeklärt. Das Werk importiert regelmäßig Kartoffeln aus Belgien und Nordfrankreich. Unter den Kartoffeln sind regelmäßig Andenken aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg - manchmal eben auch solch explosive.

(Quelle: Reuters)

Montag, 22. Mai 2006

Wer ist Schuld?

nachdenklichWie schon bei manch anderer Debatte stellen die führenden Politiker langsam aber sicher fest, dass sich das Problem nicht mehr verschweigen läßt. Es geht diesesmal um des Rechtsradikalismus in Deutschland. Zwar hatte Herr Schönbohm noch sehr nachdrücklich gefordert, dass das Roß und Reiter doch gefälligst nicht genannt werden dürfen, doch hatten andere das irgendwie nicht gehört oder nicht eingesehen oder so. Selbst Kollegen vom Herrn Schönbohm sagen jetzt ganz deutlich, dass im Osten der Republik ein ziemlich ernstes Problem mit den rechten Faschos besteht. Dazu musste allerdings erst jemand medienwirksam ins Krankenhaus.

Die Art der Meinungsbildung in den Neuen Bundesländern fanden dieselben Leute wohl nicht so alarmierend. Sehr unschön, wo man doch gerade dabei war die nicht integrationswilligen Ausländer als Ursache allen Übels aufzubauen. Das Thema "Ehrenmorde" war da ja sehr hilfreich, wenn auch nicht von jedem so verstanden, wie eigentlich gemeint. Noch viel weniger passte da in den Kram, dass mitten in der Debatte ein Politiker in Berlin angegriffen wird. Daraufhin gaben selbst überzeugte Sympathisanten der schönbohmschen Sichtweise zu, dass man hier vielleicht doch ein etwas schwerwiegenderes Problem habe.

Wie geht man mit dem Thema um? Genau! Das Motto lautet: "Wir suchen einen Schuldigen". Darin haben wir Übung und das befreit von Eigenverantwortung. Da ja auch Politiker Opfer sind, können sie ja nicht Schuld sein. Der Bevölkerung - ganz besonders der im Osten - kann man ja nicht die Schuld geben. Die sind ja entweder Parteifreunde oder in Bürgerinitiativen gegen Rechts. Wer bleibt dann noch übrig? Die Wirtschaft? Nein, besser nicht, die paar Arbeitgeber, die sich im Osten für zwei Dutzend Arbeitsplätze subventionieren lassen, sollte man besser nicht vergraulen. Studenten? Wohl kaum. Die sind eher links und anarchistisch. Wem könnte man denn sonst noch die Schuld geben? Wen kann man denn mal verantwortlich machen?

PolizeiDie Polizei! Na klar! Die Polizei ist Schuld! Die greifen nicht hart genug durch! Dumm nur: Polizei ist Ländersache. Der oberste Chef der Polizei ist der Innenminister des jeweiligen Bundeslandes. Wenn also zum Beispiel in Brandenburg die Polizei nichts oder nicht genug gegen Neonazis unternimmt, dann ist der Innenminister Brandenburgs dafür verantwortlich.

Herr Schönbohm ist übrigens gerade in Brandenburg auf diesem Posten. Wenn jetzt die Herren Bosbach und Edathy der Polizei mangelndes Eingreifen vorwerfen, geben sie die Schuld sehr unverhohlen den jeweiligen Politikern und Ministerien. Es ist nämlich nicht so, dass die Polizei sich alleine und unabhängig von allen anderen überlegt, wie sie wann und wo eingreift. Das wird ziemlich klar "von oben" vorgegeben. Vielleicht meinen die Herren aber auch nur, dass die Polizei gar nicht kompetent dafür ist, dieses Problem zu lösen.

Also doch Bundeswehr?

Mitglied?

Frau mit SchleierIm Iran will man sich stärker vom "Westen" abgrenzen. Das Teufelswerk und dämonische Treiben, dass auch und besonders im Sittenverfall erkennbar ist, zeigt sich am prägnantesten in der Kleidung. Da dieser Verfall islamischer Werte nicht hinnehmbar ist, billigte das Parlament im Iran in erster Lesung ein einen Gesetzentwurf, der eine staatliche Kampagne für eine "iranisch-islamische" Kleidung vorsieht. Wer gläubiger Anhänger des Islam im Iran ist, der kleidet sich entsprechend dieser "Vorschläge".

