Sonntag, 19. Februar 2006

Das Luftkissenfahrzeug ist voller Aale.

So lautet ein berühmter Satz aus Monty Pythons Flying Circus. Dieser Sketch stellt die gerade heute nicht ganz uninteressante Frage, was wohl passiert, wenn jemand statt die Infrastruktur zu sabotieren, die Wörterbücher so verändert, dass sie keinen Sinn mehr ergeben.

Wir erfahren immer wieder, wie wichtig die Sprache für die Gesellschaft ist. Sprachbarrieren sind das entscheidende Hindernis im Umgang zwischen den Kulturen, denn über die Sprache wird Kommunikation realisiert und über die Kommunikation kommt es letztenendes zum Verständnis und damit zur Erkenntnis. Oder kurz: Ohne gemeinsame Sprache kein Verständnis.

Geschäftswelt und Politik lösen dieses Problem in der Regel mit Geld durch professionelle und ziemlich gut bezahlte Dolmetscher. Privatleute begnügen sich auf ihren Urlaubsreisen mit einfacheren Hilfsmitteln. Besonders die auch in anderen Alltagssituationen gerne benutzte Kommunikation mit Händen und Füßen unter Zuhilfenahme eben genau jener Wörterbücher (siehe oben) hat schon so manchen Händler im Basar reich gemacht manches Urlaubsproblem heraufbeschworen gelöst. Die Erfolge dieser Bemühungen verstauben weltweit in den Asservatenkammern und Kellern der zufällig überlebenden erfolgreichen Geschäftsleute.

Dieses Problem betrifft in nicht ganz so trivialer Art und Weise besonders die Eroberungstruppen Besatzer Expeditionsteams der Armeen Weltpolizei im Kampfeinsatz nicht ganz befriedeten Ausland. Beispiele wie Ex-Jugoslawien, Afghanistan und Irak dürften ausreichen, um das Problem zu umreißen. Gerade die nicht wirklich auf das Erlernen fremder Sprachen und Gepflogenheiten erpichten Amerikaner haben auf die schmerzhafte Tour lernen dürfen, dass nicht jeder auf der Welt Englisch als die Lingua Franca anerkennt.

Es gibt Unternehmen, die machen sich das zunutze und verdienen damit Geld. Nicht nur Blackwater Industries und ähnliche Unternehmen, die im Kielwasser der Eroberer Befreier gegen viel Bares aus reiner Menschenfreundschaft versuchen, den lukrativen Markt des Personenschutzes abzugrasen. Es gibt auch solche Firmen, die sich aus der sicheren Ferne direkt mit den Problemen der Streitkräfte vor Ort befassen und sich auf die Fahnen geschrieben haben, das Verständigungsproblem als solches zu lösen.

Eine dieser Firmen ist Tactical Language, die ein Computerspiel erstellt haben, das es jedem Sprachfremden in knapp 80 Stunden ermöglichen soll, zumindest grundlegende Fähigkeiten im Alltagsgebrauch anderer Sprachen zu entwickeln. Nach Angaben der Firma ist es dabei völlig egal, ob der Lernende ein Talent für fremde Sprachen hat oder nicht.

Unter dem Namen "Tactical Iraqi" (in etwa zu übersetzen als "Taktisches Irakisch") wird dem Schüler Arabisch vermittelt. Mit den Worten der Firma: "Tactical Iraqi ist ideal für militärisches und ziviles Personal, das sich in kurzer Zeit auf Missionen vorbereiten muss, die Interaktion mit Irakern beinhalten, aber selber weder arabisch sprechen, noch Linguisten sind, noch die Zeit dazu haben, umfassende Sprachkurse zu belegen." Das Spiel benutzt dabei Techniken, wie sie aus Adventures bekannt sind und peppt diese mit Spracherkennung, situationsbezogenen 3D Animationen, und einer intelligent Reagierenden Software auf.

Die Software wurde zusammen mit der Universität Südkalifornien (USCLA) entwickelt und ist das zweite Produkt aus der Reihe der "Taktischen Sprachkurse". Das erste Produkt, "Taktisches Levantinisch" ist in der Erprobung an der Militärakademie West Point. "Taktisches Irakisch" wird zurzeit in Camp Pendleton bei der Marine Corps Expeditionary Warfare Schule und anderen militärischen Einrichtungen der USA im Irak verwendet. Weitere Sprachkurse werden sollen bald folgen.

Die Software ist konzipiert für Windows XP, 1GB Ram, P4 2GHz CPU, DX9 Grafikkarte und Headset und wird je nach Kundenwunsch entweder auf DVD oder zusammen mit einem kompletten Sprachlabor ausgeliefert. Preise auf Anfrage. Zweitägige Sprachkurse in Marina del Rey, Kalifornien, kosten ab US$ 599 pro Person inkl. Übernachtung und Verpflegung.

Zocken für die Völkerverständigung. Mal ganz was Neues. Aber das ist nicht das Ende der Geschichte. Auf dieser Software aufbauend hat die USCLA eine Software entwickelt, die dazu in der Lage ist, auf die Eingaben des Probanden zu reagieren und die Körpersprache der Charaktere entsprechend anzupassen.

Die Software, die gerade erstmals öffentlich in St. Louis auf der jährlichen Konferenz der AAAS vorgestellt wird, ist ein vom amerikanischen Verteidigungsministerium finanziertes Projekt und soll es den Truppen erleichtern, mit fremden Kulturen, speziell der Bevölkerung im arabischen Irak, "erfolgreich" zu interagieren.

Vermutlich ist irgendjemandem im Pentagon aufgefallen, dass es nicht so cool kommt, wenn die eigenen Cowboys umgemoppt werden, weil sie die übliche großkotzige Tour fahren und jemand die vielleicht nicht ganz so lustig findet.

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