Zwar hatten verschiedene Medien berichtet, dass "religiöse Minderheiten" durch besondere Markierungen gekennzeichnet werden sollten, aber das wies man im Iran scharf zurück. Ein solcher Vorschlag habe dem Parlament nie vorgelegen.

Muss ja auch nicht. Die "neuen" Regelungen sind wahrscheinlich eh so gestaltet, dass "nicht-Moslems" auf 200 Meter gegen das Licht erkennbar sind. Und dass nicht-Moslems von der Kleidernorm ausgenommen sind, wird schon daran deutlich, dass behördliche Zwangsmaßnahmen nicht vorgesehen sind. Aber wer ein guter Moslem ist, der weiß eben, was sich gehört. In sofern eine Art umgekehrter Kennzeichnung: Man markiert einfach die, die "dazu" gehören. Alle anderen müssen dann ja...

Irgendwie kommt mir das sehr bekannt vor.

Sonntag, 21. Mai 2006

Spreche Deutsch?

Schule Kopftuch WoerterbuchVor ein paar Tagen wurde vorgeschlagen, dass die Nationalhymne Deutschlands doch auf Türkisch gesungen werden sollte. Nach einer neuen Idee aus dieser Richtung sollen jetzt deutsche Lehrer in Deutschland die türkische Sprache lernen. Damit sie sich in deutschen Schulklassen mit deutschen Schülern verständigen können. Das hält jedenfalls Derya Ovali, Elternlotsin an der Hedwig-Dohm-Realschule in Berlin Moabit für die Lösung aller Integrationsprobleme.

Nicht etwa, das Mehrsprachigkeit ein negativer Ansatz wäre, oder das generell die türkische Sprache nicht interessant ist. Wir reden hier davon, dass deutsche Lehrer in Deutschland den Unterricht vor deutschen Kindern in türkischer Sprache abhalten sollen. Sollen die Lehrer vielleicht auch noch Russisch lernen? Oder wie wäre es mit Chinesisch, Griechisch, Indisch und Spanisch? Ist Deutsch demnächst die einzige Sprache, die an deutschen Schulen nicht mehr gelehrt wird?

Das Problem sitzt viel tiefer und hat eine lange Tradition. Es geht um unsere Geschichte und unser Selbstverständnis. Es geht um Deutschland und alles, was Deutschland eben zu Deutschland macht. Genau damit haben wir ein Problem. Und zwar ein Erhebliches.

Wenn Deutschland nicht langsam mal Farbe bekennt und aufhört, die eigene Nationalität ausschließlich an der Zeit von 33-45 zu definieren, dann werden wir mit einer Integration nie zurande kommen. Nicht etwa, weil wir nicht wollen, sondern weil wir nicht können. Wir haben zwar etwas, was wir integrieren wollen (nämlich die Zuwanderer), aber uns fehlt es an dem Verständnis dessen, worin wir integrieren sollen, nämlich an der "Nation in den Köpfen". Uns fehlt die bewusste nationale Identität.

Unser Empfinden der "nationalen Identität" ist so stark beschädigt, dass wir inzwischen nur noch zwei Formen kennen: Entweder man ist man ein "rechtsextremer Faschist" oder man ist ein "linksautonomer Multi-Kulti-Schluffi", je nach dem, wer denn gerade urteilt. Dieser Mangel an Selbstbewusstsein und Differenzierung ist es, der es uns nicht nur nahezu unmöglich macht, mit unserer eigenen Geschichte umzugehen. Deutschland ist in den Köpfen der eigenen Bevölkerung reduziert auf den Begriff "Nationalsozialismus" - und die Distanzierung davon: "Entschuldigung, ich bin Deutscher, aber mit Nazis hab ich nichts zu tun." Als hätte die Zeitrechnung erst 1933 begonnen und die Zeit davor und danach nie existiert.

Diese Kurzsicht und diese zwanghafte Konzentration des Verständnisses der eigenen Herkunft und Historie verhindert letztenendes auch, dass Ost und West innerlich zusammenwachsen. Warum wohl ist es noch immer "die Zone", die "Ex-DDR", warum redet man noch immer vom "Wessi" und "rüber machen"? Bestimmt nicht, weil wir so hochgradig integrativ sind. Komischerweise ist aber kaum jemand zu finden - von den wirklichen "rechten Faschos" mal abgesehen - der sich aus Überzeugung gegen Einwanderer wehrt und die Grenzen dicht machen will. Im Gegenteil, die ganz große Mehrheit ist sich über die Vorteile und den Zugewinn durch Zuwanderer aus anderen Ländern und Kulturen völlig im Klaren. Es fehlt bestimmt nicht am Willen, im Gegenteil.

Wir sind EIN VolkWir wissen instinktiv, dass wir integrieren sollen, dass wir sogar integrieren müssen. Wir sind nur völlig hilflos und überfordert mit der Fragestellung, worin wir denn integrieren sollen. "Sollen wir anderen etwa die Identifikation mit der Zeit 33-45 antun?" So richtig es ist, gerade aus diesem Teil der Vergangenheit Lehren zu ziehen, so falsch ist es, die Vergangenheit auf diese Phase zu reduzieren. "Du bist Deutschland" war deshalb als Kampagne zwar ein Fehler und Fehlschlag, aber die Idee war vollkommen richtig: Eine Nation definiert sich nicht nur "auf dem Papier" oder "am grünen Tisch". Eine Nation definiert sich auch an einer gemeinsamen Idee, Vorstellung und Zielsetzung. "Eine Nation ist eine bewusste und gewollte politische Gemeinschaft, die in von einer Mehrheit eines Volkes mit gleicher Sprache getragen wird" lautet eine aktuelle Definition. Egal wo man nachliest: Die gemeinsame Sprache ist neben der übergeordneten ideologischen und kulturellen Gemeinsamkeit einer der Kernbestandteile der Nation.

Und jetzt sollen wir in der Ausbildung unseres Nachwuchses auf unsere Sprache verzichten? Im Ernst? Also doch wieder singen und klatschen?

Tuerken in BerlinWar es nicht so, dass die Einwanderer UNSERE Nationalität angenommen haben? War es nicht so, dass hier Deutschland ist, und nicht Pakistan oder Chile oder Togo? Waren diese Menschen nicht freiwillig zu UNS gekommen und wollten Deutsche sein? Oder ging es den Leuten am Ende doch nur darum, den Rahm abzuschöpfen und nur so "zu tun als ob", weil es so viele Vorteile hat, zumindest auf dem Papier ein Deutscher zu sein? Haben die Neonazis am Ende etwa Recht? Wenn nicht, warum dann die strikte Trennung zwischen der Partizipation am sozialen System und der nationalen Identifikation unter dem Deckmantel der vorgeblichen kulturellen Identität?

Begehen wir nicht gerade den Fehler, unsere eigene Nation im Schlussverkauf zu verhökern, nur damit uns keiner mehr an die Verbrechen der Zeit von 33-45 erinnert und spielen genau damit den Neonazis in die Hände?

Immanuel KantEs ist aber gerade die Vergangenheit, die Deutschland zu dem gemacht hat, was Deutschland ist. Ja, es gab eine Menge herausragender Fehler. Hitler und die Konzentrationslager waren einer davon. Aber müssen wir uns für Goethe, Schiller, Brecht, Bach, Planck, Leibnitz, Daimler, Kepler, Siemens, Scholl, Koch, Luther, Diesel, Kleist, Kant, Schoppenhauer, Brahms, Luhmann, Habermas, Augstein, Gutenberg, Einstein und so weiter schämen? Wir sind eine der führenden Nationen der Welt. Das wären wir bestimmt nicht, wenn wir nicht trotz - oder gerade WEGEN - unserer Fehler im Laufe der Geschichte eine Menge geleistet und gelernt hätten. Auch solche Persönlichkeiten wie Bismarck, Hindenburg, Clausewitz, Steuben und andere mehr, denen man bestimmt nicht nur Gutes anrechnen kann, haben ihren Teil zu dem beigetragen, auf dem wir uns heute ausruhen: Rentensysteme, europäische Bündnisse, Normen der internationalen Staatengemeinschaft.

Nur stolz auf uns und auf Deutschland zu sein, das haben wir nicht gelernt. Vor diesem Hintergrund ist es klar, warum wir beim Grand Prix von allen anderen Nationen abgewatscht wurden: Ein drittklassiger Popsong mit Country- und Komikereinlage ist einfach nicht Deutschland. Genau so wenig wie Deutschland in erster Linie aus glatzköpfigen Schlägerbanden besteht, sind alle Deutschen Türken. Oder Israelis. Oder Amerikaner.

Hier ist nun mal Deutschland. Das bedeutet, dass hier die deutsche Nation ihren eigenen souveränen Staat hat. Wer damit nicht klarkommt, der muss nicht hier bleiben. Niemand wird dazu gezwungen Deutscher zu sein. Im Gegenteil, wir erleichtern es den interessierten Auswanderern sogar, die deutsche Staatsbürgerschaft wieder loszuwerden. Wer allerdings hier hin will, der darf grundsätzlich gerne herkommen, aber hier ist eben Deutschland und eben nicht das Land, dessen Nationalität der Einwanderer gerade zugunsten der deutschen Nationalität aufgegeben hat. Dieses Selbstverständnis scheuen wir uns zu vermitteln und so gesehen laufen wir vor unserer Geschichte weg, während die zu uns kommenden Einwanderer vor ihrem eigenen Staat und den Problemen dort weglaufen.

Vielleicht sollten wir uns langsam mal wieder darauf besinnen, wer wir eigentlich sind und was uns dazu macht. Dann haben wir vielleicht auch eine Chance zu einer funktionierenden und erfolgreichen Integration derer, die zu uns kommen und mit uns zusammen diese Nation weiter nach vorne bringen wollen. Erst wenn uns das gelungen ist, können wir überhaupt über eine europäische oder gar weltumfassende, globale "Nation" nachdenken, vorher nicht.

Oder sind die anderen Nationen frei von dunklen Flecken in ihrer Geschichte?

Samstag, 20. Mai 2006

Der BND und die Presse

Der BND ist mal wieder in den Schlagzeilen. Der Auslandsgeheimdienst hat irgendwie mit Reportern zusammengearbeitet und so Informationen bekommen. Dabei ist besonders die Anschuldigung brisant, dass der BND Reportern den Auftrag gegeben hätte, sich gegenseitig zu bespitzeln und auszuhorchen. Es sollen Reporter aber auch dazu benutzt worden sein Politiker zu beobachten und auszuhorchen. Das ganze Thema ist sehr konfus und unschön, denn im Inland hat der Auslandsgeheimdienst eigentlich nichts zu suchen.

Es wurden bereits einige Maßnahmen ergriffen und es wird wohl noch einen Untersuchungsausschuß geben. Personelle Konsequenzen soll das Ganze wohl auch haben. Und das ist auch richtig so. Ein Geheimdienst darf nicht unkontrolliert bleiben. Was dabei allerdings besonders nachdenklich macht, ist nicht nur die offensichtliche Gedankenlosigkeit, mit der allem Anschein nach der verfassungsmäßige Boden von Recht und Gesetz verlassen wurde, sondern auch der Umgang der Medien mit dem Thema. Immerhin zeigt dieser Vorfall, dass es in den eigenen Reihen der hochgeschätzten Kollegen der "etablierten Presse" wohl nicht ganz so toll und astrein zugeht, wie dort gerne behauptet wird. Da ist offen von Neid, Rache, Mißgunst und Habgier, aber auch von Dummheit und Naivität die Rede. Wohl bemerkt: Von Kollegen über Kollegen. Nicht gerade Lobeshymnen für diesen Berufsstand und dessen Angehörige.

Richtig nachdenklich macht mich aber die Androhung des Journalisten Wilhelm Dietl, der mit "weiteren Enthüllungen" droht. Er droht diese aber nicht etwa an, weil seine Recherche noch nicht abgeschlossen wäre oder so. Weit gefehlt. Er droht damit für den Fall, dass der Präsident des BND, das ist zur Zeit der Herr Ernst Uhrlau, die Zusammenarbeit des Journalisten mit dem Geheimdienst nicht schriftlich erläutern würde.

Die Vermutung liegt nahe, dass Herr Dietl in erster Linie auf einen Persilschein anspielt, der ihn wohl von jeglicher Schuld reinwaschen soll. Von einer "Ehrenerklärung" ist die Rede - Erinnert nur mich das spontan an Uwe Barschel?

Für den Fall, dass die gewünschte Erklärung von Herrn Uhrlau ausbleibe, droht Dietl an weitere Details offenzulegen. Das ist für mich Erpressung. Da gibt es nichts schönzureden und auch keinen Spielraum für Interpretation. Herr Dietl will nicht der Sache, der Aufklärung der Vorgänge, den Interessen der Demokratie, des Staates oder anderer höherer Ziele und Ideale wegen Informationen veröffentlichen, sondern einzig und alleine wegen seiner privaten Interessen. Und wenn man seinem Wunsch nach Bauchpinselei nicht nachkommt, dann macht er Stress. "Drohung mit einem empfindlichen Übel" heißt das im StGB.

Nun glaube ich nicht, dass gegen den Herrn eine Strafanzeige erstattet wird. Das wäre dann vielleicht doch etwas zu viel des Guten, aber eine Frage drängt sich mir auf:

Um wieviel Geld geht es für Herrn Dietl?

Wiederbelebung

Eine Menge Menschen machen sich Gedanken um das, was ihnen die Zukunft bringen mag. Manche machen sich dabei besonders Gedanken darum, was denn passieren soll, wenn sie zum Beispiel einen schweren Unfall hatten. Besondere Bedeutung hat für viele die sogenannte "Automatenmedizin". Es ist für viele ein Albtraumszenario nur von Maschinen am Leben erhalten zu werden.

Mary W., aus Decorah (Iowa, USA) teilt diese Angst. Sie ließ sich deshalb mitten auf die Brust tätovieren:
Nicht Wiederbeleben!
Sie akzeptiert, dass sie von einigen Menschen für verrückt gehalten wird, aber das findet sie ok. Ihrer Ansicht nach sind manchmal eben die verrücktesten Ideen die besten. Sie ist nicht die einzige.

Die Frage ist aber: Bringt das was? Würde diese Willensbekundung "im Fall der Fälle" wirklich juristisch verbindlich sein? Das ist nicht unumstritten. Zumindest in Iowa regelt das Gesetz, wann Ärzte und Pflegepersonal lebenserhaltende Maßnahmen beenden dürfen und auch in Deutschland ist das nicht viel anders. Eine Tätovierung ist eher nicht ausreichend, wenn auch zugegebenermaßen sehr originell. Ein Patiententestament bzw. eine Patientenverfügung wäre eher der richtige Weg seinen Willen auszudrücken und aktenkundig zu machen. Im Zweifelsfalle sollten Interessenten mit einem Anwalt beraten, wie sie ihren Willen rechtsverbindlich formulieren.

(Quelle: AP)

Freitag, 19. Mai 2006

No Go Areas (2)

Die Debatte um Herrn Heye und seine Äußerung geht weiter. Interessant ist der Verlauf der Diskussion und ich bin gespannt darauf, was die Resultate sein werden. Der aktuelle Verlauf lässt jedenfalls aufhorchen:
"Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble kritisierte, die Warnungen von Heye seien "verkürzt". Für die von Heye geäußerte Sorge gebe es zwar mancherlei Anlass, seine Äußerungen würden dem Thema aber nicht gerecht, sagte Schäuble auf einer internationalen Veranstaltung zur Fußball-Weltmeisterschaft in Berlin." (Tagesschau)
Irgendwie nach "Redeverbot" klingt, was an anderer Stelle geschrieben wird:
"Es sei abwegig, wenn Heye von lebensgefährlichen Orten für Ausländer im Land spricht, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Und sein Innenminister Jörg Schönbohm vom Koalitionspartner CDU wies dies als "unglaubliche Entgleisung" zurück. Seitdem verweigern beide jede Stellungnahme dazu." (N24)
Die Taz befragt den Vizepräsidenten des Bundestages, Herrn Wolfgang Thierse, zu dem Thema:
"taz: Herr Thierse, Uwe-Karsten Heye hat Ausländern geraten, bestimmte Regionen in Brandenburg zu meiden. Hat er Recht?

Wolfgang Thierse: Allgemeinurteile sind nicht sinnvoll. So richtig es ist, darauf hinzuweisen, dass es in Ostdeutschland, auch in Brandenburg, deutlich mehr rechtsextremistische Leute und Gewalttaten gibt, so wenig sinnvoll ist es, No-go-Areas zu benennen."
Dazu fällt mir spontan nur eins ein: "Darwinismus", um nicht zu sagen "Sozialdarwinismus".

Herr Thierse möchte nicht, dass bestimmte Gegenden als "besonders gefährlich" benannt werden. Selbst die Kriminalämter warnen jedoch ausdrücklich vor bestimmten Gegenden. Was will er dann? Sollen die Betroffenen auf gut Glück selbst herausfinden, wo sie sicher sind und wo nicht? Es ist zwar löblich, wenn sich Herr Thierse für die Bemühungen der sich gegen die rechten Gewalttäter zur Wehr setzenden Initiativen aus der Bevölkerung einsetzt. Aber wie wäre es denn mal mit einer konzertierten staatlichen Maßnahme? Wie wäre es zur Abwechselung mal mit faktischer staatlicher Hilfe statt schöner Worte? Oder sind die Mittelkürzungen für genau jene Initiativen inzwischen vom Tisch und es wird jetzt über eine Aufstockung der Budgets geredet?
Wolfgang Thierse: "Ich widerspreche Heye auch an der Stelle, wo er sagt, das Problem werde bagatellisiert."
Da stelle ich mir die Frage, ob der Mann mal gelesen oder gehört hat, was der Herr Schönbohm so alles sagt über das Thema Ausländer und Rechtsradikale.

Unabhängig davon berichtet dpa, dass die Rechtsanwälte Peter und Heike Supranowitz am Donnerstag Herrn Heye beim Generalbundesanwalt (Kay Nehm, wir erinnern uns) wegen Volksverhetzung angezeigt haben. Laut Bild steht in ihrem Schreiben:
"Die Äußerungen von Herrn Heye sind geeignet, Teile der Bevölkerung im Land Brandenburg zu verleumden. Als Brandenburger fühlen wir uns von Herrn Heye in unserer Menschenwürde angegriffen, da er davon auszugehen scheint, dass wir in unserem Bundesland das Grundgesetz nicht respektieren und außerhalb der Rechtsstaatlichkeit stehen."
Weiter heißt es in diesem Schreiben, dass Straftaten gegen ausländische Bürger oder farbige Deutsche nicht nicht dazu führen könnten, dass ein ehemaliger Regierungssprecher in der Öffentlichkeit Pauschalurteile fällt, die strafrechtlichen Charakter haben.

Kay Nehm sagte im Deutschlandradio Kultur zu dem Thema, dass gerade in den neuen Bundesländern wären
"Situationen entstanden, dass besonders brutale Übergriffe möglicherweise dazu führen, dass bestimmte Bevölkerungsteile in diesen Gegenden nicht mehr zu leben wagen".
Der Chef der Bundestagsfraktion der Grünen, Fritz Kuhn sagte:
"Es hilft mehr, es zu skandalisieren, als immer das Händchen darüber zu halten."
Wird der jetzt auch angezeigt?

Der Direktor des Kriminologischen Instituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, sagte gegenüber der Chemnitzer "Freien Presse", dass die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zeigten, dass in Ostdeutschland die Gefahr für Ausländer, angegriffen oder geschlagen zu werden höher sei als in den alten Ländern. Insofern habe Heye nur auf etwas aufmerksam gemacht, "was jeder weiß".

Derweil nannte Peter Struck, Fraktionschef der SPD, die Äußerungen kurz vor dem Beginn der Fußball WM 2006 "überhaupt nicht hilfreich".

Fassen wir also zusammen. Herr Heye sagt etwas, was jeder weiß und wird dafür wegen Volksverhetzung angezeigt. Die Politiker übertreffen sich währenddessen gegenseitig darin ihrem Gegenüber, Herrn Heye oder sich selbst zu widersprechen - manchmal auch alles gleichzeitig oder in wechselnder Reihenfolge. Es wird munter und fröhlich vor sich hin debattiert, spekuliert, unterstellt und behauptet, nur so richtig was tun will irgendwie keiner.

Ich bin jetzt ja mal gespannt, welche Kunstgriffe ausgepackt werden, um der Bevölkerung zu beweisen, dass man das Problem der rechten Gewalt im Osten ja eigentlich vollkommen unter Kontrolle hat und das wir uns das alles bloß einbilden. Ich wäre schon fast bereit Geld darauf zu setzen, dass wir in den nächsten Kriminalstatistiken kaum noch rechte Gewalttaten im Osten finden werden. Thüringen machts vor. Und ich kann mir gut vorstellen, dass eine Art Redeverbot kommen wird und keiner mehr was zum Thema sagt: Worüber nicht gesprochen wird, darüber wird auch nichts geschrieben und was nicht geschrieben steht, ist keine Wahrheit. Nur ob wirklich was passieren wird, das wird wohl keiner so richtig sagen können - wahrscheinlich aber nichts. Abgesehen von ein paar Mittelkürzungen hier und da, ein paar Versetzungen, ein paar Schlägereien und anderen Streichen pubertierender Jugendlicher.

Bis der nächste im Krankenhaus landet.